Die Enttäuschung über sozialdemokratisch geführte Regierungen brachte neue rechtsextreme, populistische Parteien hervor
Die Wahlerfolge extrem rechter und rechtspopulistischer Parteien in Europa beendeten das von den Bürgerlichen vielbeschworene sozialdemokratische Jahrzehnt, bevor es richtig begonnen hatte. Eine sozialdemokratische Regierung nach der anderen wurde abgewählt. Einher ging das oft mit der Entstehung von neuen rechtsextremen, populistischen Parteien eine Herausforderung für Jugendliche und Beschäftigte.
von Ronald Luther, Rostock
Die Rechte profitiert europaweit davon, dass die sozialdemokratischen Regierungen in ganz Europa sozialen Kahlschlag, Privatisierungen und eine Umverteilungspolitik zu Gunsten der Kapitalistenklasse durchführen. Die Schwäche linker Ideen hat eine doppelte Wirkung: Der rassistischen Propaganda wird wenig entgegen gesetzt, sie kann sich ausbreiten. Und die rechtsextremen, populistischen Parteien können sich als einzige Alternative zum Establischment profilieren. Viele WählerInnen drücken dann ihre Wut über neoliberale Politik auf Kosten von ArbeiterInnen und Jugendlichen in einer Stimmabgabe für rechtsextreme Parteien aus.
So regiert jetzt die FPÖ von Haider in Österreich mit, in Italien ist die Nationale Allianz in Berlusconis Regierung beteiligt und in den Niederlanden die Liste Pim Fortuyn. In Frankreich kam Le Pen von der Front National in die Stichwahl um das Präsidentenamt.
Massenproteste gegen Rechtsextreme
Aber überall, wo Rechtsextremisten und Rechte in der Regierung sind, lassen sie schnell ihre soziale Maske fallen. Ein Beispiel hierfür ist Italien, wo die rechte Regierung Berlusconi eine sogenannte Wohlstandsreform durchführt. Diese beinhaltet Privatisierungen und Kürzungen im Gesundheitsbereich, Bildungswesen und dem öffentlichen Dienst. Der Angriff auf das Arbeitsschutzgesetz provozierte schließlich die größten Arbeiterproteste seit langem in Europa. Am 23. März demonstrierten 3 Millionen in Rom. Und am 16. April fand in Italien ein eintägiger Generalstreik mit einer Beteiligung von 13 Millionen GewerkschafterInnen, ArbeiterInnen und Jugendlichen statt. Ein heißer Herbst und ein zweiter Generalstreik werden immer wahrscheinlicher.
In Frankreich löste der Einzug von Le Pen in die Stichwahl zum Präsidentenamt sofort Massenproteste aus. Noch in der Nacht nach Le Pens Erfolg gingen 150.000 Menschen auf die Straße, am Tag darauf streikten spontan 30.000 SchülerInnen und StudentInnen und am 1. Mai beteiligten sich 1,5 Millionen Menschen an Demonstrationen gegen Le Pen. Und auch der Wahlerfolg der Liste Pim Fortuyn wird letztlich Proteste nach sich ziehen. Denn auch die LPF hat vor, Privatisierungen und Sozialabbau zu verschärfen.
Widerstand gegen Schill wächst
Auch in Deutschland gibt es Wahlerfolge rechter Parteien wie der von Ronald Schill, der Partei Rechtstaatliche Offensive (PRO), die nun doch bei den Bundestagswahlen kandidiert. Seit ihrem Wahlsieg im September letzten Jahres in Hamburg führte die Regierung aus CDU, Schill-Partei und FDP einen massiven Sozialabbau durch. Kaum in der Regierung versuchten Schill und der Bausenator Mettbach (Schill-Partei) ihre Lebensgefährtinnen zu lukrativen Posten in der Regierung zu verhelfen.
Inzwischen wächst die Wut bei vielen HamburgerInnen über diese Politik, die sich in nichts von der abgewählten SPD-Regierung unterscheidet. So demonstrierten am 16. April 10.000 und am 10. Juni 70.000 Menschen gegen den Sozialkahlschlag des CDU/FDP/PRO-Senates.
Die Wahlerfolge sind eine Warnung
Ein Vormarsch der Rechtsextremen in Deutschland lässt sich verhindern, denn viele WählerInnen rechtsextremer Parteien sind auch offen für linke Ideen. Dazu ist es aber nötig, eine neue kämpferische linke Arbeitermassenpartei mit einem sozialistischen Programm aufzubauen, die sich kompromisslos für die Belange von ArbeiterInnen, Arbeitslosen und Jugendlichen einsetzt.