In Frankreich und den Niederlanden siegte die Massenbewegung gegen die neoliberale EU-Verfassung / Schwerer Schlag f?r den Neoliberalismus auch im Kontext der Ereignisse in Gro?britanien und Deutschland
?No!? und ?Nee!? ? das sind die Antworten der Menschen in Frankreich und den Niederlanden auf die Frage, ob sie ein Europa der Banken und Konzerne, ob sie eine neoliberale EU-Verfassung haben wollen. Trotz eines gigantischen medialen Trommelfeuers stimmten in beiden L?ndern ?berw?ltigende Mehrheiten gegen ein Verfassungswerk, das den Neoliberalismus und die milit?rische Aufr?stung bei gleichzeitigem Abbau demokratischer und sozialer Rechte zum ?Staatsziel? erkl?rt wird.
In Frankreich waren es am Sonntag, dem 29. Mai knapp 55 Prozent der W?hlerInnen, die mit Nein stimmten, am Mittwoch, dem 1. Juni, also nur wenige Tage nach dem Votum in Frankreich, stimmten in den Niederlanden sogar etwa 62 Prozent gegen das Machwerk.
Die L?gen der Herrschenden
Bereits vor der Abstimmung in Frankreich versuchten die Herrschenden, die GegnerInnen der EU-Verfassung zu denunzieren. Mal wurden sie als ?Neinsager? bezeichnet, mal als ?Europafeinde?, ein anderes mal wurde ihnen unterstellt, sie w?rden auf die Propaganda der Faschisten hereinfallen. Gerade die Abstimmung in Frankreich ist von hoher Bedeutung. Nicht nur die herrschende Klasse in Frankreich und ihre Politiker und Parteien waren im Dauereinsatz f?r die EU-Verfassung, sondern auch ausl?ndische Politiker wie der zuk?nftige Exkanzler Gerhard Schr?der wurden regelrecht nach Frankreich gekarrt, um die Menschen doch noch zur Annahme des Verfassungsentwurfes zu bewegen.
Wie dreist die Manipulationsversuche der Herrschenden waren, zeigen erste Analysen des Volksentscheides in Frankreich. Tats?chlich spielte die neofaschistische ?Front National? und ihre rassistische Hetze insbesondere hinsichtlich der Beitrittsverhandlungen mit der T?rkei eine untergeordnete Rolle bei der Mobilisierung gegen die EU-Verfassung. Im Mittelpunkt standen soziale und demokratische Frage. Vor allem in den Arbeitervierteln wurde der EU-Verfassung eine klare Absage erteilt: Hier waren Ablehnungsquoten von bis zu ?ber 80 Prozent weniger die Ausnahme, sondern eher die Regel. Die gr??ten Massendemonstrationen gegen die EU-Verfassung wurden vor dem Abstimmungstag von Gewerkschaftslinken, Attac und antikapitalistischen Linken organisiert. Selbst einige b?rgerliche Kommentatoren kamen nach dem Referendum nicht umhin, zu best?tigen, das vor allem ?Kommunisten, Trotzkisten und Globalisierungskritiker eine wichtige Rolle spielten?.Ein ?hnliches Bild zeichnet sich auch f?r das Votum in den Niederlanden ab, auch hier standen soziale und demokratische Fragen im Mittelpunkt. Und auch eine andere L?ge, n?mlich die, dass die Menschen gar nicht richtig gewu?t h?tten, wor?ber sie abstimmen w?rden, wurde durch die Realit?t ad absurdum gef?hrt. Sowohl in Frankreich, als auch in den Niederlanden war den Menschen und gerade den Erwerbst?tigen und Erwerbslosen bewu?t, welche weiteren Verschlechterungen f?r sie durch die EU-Verfassung auf sie zukommen w?rden. Die Menschen wu?ten wor?ber sie abstimmten, deswegen stimmten sie mit Nein.
In Frankreich f?hrte die Ablehnung der EU-Verfassung zu einer Zuspitzung der politischen Krise der Herrschenden. Der Premierminister wurde bereits ausgewechselt und die sich irref?hrend ?Sozialistische Partei? nennenden Sozialdemokraten stehen am Rande der Spaltung. Hier stellt sich ? ?hnlich wie in der Bundesrepublik ? die Frage einer neuen politischen Kraft links von der Sozialdemokratie.
Eine andere, sehr positive Auswirkung der erfolgreichen Referenden, ist das deutlich steigende Selbstbewu?tsein der ArbeiterInnen und der Erwerbslosen ? die neoliberale Globalisierungspolitik ist schlagbar, es ist m?glich erfolgreichen Widerstand von unten gegen die Herrschenden zu organisieren, wenn man k?mpferisch, offensiv und entschlossen ist, ?Millionen sind m?chtiger als Million?re!?, diese Tatsache hat sich in Frankreich und den Niederlanden beeindruckend best?tigt und wird auch in anderen L?ndern bei den Masse der Menschen, die unter der Politik der Herrschenden und unter den herrschenden Zust?nden leiden, nicht ohne Folge bleiben!
Schwere R?ckschl?ge f?r den Neoliberalismus
Das Jahr 2005 war bisher kein gutes Jahr f?r den Einheitsbrei der neoliberalen Parteien der Banken und Konzerne, es war bisher kein gutes Jahr f?r den Neoliberalismus. Insbesondere die Sozialdemokraten bekamen die verdiente Quittung f?r ihre konsequente Politik im Interesse der Reichen und Superreichen, der Banken und Konzerne. Sie haben sich demaskiert und ihren R?ckhalt in der Arbeiterschaft und bei den Erwerbslosen, bei der Jugend und den RentnerInnen weiter und noch massiver verloren. Dies wurde bereits bei den Wahlen in Gro?britanien deutlich, wo ?New Labour? schwere Einbr?che hinnehmen mu?te und nur noch 36 Prozent der abgegeben Stimmen auf sich vereinigen konnte, umgerechnet auf alle Wahlberechtigten erhielt ?New Labour? sogar nur 20 Prozent. Tony Blair konnte sich nur deshalb in seinem Amt halten, weil das britische Mehrheitswahlrecht eines der undemokratischsten ?berhaupt ist. Noch nie gab es in Gro?britanien eine Regierung, die eine derart geringe Unterst?tzung in der Bev?lkerung hat wie die derzeitige.
Der n?chste Schlag fand dann bei den Landtagswahlen in Nordrhein-Westfalen statt, der die Krise der SPD nicht nur dramatisch versch?rfte, sondern auch zu einer schweren Krise der Bundesregierung wurde, die zu den vorgezogenen Neuwahlen voraussichtlich am 18. September f?hren wird. Auch hier waren es die Erwerbst?tigen und die Erwerbslosen die der SPD den Boden unter den F??en wegzogen und das Scheitern von Schr?der an Hartz IV und Agenda 2010 offenbarten. Vorausgegangen war auch hier eine breite Protestbewegung gegen die Sozialraubpolitik der etablierten Politik, von den Gro?demonstrationen ?ber die Montagsdemonstrationsbewegung bis hin zu sogenannten ?wilden Streiks? wie dem der Opleaner in Bochum.
Wie geht es in Deutschland jetzt weiter?
Die Folgen der Abstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden sind noch nicht absehbar. Die Entstehung neuer Massenbewegungen von unten gegen die herrschenden Verh?ltnisse sind real. In der BRD ist mit der ?Partei Arbeit und soziale Gerechtigkeit ? Die Wahlalternative? (WASG) eine neue Linkspartei entstanden, die von den Herrschenden aus gutem Grund als Bedrohung empfunden wird. Bereits bei ihrem ersten Wahlantritt in NRW kam die WASG aus dem Stand trotz widriger Umst?nde auf 2,2 Prozent der Stimmen, bei den Erwerbslosen sogar auf 9 Prozent. Beachtliche Zahlen f?r eine Partei, die kaum jemand kannte und die kaum ?ber finanzielle M?glichkeiten verf?gte. Die Ank?ndigung des fr?heren SPD-Vorsitzenden Oskar Lafontaine, nach seinem Austritt aus der SPD sich f?r eine neue Linkspartei zu engagieren, erh?hte nicht nur massiv den Bekanntheitsgrad der WASG, sondern zeigte in Umfragen auch das ungeheuere Potential einer solchen Wahlalternative bei den Bundestagswahlen im Herbst: Je nach Meinungsforschungsinstitut k?nnen sich zwischen 18 und 22 Prozent die Wahl einer solchen Alternative vorstellen.
Jede Aktivistin und jeder Aktivist kann best?tigen, wie gro? das Interesse an einer neuen Linkspartei ist ? egal ob vor Arbeits?mtern, Betrieben oder auf der Stra?e: ?berall ist die Offenheit der Menschen greifbar zu sp?ren. Aber nicht nur das Interesse an einer wahlpolitischen Alternative, sondern auch an der sozialistischen Alternative zum Kapitalismus ist enrom gestiegen, mehr Menschen wollen sich ?ber eine solche Alternative informieren und ?ber sie diskutieren. Jetzt kommt es darauf an, auch in Deutschland eine offensive und k?mpferische Partei f?r ArbeitnehmerInnen, Erwerbslose, Jugendliche und RentnerInnen energisch aufzubauen. Dies ist nicht nur eine politische Notwendigkeit, sondern ist auch das, was immer mehr Menschen wollen. Grundlage f?r einen solchen erfolgreichen Aufbau sind aber nicht mathematische Zahlenspiele und Kl?ngelei hinter verschlossen T?ren, sondern eine klare inhaltliche Ausrichtung und offene, demokratische Strukturen. Inhalte und nicht die Mathematik sind gerade auch die Grundlage bei der aktuellen Diskussion um ein B?ndnis zur Bundestagswahl mit der PDS. Zu den inhaltlichen Grundlagen einer erfolgreichen Linkskraft geh?rt die kategorische Ablehnung von Sozialraub auf allen Ebenen (Bund, L?nder, Kommunen), die Ablehnung von Privatisierung und die R?cknahme der bereits stattgefundenen Privatisierungen auf allen Ebenen, die Ablehnung von Militarisierung und Demokratieabbau. Deshalb ist klar: Mit Sozialr?ubern und Demokratieabbauern kann es weder auf bundes-, noch landes-, noch kommunalebene Koalitionen oder Tolerierungen geben. Der Bezugsrahmen einer solchen Alternative zu den neoliberalen Parteien darf nicht der b?rgerliche Parlamentarismus, sondern m?ssen die sozialen und au?erparlamentarischen Bewegungen sowie die ArbeiterInnenbewegung, zu der auch die Erwerbslosenbewegung geh?rt, sein. Und gerade in diesen fundamentalen Punkten hackt es mit der PDS ? ihre Beteiligung an Sozialraub in den Landeskoalitionen in Berlin und Mecklenburg-Vorpommern sind Beispiele hierf?r.
Wenn Erfolge errungen werden, so sind das Folgen des selbstorganisierten Widerstandes der Betroffenen, des selbstorganisierten Widerstandes von unten. Das haben ganz aktuell auch die Abstimmungen in Frankreich und in den Niederlanden gezeigt ? in beiden L?ndern standen die Bewegungen gegen die neoliberale EU-Verfassung faktisch einer Front der etablierten Parteien und ihrer Propagandamschinerie gegen?ber. Aber: Millionen sind st?rker als Million?re ? in Frankreich, in den Niederlanden, in Deutschland, ?berall.
von J?rg Fischer, Berlin
Stellungnahme des committee for a workers‘ international