Flut in Dresden

Bericht aus Dresden
von Ingmar Meinecke

 

Unglaublich ist der Hochwassertourismus der Politiker: Die Krisenstäbe müssen Besuche organisieren, statt sich auf die Rettung zu konzentrieren.
Es wird jetzt immer davon geredet, dass zehn Jahre Aufbau Ost vernichtet seien. Mal abgesehen davon das Dresden 1990 nicht aus zerstörten Häusern bestand, ist es so, dass die „Aufbauarbeit“ immer noch so miserabel ist, dass viele kleine Handwerker oder kleine Ladenbesitzer so kapitalschwach sind, dass sie nun eventuell tatsächlich vor dem Aus stehen. Der Kapitalismus konnte sich hier nicht mal selbst entwickeln.
Es wird jetzt immer von der tollen Solidarität geredet, doch einige Unternehmer haben sich raus gehalten: Im Media-Markt in Dresden-Nickern und im Uhrenwerk Lange & Söhne in Glashütte mussten die Leute, wenn sie nicht zur Arbeit kamen, weil die Elbbrücken gesperrt waren oder aber sie an ihren abgesoffenen Häusern waren, Urlaub einreichen. Währenddessen produzierten oder verkauften diese Läden und Betriebe weiter, als sei nichts geschehen. Der Leiter des obigen Mediamarktes hielt nur eine schöne Betroffenheits-Blah-blah-Rede.
Die normalen Menschen hatten da eine ganz andere Auffassung: In Dresden war de facto die Verwaltung zusammengebrochen. Nur der Krisenstab der Stadt hielt stand. Die Koordination der freiwilligen Helfer wurde von einem Freiwilligenbüro koordiniert. Unzählige Menschen eilten von sich aus zum Bau der Dämme.
Im Großen und Ganzen stellte sich beim Dammbau eine ganz neue Freundlichkeit und Solidarität zwischen den Leuten ein. Es war das Wiedererwachen eines natürlichen Kollektivgedankens. Soldaten und Polizisten mussten sich zusammen mit den Freiwilligen im Dammbau einreihen.
Und da gab es keine Befehlsgewalt. Ein Haufen Vorgänge wurde erstaunlich unbürokratisch bewältigt, auch in manchen öffentlichen Betrieben. Hier haben die Leute ohne mit der Wimper zu zucken, die notwendigen Opfer gebracht.