Kasseler Linksbündnis erreicht 6,8%

SAV-Mitglied zieht in die Stadtverordnetenversammlung
 

Am 26. März waren nicht nur Landtagswahlen in Baden-Württemberg, Rheinland-Pfalz und Sachsen-Anhalt, sondern auch Kommunalwahlen in Hessen.

von Leonie Blume, Kassel

Flächendeckend kandidierten linke Bündnisse unter verschiedenen Namen wie Die Linke.WASG, Die Linke oder WASG. Auch wenn das Zustandekommen dieser Listen nicht ohne Reibungen ablief, verdeutlicht es in vielen Orten beispielhaft, wie ein Neuformierungsprozess der Linken von unten und unter Einbeziehung verschiedener sozialer Bewegungen gelingen kann.

So auch in Kassel. Hier kandidierte ein Bündnis aus WASG (einschließlich der SAV), Linkspartei, DIDF, DKP und Einzelpersonen (unter anderem von ATTAC) unter dem Namen Kasseler Linke für Arbeit und soziale Gerechtigkeit, kurz Kasseler Linke.ASG.

Umverteilung gefordert

Da es das Kommunalwahlrecht in Hessen ermöglicht, mit einer geringen Anzahl von Unterschriften neue Wählergruppen zu gründen, war man sich schnell einig, ein neues Personenwahlbündnis mit eigenem Programm und demokratischen Strukturen zu bilden. Die Erstellung eines gemeinsamen Wahlprogramms war weitgehend unproblematisch, da alle Beteiligten – anders als in Berlin – in den Kernpunkten ähnliche Positionen vertraten:

- Stärkung der Kommunalfinanzen durch eine Gemeindefinanzreform (beziehungsweise ein Entschuldungsprogramm) finanziert aus Steuern auf hohe Einkommen und Vermögen sowie einen Verzicht auf Presti-geprojekte und klassische Wirtschaftsförderung

- Ablehnung jeder Form von Privatisierung und Sozialabbau

- Rücknahme von Hartz IV und Verzicht auf kommunale Ein-Euro-Jobs

- Schaffung von Arbeitsplätzen durch Arbeitszeitverkürzung, den Ausbau des öffentlichen Beschäftigungssektors und ein öffentliches Investitionsprogramm in den Bereichen Jugend, Umwelt, Wohnen, Verkehr, Kultur und Soziales

Auch auf Forderungen wie die Rekommunalisierung von bereits privatisierten Bereichen und eine Schuldenerlass- und Zinsmoratoriumskampagne konnte man sich einigen. Zudem war allen Beteiligten klar, dass auf Grundlage dieses Programms keine Koalitionen mit CDU, SPD, FDP und Grünen im Rathaus möglich sind und Gestaltung in Parlamenten von links ohnehin nur mit dem nötigen Druck von der Straße erreicht werden kann.

Schwieriger als die Programmdiskussion war die Listenaufstellung, da es hier zunächst Ausgrenzungsversuche nach links (unter anderem auch gegen die SAV) gab. Aber schließlich einigte man sich auf eine Liste von 28 Personen, die auf den aussichtsreichen Plätzen alle oben genannte Bündnispartner berücksichtigte. Die SAV war mit KandidatInnen auf den Plätzen 3, 11, 20, 21 und 27 vertreten.

Aktiv gegen Privatisierung

Der Wahlkampf selbst konzentrierte sich auf eine Reihe von Schwerpunktthemen: Neben den öffentlichen Finanzen und Hartz IV, die in einer Stadt mit einer offiziellen Arbeitslosenquote von rund 20 Prozent und einer Gesamtverschuldung von fast einer Milliarde zu den natürlichen Brennpunktthemen gehören, wurden Kampagnen zu den Themen Flughafenausbau Kassel Calden sowie Privatisierung und Stellenabbau an Kasseler Kliniken geführt. Bei den rund 200.000 Kasseler BürgerInnen wurde die Liste mit rund 100.000 Faltblättern und 400 selbst gestalteten Plakaten zu den Themen Flughafen, Hartz IV, Privatisierung, Gesundheit, Jugend, Migration und Kinderbetreuung bekannt gemacht. Täglich fanden Informationsstände in der Innenstadt und in den Stadtteilen statt. Regelmäßig wurde vor örtlichen Betrieben und Schulen verteilt.

Zuwachs – auch in absoluten Zahlen

Letztendlich erreichte die Kasseler Linke. ASG das beste Ergebnis unter den linken Kandidaturen in den kreisfreien hessischen Städten: 6,8 Prozent (CDU: 29,1; SPD: 39,8; Grüne: 15,4; FDP: 5,5; AUF: 1,7; FWG: 1,8). Im Vergleich mit dem Ergebnis der PDS/Kasseler Linke aus dem Jahr 2001 verdoppelte sich das Stimmergebnis sowohl prozentual als auch (annähernd) in absoluten Zahlen. Bei einer historisch niedrigen Wahlbeteiligung von 37 Prozent war die Kasseler Linke.ASG damit die einzige Liste, die überhaupt einen absoluten Stimmengewinn verzeichnen konnte. Neben einem Linkspartei-Mitglied und zwei unabhängigen KandidatInnen wurden zwei WASGler in die Stadtverordnetenversammlung gewählt, darunter Nico Weinmann von der SAV.

Stärkung des Neuformierungsprozesses

Der Wahlkampf wurde von allen Beteiligten als Erfolg bilanziert und was viel wichtiger ist, anfängliches Misstrauen konnte durch die gemeinsamen Aktivitäten und Erfahrungen abgebaut werden. Für Juni ist eine Basiskonferenz vereinbart, bei der die inhaltliche Diskussion um den Neuformierungsprozess weiter geführt werden soll. Der gemeinsame Erfolg bei den Kommunalwahlen in Kassel stimmt optimistisch, dass hier von unten möglich wird, was in Berlin aufgrund der derzeitigen Politik der Linkspartei verhindert wird.

Hier entsteht eine neue Linke, die ihren Namen verdient, weil sie mehr ist als ein kleineres Übel, Privatisierung und Sozialabbau konsequent bekämpft und die „Sachzwänge“ des Kapitalismus nicht widerspruchslos akzeptiert.