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Schritt für Schritt zu Kriegseinsätzen: Das Weißbuch zur Sicherheitspolitik die Bundeswehr hält fest, das die deutsche Armee seit Jahren „konsequent den Wandel zu einer Armee im Einsatz“ verfolgt – auch um eine „sichere nachhaltige wettbewerbsfähige Energieversorgung“ zu gewährleisten.
Ende Oktober 2006 verabschiedete das Bundeskabinett ein neues Weißbuch zur „Sicherheitspolitik“. Damit wurde eine Lücke geschlossen, das letzte Weißbuch der Bundeswehr erschien im Jahr 1994.
von Max Brym, München
Ein Dozent der Bundeswehr-Universität München namens Jürgen Schnell formulierte bereits im Juni in einem Vortrag martialisch die Militärdoktrin des deutschen Imperialismus. Schnell erklärte in Brüssel: „Wenn der Krieg von Anfang an zur Geschichte der Menschheit gehört, dann ist anzunehmen, dass der Krieg überwiegend positive Funktionen erfüllt. Wäre es nicht so, dann hätte die Evolution sicherlich längst dafür gesorgt, dass der Krieg als Phänomen verschwunden wäre“ (taz vom 7. November).
Die Teilnehmer der internationalen Managementtagung konnten in Brüssel von Generalleutnant a. D. Jürgen Schnell weiter vernehmen: „ Die Natur ist offensichtlich von A-Z auf Wettbewerb angelegt und Kriege sind ihrem Wesen nach spezifische, gewaltsam ausgetragene Formen des Wettbewerbs zwischen sozialen Großgruppen.“ Herr Schnell leitet den Krieg aus dem Konflikt um Macht, Ressourcen und dem Kampf um die Vorherrschaft zwischen rivalisierenden nationalstaatlichen Kapitalgruppen ab. Damit charakterisiert er treffend das Wesen des Imperialismus.
Generalleutnant a. D. Jürgen Schnell hat mit seinem Vortrag eine schöne Einleitung für das im Oktober 2006 beschlossene Weißbuch der Bundeswehr abgeliefert. Seine Ausführungen erinnerten an die Diktion des Generals Ludendorff während und nach dem Ersten Weltkrieg. Seine Erläuterungen über die „positive Funktion“ des Krieges geben der weltweit im Einsatz befindlichen Bundeswehr höhere sozialdarwinistische Weihen.
Das neue Weißbuch
Das Weißbuch der Bundeswehr hält fest, dass die Bundeswehr seit Jahren „ konsequent den Wandel zu einer Armee im Einsatz“ beschritten hat. Ein kurzer Blick auf den Globus genügt, um diese Feststellung nachzuvollziehen. Die Kampf- und Stabilisierungseinheiten der Bundeswehr befinden sich in Afghanistan, im Kongo, vor den Küsten des Libanon, in Kosova und an anderen Stellen des Erdballs.
Im Weißbuch der Bundeswehr ist davon die Rede, diesen Wandel der Armee und ihre weltweite Interventionsfähigkeit auszubauen. Die so genannte Landesverteidigung wird nicht mehr als Kerngeschäft der Bundeswehr begriffen, sondern die Struktur der Truppe muss zielstrebig auf „ internationale Konfliktverhütung und Krisenbewältigung“ fortentwickelt werden. Das Aufgabenprofil der Bundeswehr ergibt die Einteilung der Bundeswehr in 35.000 Eingreifkräfte zur Durchführung von aggressiven Angriffshandlungen, nachrücken sollen 70.000 Stabilisierungskräfte als Besatzungstruppen, wie beispielsweise in Afghanistan und Kosova, die letztendlich von 147.500 Unterstützungskräften logistisch abgesichert werden. Das Weißbuch der Bundeswehr lässt an Deutlichkeit nichts zu wünschen übrig: „ Die Struktur der Bundeswehr wird konsequent auf Einsätze ausgerichtet. “
Schon in der Einleitung wird darauf hingewiesen, dass eine „ wirksame Sicherheitsvorsorge“, wie es beschönigend heißt, „ eines präventiven, effektiven und kohärenten Zusammenwirkens im nationalen wie internationalen Rahmen“ bedarf. Mit der Befürwortung von Präventivkriegen wird dem Angriffskrieg eine Absolution erteilt.
Sinn und Zweck von Auslandseinsätzen ist nicht die Stabilisierung oder Behauptung eines weltumspannenden „Empires“, indem die Rivalität zwischen den großen imperialen Gruppen angeblich verschwunden sei. Ganz im Gegenteil. Offen erklärt das Weißbuch, die Bundeswehr habe die Aufgabe, deutsche Interessen durchzusetzen. Der deutsche Kriegsminister Franz Josef Jung erklärt bei jeder passenden und unpassenden Gelegenheit, „die Bundeswehr hat selbstverständlich für die Kontrolle der Rohstoffzufuhr zu sorgen“. Bereits in den Verteidigungspolitischen Richtlinien von 1992 wurden diese Ziele festgeschrieben. Im aktuellen Weißbuch wird dies erneut bekräftigt. „ Deutschland, dessen wirtschaftlicher Reichtum vom Zugang zu Rohstoffen, Waren und Ideen abhängt, hat ein elementares Interesse an einem friedlichen Wettbewerb, an einem offenen Welthandelssystem und freien Transportwegen “ (Seite 14). Weiter formulieren die Strategen: „Von strategischer Bedeutung für die Zukunft Deutschlands und Europas ist eine sichere nachhaltige wettbewerbsfähige Energieversorgung.“ In der Tat, die Bundesrepublik Deutschland war im Jahr 2005 mit einem Außenhandelsüberschuss von 114 Milliarden Euro zum dritten Mal hintereinander Exportweltmeister. Diese Exportweltmeisterschaft wurde unter anderem mit gesteigerter Arbeitsintensität, steuerlichen Entlastungsprogrammen für das Kapital am Standort Deutschland, forcierter Ausbeutung und Steuergeschenken für die Reichen realisiert.
Die höchste bundesdeutsche Kapitalkonzentration befindet sich im Bereich des Automobil- und Chemiekapitals. Der Schmierstoff Öl und die Zufuhr von Gas ist für die bundesdeutsche Industrie von existenzieller Bedeutung. Da Deutschland über keine nennenswerten Energievorkommen verfügt, muss es sich am Kampf um die geringer werdenden bekannten Rohstoffförderquellen beteiligen. Auf kapitalistischer Basis, auf Grundlage von Konkurrenz und Profitstreben, ist eine harmonische, weltweite Zusammenarbeit undenkbar. Die Politik ist der konzentrierte Ausdruck der Ökonomik und der Krieg letztendlich nichts anderes als die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln. Das Weißbuch der Bundeswehr hat im nüchtern neoliberalen Stil die Dinge tatsächlich auf den Punkt gebracht. Enger werdende Märkte, das Gerangel um die direkte Kontrolle der Rohstoffbasen erfordert militärische Aktivität, erfordert die Hochrüstung sowie notabene den Krieg mit all seinen Schrecken.
Bundeswehreinsätze im Inneren?
„Ressortübergreifend“ soll die „ vernetzte Operationsführung“ Truppenteile, Einrichtungen und Waffensysteme verbinden.
Dieser Ansatz schließt den Bundesnachrichtendienst (BND) explizit mit ein. Mit dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) arbeitet der BND schon seit geraumer Zeit enger zusammen. Auf diesem Weg kommt der Bundeswehr bei der „Sicherheitspolitik“ im Inneren eine wachsende Bedeutung zu.
Das Weißbuch konstatiert: „Die Verflechtungen zwischen innerer und äußerer Sicherheit nehmen immer mehr zu.“ Die Autoren müssen zwar einräumen, dass der direkte Einsatz militärischer Kampfmittel im Inland noch verboten ist. Flugs wird aber nachgeschoben, dass „die Bundesregierung die Notwendigkeit einer Erweiterung des verfassungsrechtlichen Rahmens“ sehe.
Unter dem Deckmantel „Sicherheit“ sollen letztendlich künftige Bundeswehreinsätze gegen Opposition im eigenen Land vorbereitet werden oder zumindest die Option dafür geschaffen werden.
Klartext und Tricks
Die Sprache des Weißbuches ist einerseits offen und deutlich. Andererseits enthält das Weißbuch allerlei verbale Trickelemente und Verschleierungskünste. Immer wieder taucht im Weißbuch der Begriff „ vernetzte Sicherheit“ auf und es wird positiv auf die Vereinten Nationen (UN) und die Sicherung von Menschenrechten Bezug genommen. Der Bezug auf die UNO stellt jedoch nichts anderes dar, als deutsche Kriegseinsätze im vorher deutlich formulierten „eigenen ökonomischen Interesse“ zu legitimieren.
Das Weißbuch betont die Notwendigkeit einer „ Weiterentwicklung des Völkerrechts“ (Seite 36). Die Bundesregierung bemüht sich seit Jahren, die UN zu „ reformieren“. Es wird daran gearbeitet, im Falle „ schwerer Menschenrechtsverletzungen“ die Intervention der Armee völkerrechtlich zu legitimieren. Im Jahr 1999 fand der Angriffskrieg gegen Jugoslawien statt. Zur selben Zeit begann man intensiv die Änderung des „Völkerrechts“ zu forcieren. Das Konstrukt „Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen“ ist dabei nur ein billiger Vorwand. Es geht darum, wie im Weißbuch erläutert wird, „den Verlust von Staatlichkeit und Ordnung“ in Verbindung mit „dem Ausscheiden aus dem Welthandel“ zu unterbinden. Zur UN erklärt das Weißbuch: „Die einzigartige Bedeutung der Vereinten Nationen besteht darin, einen notwendig werdenden Einsatz militärischer Gewalt mit der völkerrechtlichen Legitimität zu versehen.“ Brutaler kann man es kaum noch formulieren.
Es geht auch darum, die Vereinten Nationen mit einem deutlich stärker werdenden deutschen Potenzial auszustatten. Die UNO soll zum Instrument für die Durchsetzung deutscher Interessen genutzt werden. Damit das auch in Ansätzen klappt, ist im Weißbuch zu lesen: „Wir wollen mit der Übernahme eines ständigen Sicherheitsratsitzes mehr Verantwortung übernehmen“ (Seite 47).
Beziehungsgeflecht NATO-EU-BRD
Unter dem Kürzel ESVP existiert seit Dezember 2003 die verabschiedete europäische Sicherheitsstrategie. Im Weißbuch wird der Satz wiederholt: „ Die erste Verteidigungslinie wird hierbei oft im Ausland liegen.“ Allen Phrasen von einer Gleichberechtigung innerhalb der NATO mit der extra betonten Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) wird im Weißbuch eine klare Absage erteilt. Das Weißbuch schreibt, „ nur Nationen mit einer leistungsfähigen Rüstungsindustrie haben Gewicht bei Bündnisentscheidungen.“
Damit werden die Konzentrationsprozesse in der deutschen Rüstungsindustrie als Vorbedingung für den forcierten Aufbau einer deutsch geführten europäischen Kriegswaffenindustrie erklärt. Der Aufbau ist bereits, man muss nur an den deutsch-französischen Giganten EADS denken, weit fortgeschritten.
Die EU und die Wirtschaftsblöcke im amerikanischen und asiatischen Raum stellen Versuche dar, dem Widerspruch zwischen der Internationalisierung der Produktion und den nationalstaatlichen Schranken zu entkommen. Im Rahmen des Kapitalismus kann dieser Widerspruch jedoch nicht überwunden werden, lassen sich doch Konkurrenz und Konflikte zwischen den verschiedenen herrschenden Klassen innerhalb der Blöcke nicht beseitigen. Darum werden die deutschen Unternehmer und Generäle trotz EADS und EU-Armee nicht auf eine eigene Rüstungsschmiede und eine eigene Armee verzichten.
Trotz der fortdauernden Interessenkonflikte innerhalb der EU tun sich Deutschland, Frankreich und andere Länder zusammen, um mit vereinten Kräften die US-Machtposition – nicht zuletzt innerhalb der NATO – zu schwächen: „Eine stärkere europäische Integration im Rüstungsbereich wird Europa als Partner im transatlantischen Verbund stärken.“ Auch die USA sind für die deutsche Kapitalistenklasse „Partner und Rivale“ in einem.
NATO-Osterweiterung
Großmütig verkündet das Weißbuch: „Auch künftig bleibt die Tür für eine Mitgliedschaft von Staaten offen .“ Ergo man will weiter im Osten Europas Staaten mit der NATO-Mitgliedschaft ausstatten, sie aber gleichzeitig in das eigene System „ europäischer Sicherheits- und Verteidigungspolitik“ einbeziehen. Es ist völlig klar, dass sich die osteuropäischen Staaten den zentraleuropäischen Staaten mit ihrer leistungsfähigen Rüstungsindustrie und ihrem ökonomischen Gewicht unterzuordnen haben. Besonders leistungsfähig von ihrem ökonomischen und militärischen Gewicht sind dabei natürlich Deutschland und Frankreich. Paris und Berlin haben den Ehrgeiz, der Kern eigenständiger europäischer Militärpolitik zu sein.
Polen bezieht die Masse seines Rüstungsmaterials aus den USA und verweigert sich in einem bestimmten Maß der eigenständigen europäischen, deutsch dominierten Rüstungsindustrie. Diese Widersprüche äußern sich in permanenten politischen Scharmützeln zwischen der Regierung in Warschau und Berlin, wobei es stets um die Frage deutscher Ansprüche gegenüber Polen geht, aber auch um den Pipeline-Deal zwischen der russischen Gasprom und deutschen Kapitalgruppen, die eine Energie-Pipeline an Polen vorbei durch die Ostsee nach Deutschland leiten. Diese letzte „ politische Großtat“ von Gerhard Schröder beförderte ihn in seiner Nachkanzlerzeit zu einem wichtigen Funktionsträger in dem deutsch-russischen Energiekonsortium.
Auf dem Balkan beäugt die Bundesregierung skeptisch den Versuch Washingtons, große US-Flugzeugbasen in Kosova zu errichten, die den USA einen schnelleren Zugriff auf die Krisenregionen (Naher und Mittlerer Osten, Kaukasus und so weiter) ermöglichen.
Hinter den Andeutungen der US-Imperialisten, eventuell die Unabhängigkeit Kosovas zu unterstützen oder gar die Karte Großalbanien zu ziehen, erblicken die Herrschenden in der Bundesrepublik einen neuerlichen Versuch des imperialen Konkurrenten, eine südöstliche Balkan-Agentur in Europa zu installieren. Zu diesen Vorgängen nimmt das Weißbuch der Bundeswehr keine klare Stellung ein. Den Weißbuch-Autoren genügt es, immer und immer wieder von den deutschen und europäischen Interessen zu schreiben und gleichzeitig die Freundschaft mit den USA zu betonen. Der Volksmund kennt hierzu den Spruch: „Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.“
Militarisierung in Deutschland
Die „Enttabuisierung des Militärischen“ (Gerhard Schröder) ist inzwischen weit fortgeschritten. Viele Menschen, die ihre politische Sozialisation oder ihren Schulunterricht in den achtziger Jahren erhielten, müssten sich eigentlich verwundert die Augen reiben. Stets wurde in Westdeutschland vom reinen Verteidigungsauftrag der Bundeswehr gesprochen. Viele Kriegsdienstverweigerer mussten sich vor den einschlägigen Kammern mit dem Argument auseinandersetzen, was sie denn gegen eine „reine Landesverteidigung“ hätten. Dies ist mittlerweile Geschichte. Über den Umweg von Grün- und Blauhelmen befindet sich die Bundeswehr als deutsche Armee im weltweiten militärischen Einsatz. Peter Struck prägte in seiner Zeit als Kriegsminister den Begriff von der „ Verteidigung am Hindukusch“. Mit der deutschen Marine vor der Küste vom Libanon, einer militärisch gegenwärtig besonders brisanten Gegend, soll auch eine weitere „Normalisierung“ von Bundeswehreinsätzen in Krisenregionen erreicht werden. Im Zuge der Auslandseinsätze der letzten Jahre kam es schon zu diversen „Ausrastern“ der Truppe (Spiele mit Leichenteilen, Verwendung von Kennzeichen der ehemaligen Wehrmacht).
Nicht nur die Grünen, auch führende VertreterInnen von WASG und Linkspartei wollen die neuen Entwicklungen ignorieren. Die UN-fixierte Propaganda der bundesdeutschen politischen Kaste, die im breiten Licht der Öffentlichkeit eine Reform der UN anmahnt, um ihren imperialen Konkurrenten USA zurückzudrängen, verwirrt und beeinflusst Mandatsträger, Funktionäre und Ideologen aus Linkspartei und WASG. So sprach sich der Bundestagsabgeordnete der L.PDS Paul Schäfer, immerhin „ verteidigungspolitischer Experte“ der Linkspartei, für einen deutschen Armeeeinsatz im Sudan unter UN-Mandat aus. Zudem will die Linksfraktion im Bundestag nicht länger über den Sudan-Einsatz diskutieren. „ Bei den Debatten wirken wir nicht besonders überzeugend“, hatte Fraktionschef Gysi an seine Fraktionskollegen geschrieben.
Die UNO ist nicht der Zusammenschluss der Völker dieser Welt, sondern nur der Staaten – die allein seit 1945 über 200 Nachkriegs-Kriege geführt haben. Mit der UNO wird sich im Sudan genauso wenig ein Frieden herstellen lassen, wie das mit Hilfe von UN-Soldaten in anderen Krisen- und Bürgerkriegs-Regionen in der Vergangenheit gelang.
In Dafur im Sudan geht es für den deutschen Imperialismus und andere Imperialisten nicht um Menschen und ihre Rechte. Das Weißbuch der Bundeswehr spricht eine deutliche Sprache und es gibt deutsche Konzerne, die bereits Optionen auf die Rohstoffvorkommen im Sudan gezogen haben.
Imperialismus
Goethe beschrieb zu seiner Zeit die frühkapitalistische Tendenz so: „ Krieg, Handel, Piraterie, dreieinig sind sie nicht zu trennen.“ Der Imperialismus hat diese Tendenz auf die Spitze getrieben. Ende des 19. Jahrhunderts wurde der Kapitalismus zum weltbeherrschenden System. Wenige Konzerne und Banken haben seither auf dem Weltmarkt das Sagen. Vor hundert Jahren war die „Aufteilung der Welt“ in Einflusssphären verschiedener kapitalistischer Mächte abgeschlossen. Eine Neuaufteilung setzte Kriege voraus.
Die Entwicklung der Produktivkräfte hob die Menschheit auf die Stufe von nie da gewesenem Reichtum und Überflussproduktion. Die materiellen Bedingungen für eine sozialistische Gesellschaft waren geschaffen. Auf kapitalistischer Basis schlugen die Produktivkräfte hingegen in Destruktivkräfte um.
Im letzten Jahrhundert gab es zwei Weltkriege, vor dem ersten imperialistischen Weltkrieg 1914 gab es ein gutes Jahrzehnt vorher noch gemeinsame Aktionen der späteren Kriegsgegner. Auch deutsche Truppen beteiligten sich unter Kaiser Wilhelm II. am Krieg gegen den „ Boxeraufstand“ in China (die Aufständischen gehörten einer Geheimorganisation an, ihr Anliegen richtete sich aber im Sinn vieler ChinesInnen gegen von imperialen Mächten erzwungene Landverpachtungen und Betriebskonzessionen). Nichts desto trotz reklamierten schon zur selben Zeit die maßgeblichen Vertreter des deutschen Imperialismus für Deutschland einen „Platz an der Sonne“. Wesentlich weniger prosaisch wird im Weißbuch der Bundeswehr heute ausschließlich auf die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands als Kerngeschäft der Armee insistiert.
Die Zeichen in der kapitalistischen Welt stehen heute auf Sturm. Überkapazitäten, Schuldenprobleme und schärfer werdende Konkurrenz um die enger gewordenen Märkte lassen die imperialen Räuber wieder verstärkt aneinander geraten. Dabei geht es zu wie zwischen Mafia und Gomorra. In bestimmten Situationen gibt es zwischen den imperialen Hauptquartieren selbstverständlich Gemeinsamkeiten; vor allen Dingen dann, wenn es gegen Bewegungen geht, die ihre gemeinsamen Interessen nach Kapitalverwertung gefährden. Gleichzeitig rüsten die verschiedenen Lager nicht nur miteinander, sondern auch gegeneinander auf.
Das ältere und scheinbar mächtige Gebilde USA verliert wirtschaftlich immer mehr an Boden gegenüber seinen europäischen und asiatischen Konkurrenten. Die Dominanz des US-Imperialismus in der Weltpolitik beruht entscheidend auf seiner militärischen Stärke. Das US-amerikanische Hochrüstungsprogramm ist auch die wichtigste Spritze für wesentliche Teile des US-Kapitals und steht als Angebot auf dem Globus bereit, womit internationalen Kapitalgruppen signalisiert wird: „ Im Bedarfsfall holen wir die Kastanien aus dem Feuer.“ Dagegen stehen die Bemühungen der anderen Imperialisten, ihr ökonomisches Potenzial auch militärisch ansprechend zu unterlegen. Das Weißbuch der Bundeswehr setzt auf Hochrüstung und die Durchsetzung der wirtschaftlichen Interessen des deutschen Kapitals weltweit. Wer in dieser Phase irgendwelchen Floskeln wie „Sicherung der Menschenrechte“ auf dem Leim geht, dem kann man mit Wilhelm Busch nur antworten: „Man sieht hier noch die Trümmer rauchen, der Rest ist nicht mehr zu gebrauchen.“
Die sozialen Grausamkeiten, die den Menschen in Deutschland zugemutet werden, sind eng mit den kalkulierten Exportprofiten und Kapitalinvestitionen auf dem Weltmarkt verbunden. Das Militärische kostet bekanntermaßen ziemlich viel Geld. Auch das wird den einfachen Menschen aus der Tasche gezogen, um den wirtschaftlichen Interessen des deutschen Kapitals das nötige rüstungstechnische Beiwerk zu geben. Der Verteidigungsetat ist mit 27,9 Milliarden Euro der zweitgrößte Einzelposten im Bundeshaushalt 2006. Dabei werden Ausgaben wie die Kosten für den Libanon-Einsatz (147 Millionen Euro) separat abgerechnet.
Zunehmend wird – um die Menschen im Land zu benebeln – Islamophobie unters Volk gestreut. Auch die „gelbe Gefahr“ (aus China) zeichnen Blätter wie der Spiegel als drohendes Menetekel an die Wand.
Wahren Internationalismus gibt es nur im entschiedenen Kampf gegen das kapitalistische System in seiner Gesamtheit. In Deutschland besteht dieser Internationalismus darin, vorrangig die Kriegsziele des eigenen Imperialismus zu attackieren. Das Weißbuch bietet genug Material, um den Menschen den „Raubtier“-Charakter des deutschen Imperialismus zu erklären.