USA: Wahlschlappe für Bush

Die Fassade bröckelt: Die Supermacht USA steht vor gewaltigen außenpolitischen, aber auch wachsenden wirtschaftlichen Problemen
Für George W. Bush und die Neokonservativen ist eine Welt zusammengebrochen. Bei den Kongresswahlen am 7. November verloren die Republikaner sowohl im Repräsentantenhaus als auch im Senat die Mehrheit.
 

von Katie Quarles, Minneapolis

Am Wahltag gaben 57 Prozent der WählerInnen in Umfragen an, die Irak-Politik abzulehnen. 40 Prozent sollen nur deshalb für die Demokraten votiert haben, weil sie Bush eins auswischen wollten. In der Regel dominieren bei den Kongresswahlen innenpolitische Themen. Diese Wahl hingegen wurde primär als eine Abstimmung über den Irak-Krieg gesehen. Neben der Irak-Frage waren es die Korruptionsskandale, die das Verhalten vieler WählerInnen bestimmten.

Irak-Kurs eine Abfuhr erteilt

Die Demokraten legten gegenüber den Republikanern bei den Sitzen für das Repräsentantenhaus um sieben Prozent zu. Doch die Wut gegen Bush und der Umschwung im Bewusstsein sind viel bedeutsamer, als es diese sieben Prozent zum Ausdruck bringen. Umfragen zeigen an, dass George W. junior nur noch 34 Prozent Zustimmung genießt (im Vergleich zu den 51 Prozent kurz vor der Präsidentschaftswahl 2004 und den 73 Prozent im April 2003, kurz nach Beginn des Irak-Krieges).

In vielen Orten konnten WählerInnen unverbindlich darüber abstimmen, ob die Truppen in nächster Zeit aus dem Irak abgezogen werden sollen. Dafür stimmte eine Mehrheit in allen zehn Städten von Wisconsin, wo die Frage auf dem Stimmzettel stand; gleiches gilt für die entsprechenden elf Orte in Illinois und fast alle der 139 befragten Ortschaften in Massachussetts.

Bush vor einem Kurswechsel?

Verteidigungsminister Donald Rumsfeld wurde zum Sündenbock gestempelt und durch den früheren CIA-Chef Robert Gates abgelöst. Bis zum Jahresende will die schon im März vom Kongress eingesetzte Kommission unter Ex-Außenminister James Baker ihre Empfehlungen vorlegen. Zu erwarten ist ein Plädoyer gegen eine langfristige Aurechterhaltung der derzeitigen Truppenstärke.

Beides markiert den wieder erstarkten Einfluss der alten Riege um Bush senior im Lager der Republikaner. Der frühere US-Präsident Bush senior war nicht vom Irak-Krieg überzeugt gewesen, aber erstmal verstummt, als es aus Sicht der Herrschenden in den USA erfolgreich schien.

Auch wenn sich die Kräfteverhältnisse im Lager der Republikaner jetzt verschieben, ist ein umfassender Truppenabzug nicht in Sicht. Schließlich müsste das US-Establisment im Irak Chaos, Bürgerkrieg und einen gewaltigen Gesichtsverlust befürchten – abgesehen von ihren ökonomischen und geostrategischen Interessen im Nahen Osten.

Soziale Fragen

Dass Beschäftigte auch mit ihrer materiellen Situation alles andere als zufrieden sind, signalisieren die Volksentscheide über die Erhöhung des gesetzlichen Mindestlohns, an der sich die WählerInnen am 7. November in sechs Bundesstaaten – übrigens allesamt traditionell Hochburgen der Republikaner – ebenfalls beteiligen konnten. Durch die Bank wurden sie mit überwiegender Mehrheit angenommen.

Die Wahlniederlage von Bush wird von einer Reihe härterer Arbeitskämpfe begleitet. In Houston, Texas, konnten 5.300 Reinigungskräfte eine Verdoppelung ihrer Einkommen bis 2009 erstreiken. Für viele von ihnen wird es zum ersten Mal so etwas wie einen bezahlten Urlaub geben (von sechs Tagen im Jahr).

Politik der Demokraten

Die Demokraten haben überhaupt nicht vor, die Truppen aus dem Irak abzuziehen. Howard Dean, ein sogenannter linker Demokrat, sagte direkt nach den Wahlen: „Jetzt können wir den Irak nicht verlassen. Wir müssen die Situation erstmal stabilisieren.“ Wenn es nach Hilary Clinton geht, die als nächste Präsidentschaftskandidatin der Demokraten gehandelt wird, dann soll das Truppenkontingent kurzfristig sogar noch aufgestockt werden.

Die Führung der Demokraten sorgte dafür, dass bei den Vorwahlen überwiegend rechtere KandidatInnen das Rennen machten. Wo ihnen das nicht glückte, war in Connecticut. Dort verlor ein bekannter konservativer Demokrat, Joe Lieberman, der den Irak-Krieg unterstützt hatte, gegen den unbekannten Ned Lamont, der die Truppen aus dem Irak abziehen wollte. Bei der Wahl im November hat Lieberman dann gegen Lamont als Parteiloser kandidiert und gewonnen – weil zwei Drittel der Anhänger der Republikaner ihn an Stelle ihres eigenen Kandidaten wählten.

„Republikraten“

Die Republikaner steckten 559 Millionen Dollar in den Wahlkampf. Die Demokraten verpulverten 456 Millionen.

Kurz vor den Wahlen, als klar wurde, dass die Demokraten wenigstens das Repräsentantenhaus übernehmen werden, haben mehrere Konzerne wie zum Beispiel UPS, Hewlett-Packard und Lockheed Martin große Spenden an die Demokraten gemacht.

Das Geld kommt oft von denselben Konzernen, die auch an Republikaner gespendet haben. Das zeigt einmal mehr, dass auch die Demokraten eine Partei des Big Business sind.

Das Zwei-Parteien-System funktioniert bis-lang gut für die großen Konzerne. Wenn die ArbeiterInnen die Nase voll haben von der einen Partei, können sie die andere wählen – ohne dass sich substanziell etwas ändert.

Neue Partei nötig

Das macht deutlich, dass in den USA eine Arbeiterpartei aufgebaut werden muss – eine Partei, welche die massive Wut gegen Bush, Betriebsschließungen und die Kriegspolitik nutzt und einen ernsthaften Kampf organisiert.

Das Beispiel der amerikanischen Grünen zeigt auf, dass eine Offenheit für eine neue Partei schon existiert. Die Partei der Grünen ist die einzige größere Partei, die gegen den Krieg ist und Kritik an der Politik der Großkonzerne übt. Die Grünen konnten auch die Bürgermeisterwahl in Richmond, Kalifornien, für sich entscheiden und einige Stadtratssitze gewinnen. Die Grünen stellen das kapitalistische System jedoch nicht in Frage und sehen auch nicht, dass die Arbeiterklasse die entscheidende Kraft in der Gesellschaft ist, um grundlegende Veränderungen zu erkämpfen. Allerdings existiert ein Kreis vonLinken in der Partei, der beim Aufbau einer neuen politischen Kraft mitwirken könnte – sollte er sich dafür entscheiden, Arbeiterinteressen konsequent aufzugreifen.

Linke AktivistInnen in den USA sehen sich durch den Wahlausgang ermutigt. Gleichzeitig gibt es eine breite Schicht in der arbeitenden Bevölkerung, die noch hofft, dass sich mit dem Wahlerfolg der Demokraten die Dinge nun in ihrem Sinn ändern. Sie werden ihre Erfahrungen machen. Die Fortsetzung der Kriegspolitik und die wachsenden ökonomischen und sozialen Schwierigkeiten werden die Ablehnung gegen die „Republikraten“ enorm verstärken.