Staatliche Aufrüstung: Der Schlapphut geht um

Pläne zur Online-Durchsuchung dienen Kriminalisierung von Linken

Derzeit wird die Einführung der Online-Überwachung diskutiert. Angeblich sollen damit Terroranschläge verhindert werden.


 

von Ronald Luther, Berlin

Mit so genannten Trojanern sollen – ohne dass es die Betroffenen bemerken – übers Internet „informationstechnische Systeme“ wie Computer und Speicher von PDA und Mobiltelefonen sowie Router oder Server nach Dateien und Dokumenten, Stichwörtern, Passwörtern oder anderen Inhalten durchsucht werden. Die „brisanten“ Informationen sollen dann an interessierte Behörden wie Bundes- und Landeskriminalämter, Militärischer Abschirmdienst, Bundesnachrichtendienst und Verfassungsschutz zur Auswertung weitergeleitet werden.

CDU-Innenminister Wolfgang Schäuble und Co. erwecken den Eindruck, als ob die Online-Durchsuchung ein mächtiges Mittel wäre, um Terroristen an der Planung und Ausführung von Attentaten zu hindern. Dabei wissen sie selber, dass potenzielle Terroristen Online-Überwachungen einfach umgehen können. Sie brauchen nur ihre Texte an einem PC ohne Internet-Verbindung tippen, dann auf einen USB-Stick speichern und anschließend damit in ein Internet-Cafe gehen und sie versenden.

Kontrollieren, bespitzeln, einschüchtern

Innenministerium und Bundeskriminalamt (BKA) sprechen von nur „fünf bis zehn Einsätzen“ von „Bundestrojanern“ pro Jahr. Aber davon war bei der Einführung der Telefonüberwachung ebenfalls die Rede gewesen. Heute gibt es rund 30.000 Anordnungen zur Telefonüberwachung pro Jahr. Und von der Bespitzelung ist dann jeder betroffen, der den überwachten Anschluss anruft. Auch hier finden sich Auswege: Man telefoniert mit fremden Handys oder über unverdächtige Anschlüsse, wie öffentliche Fernsprecher oder in Call-Shops.

Die Online-Überwachung dient in Wahrheit nicht der Bekämpfung des Terrorismus, sondern der Bespitzelung, Kontrolle und Einschüchterung der gesamten Bevölkerung.

Betroffen sind insbesondere diejenigen, die Kritik an der herrschenden Politik haben. In Marburg wurden Ende August 2007 drei StudentInnen zu Bewährungsstrafen verurteilt, weil sie als bekannte Aktivisten an einer spontanen Studentendemonstration teilgenommen hatten.

Vier Jahre lang wurde der Lehrer Michael Csaszkóczy mit Berufsverbot belegt, der in der antifaschistischen Initiative Heidelberg aktiv ist. Angesichts solcher Methoden kann der eine oder andere Lehramtsstudent ins Grübeln kommen, was es für seine berufliche Zukunft heißen mag, wenn er gerade einen Aufruf zu einer Demo auf seinem Computer verfasst – wer weiß, ob der Verfassungsschutz nicht mitliest.

Man darf auch nicht vergessen, dass die Linke regelmäßig Gegenstand staatlicher Schnüffelei ist, wie man in jedem Verfassungsschutzbericht sehen kann.

Verschärfter Klassenkampf

Die Herrschenden spüren, dass die Bereitschaft zum Protest gegen Sozial- und Bildungsabbau, für höhere Löhne und bessere Lebensbedingungen wächst. Wer Widerstand organisieren will, soll kriminalisiert werden. Denn das deutsche Kapital will den „Reform“prozess zu Gunsten ihrer Profite weiter beschleunigen. Auf den verschärften Klassenkampf bereiten sie sich mit einer Verschärfung der „Sicherheits“-Gesetze und dem Ausbau des Staatsapparates vor.

Die Antwort ist: sich nicht einschüchtern zu lassen, sondern gemeinsam gegen Krieg, Umweltzerstörung, Arbeitslosigkeit und Armut zu kämpfen. Wenn aus vereinzeltem Widerstand massenhafter Protest wird, dann ist auch der mächtigste Staatsapparat machtlos.