Am 4. Mai sprang die 53-jährige Stephanie Bottrill von einer Autobahnbrücke in der Nähe von Birmingham vor einen heranfahrenden Lastwagen. Sie entschied sich für den Suizid, weil sie nicht wusste, wie sie die sogenannte Bedroom Tax bezahlen sollte. In einem Abschiedsbrief an ihre Kinder schrieb sie: “Gebt nicht Euch die Schuld dafür, dass ich mein Leben beendet habe. Die einzigen Schuldigen sitzen in der Regierung.”
von Christian Bunke
Die Bedroom Tax ist Teil eines 2012 von der konservativen Regierung unter David Cameron (Tories) beschlossenen Gesetzes. Dieses Gesetz trat am 1. April in Kraft. Es vereinheitlicht staatliche Sozialleistungen in einer Zahlung, genannt Single Credit. Für die Single Credits ist eine Höchstgrenze von 350 Pfund pro Woche pro Person festgelegt. Familien bekommen höchstens 500 Pfund pro Woche.
Vanillesoße aus Dosen
Die Bedroom Tax ist eine Strafe für Haushalte, die in Sozialwohnungen leben und angeblich zu viele Zimmer haben. Wenn der Staat befindet, dass zu wenig Menschen in zu großen Sozialwohnungen leben, wird Geld vom Single Credit abgezogen: bei einem Zimmer zu viel 14 Prozent, ab zwei Zimmern 25 Prozent.
Stephanie Bottrill hatte ein Zimmer zu viel in der Wohnung und verlor 20 Pfund pro Woche, 80 Pfund im Monat. Sie hatte eine Autoimmunkrankheit und war berufsunfähig. Ihre Krankheit wurde aber nicht anerkannt, also erhielt sie keine Berufsunfähigkeitsbeihilfe. Sie konnte es sich nicht leisten, ihre Wohnung zu heizen und ernährte sich von Vanillesoße aus Dosen. Zu ihren Nachbarn soll Stephanie Bottrill gesagt haben: “Ich kann es mir nicht mehr leisten zu leben.”
Widerstand gegen Zwangsräumungen
Die Socialist Party, unsere Schwesteror-ganisation in England und Wales, kämpft energisch gegen die Bedroom Tax. In ganz Großbritannien stehen Menschen dagegen auf. Zehntausende beteiligen sich an lokalen und regionalen Demonstrationen. In Schottland wurde bereits eine schottlandweite Föderation gegen die Bedroom Tax gegründet.
Dabei wird unter anderem der Kampf gegen Zwangsräumungen im Mittelpunkt stehen. Denn Menschen, die sich die Steuer nicht leisten können, werden von Stadtverwaltungen auf die Straße gesetzt. Die Socialist Party ruft dazu auf, sich in Komitees gegen Zwangsräumungen zusammenzuschließen, damit sich kein Mensch mehr so allein fühlen muss wie Stephanie Bottrill. Notfalls sollen Räumungen durch Blockaden verhindert werden.
Außerdem fordert die Socialist Party Stadträte dazu auf, Kürzungen und die Bedroom Tax nicht umzusetzen. Tun sie es dennoch, sollen andere KandidatInnen gegen sie antreten. Das wird bereits von der “Trade Unionists and Socialist Coalition” (TUSC) praktiziert, in der neben der Socialist Party unter anderem auch die Transportarbeitergewerkschaft RMT mitarbeitet.