In der Presse (z.B. in dem unten dokumentierten taz-Artikel vom 23.10.) häufen sich Meldungen darüber, dass der rotgrüne Bremer Senat nun doch einer privaten Finanzierung des Umbaus im Klinikum Bremen-Mitte zustimmen und damit gegenteilige Wahlversprechungen über den Haufen werfen will.
Diesen Meldungen zufolge geht es in den geheimen Verhandlungen nicht mehr um das „Ob“ dieser Teilprivatisierung, sondern nur noch um das „wie“, also die Konditionen und Sicherheiten, die der Senat diesen privaten Investoren auf Kosten der anderen Krankenhäuser zur Steigerung künftiger Renditen zur Verfügung stellen will.
Leider haben weder die LINKE, noch die betroffenen Betriebsräte (einschließlich Peter Erlansons aus der Bürgerschaftsfraktion der Bremer LINKEN) auf diese Geheimverhandlungen bisher durch öffentliche Informations- und Mobilisierungsaktionen reagiert, sondern sie streiten sich hinter den Kulissen nur noch darüber, ob das KBM durch eine Maximalversorgungsgarantie später die Hauptlast der Privatisierungsfolgen und des Arbeitsplatzabbaus auf die anderen Krankenhäuser abwälzen kann – oder nicht.
Durch diese Konzentration auf die „Standort(sicherungs)frage“ kommt es nicht zu einer gemeinsamen Front aller öffentlichen Kliniken und ihrer Beschäftigten gegen den Senat in der Kernfrage, also in der Ablehnung von PPP-Modell und Teilprivatisierung, sondern „der Streit der Klinken wird“ (umgekehrt) „auch noch unter den Betriebsräten ausgefochten“. (taz 23.10.) Diese kurzsichtige Standortkonkurrenz der Kliniken und ihrer Betriebsräte spaltet die KollegInnen und erleichtert dem rotgrünen Senat die Durchsetzung seiner Privatisierungspläne in einem Schlüsselbereich der öffentlichen Daseinsvorsorge.
Wie sich bereits in der Vergangenheit gezeigt hat, können solche betrieblichen, durch Gerüchte und Geheimverhandlungen systematisch geschürten Egoismen der jeweiligen Betriebsräte nicht allein durch nichtöffentliche Verhandlungen innerhalb des Gesamtpersonalrats überwunden werden. Dieser hatte sich zwar unmittelbar vor den Wahlen auf eine Erklärung gegen das PPP-Modell geeinigt, daraus aber keine gemeinsamen Aktivitäten und Veranstaltungen der Bremer Krankenhausbeschäftigten selbst abgeleitet. Unter diesen Bedingungen, also im eigenen Saft schmorend, konnten die alten Fronten erneut aufbrechen. Dazu trägt indirekt leider auch die in der taz zitierte Erklärung von Peter Erlanson bei, der zufolge er sich als Vertreter des Klinikums Links der Weser in erster Linie gegen Standortgarantien für das KBM und gegen die Umwandlung der anderen Kliniken in „Portalkrankenhäuser“ ausspricht.
So richtig und wichtig diese Hinweise sind: Im Zentrum sollte jetzt nicht der Streit darüber stehen, wie sich eine Maximalversorgungsgarantie für das KBM auf die anderen Häuser auswirken könnte, sondern der gemeinsame Protest aller Beschäftigten dagegen, dass der Senat damit privaten Investoren günstigere Kredite und damit noch höhere Gewinne an den Krankenhäusern verschaffen will.
So verständlich es ist, dass sich „der Freundeskreis des Klinikums Ost, vertreten durch den ehemaligen SPD-Gesundheitssenator Brückner“ auf die Erhaltung vor allem „seines“ Krankenhauses konzentiert –die LINKE, also eine politische Partei, die gegen jede Krankenhausprivatisierung angetreten ist, sollte jetzt öffentliche Initiativen für die uneingeschränkte Erhaltung ALLER Bremer Krankenhäuser, Betten und Arbeitsplätze ergreifen, um so die Einheit der Beschäftigten mit der als Patienten ebenfalls betroffenen Bevölkerung gegen den Senat voran zu bringen.
Dafür sollte – wie es die Bremer SAV in einem vom Landesvorstand noch nicht beantworteten Brief vorgeschlagen hat – so bald wie möglich eine Informations- und Diskussionsveranstaltung der Bremer LINKEN gegen das PPP-Modell stattfinden, auf der neben Peter Erlanson auch die Beschäftigten- und Gewerkschaftsvertreter anderer Kliniken die Öffentlichkeit über den Stand der Verhandlungen unterrichten und wo die Diskussion über die gemeinsame Gegenwehr eröffnet werden kann.
Dazu könnte eine Unterschriftenkampagne in den Krankenhäusern und auf der Strasse beitragen sowie eine gemeinsame Personalversammlung, auf der die Senatsvertreter ALLEN Beschäftigten gegenüber Rechenschaft über ihre Pläne ablegen müssen.
Heino Berg, 23.10.07
Dokumentiert: taz vom 23.10.07:
Geheimpapier nährt Klinik-Streit
Mit einer weitreichenden "Standortsichungserklärung" für das Klinikum Mitte würde Bremen auf 30 Jahre die Profite privater Investoren garantieren und die Landeskrankenhausplanung aufgeben
Von KLAUS WOLSCHNER
"Das ist ein Wahnsinn", sagt Peter Erlanson, Betriebsrat im Klinikum Links der Weser (LdW). Auf 30 Jahre soll sich Bremen verpflichten, das Klinikum Bremen-Mitte (KBM) "auf Universitätsniveau" und als Krankenhaus der "Maximalversorgung" zu betreiben. Nur damit private Investoren beim Klinik-Neubau kein finanzielles Risiko eingehen. Wer weiß heute, was in 20 Jahren "Maximalversorgung" ist, sagt Erlanson, "das einzige, was feststeht und garantiert werden soll, ist die Rendite der Investoren". Wenn dieser Vertrag zustande kommt.
Welcher Vertrag? Im Rathaus hat es eine Krisensitzung mit Bürgermeister Jens Böhrnsen, Finanzsenatorin Karoline Linnert und Gesundheitssenatorin Ingelore Rosenkötter gegeben. Es ging um die juristischen Risiken des Vertrages, die schnell 50 oder mehr Millionen teuer werden können. Es geht um die "Standortsicherungserklärung" für das Klinikum Mitte als Voraussetzung für den geplanten Neubau. "Das Papier mit den aktuellen Formulierungen hat auch unser Klinik-Geschäftsführer nicht", sagt der Betriebsratsvorsitzende des Klinikums Bremen-Ost, Lothar Schröder. Klar ist nur: Die potentiellen Investoren wollen mit dem Papier zu den Banken gehen und sagen, dass Bremen im Grunde damit eine Bürgschaft abgegeben habe und die Banken daher einen Zinssatz wie für Kommunalkredite gewähren können.
Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) hatte noch laut erklärt, dass Private, wenn sie mit Investitionen Geld verdienen wollen, auch Risiken übernehmen müssen. Das hatte schon damals niemand ernst genommen. Wenn das Klinikum Mitte eine Standortsicherung bekommt, dann wollen wir auch eine, sagt der Betriebsrat des Klinikums Ost erklärt. Denn sie wollen nicht, dass ihre Standorte weiter dezimiert werden zugunsten des KBM.
"Wir haben nicht ein Haus der Maximalversorgung, wir haben einen Klinikverbund der Maximalversorgung", formuliert der gesundheitspolitische Sprecher der SPD, Winfried Brumma. "Wenn ein Haus die Garantie der Maximalversorgung bekommt, dann befürchte ich, dass in den nächsten 30 Jahren die anderen drei kommunalen Häuser nur noch "Portalkrankenhäuser" sind", befürchtet Erlanson. Also ein wenig Vor-Ort-Versorgung machen, während die medizinische Kompetenz in Mitte konzentriert wird. Wenn der Chef des Klinikums Mitte, Uwe Premm, erklärt, die Planungen für sein Klinikum hätten keine Auswirkungen auf die anderen, dann sei das "schlicht falsch", sagt Erlanson.
Der Freundeskreis des Klinikums Bremen-Ost, vertreten durch den früheren Gesundheitssenator Herbert Brückner, hat in einem Brief an den Bürgermeister diese Befürchtungen zusammengefasst. Und auch die Frage aufgeworfen, ob das Land Bremen noch frei sei, eine Landeskrankenhausplanung zu machen, wenn für das Klinikum Mitte schon ein "Maximum" vertraglich festgelegt wäre. Das "Anreiz-System" sollte weiter für alle gelten, sagt Brumma: Nicht nur die anderen kommunalen Kliniken, auch die Freigemeinnützigen sind betroffen, wenn die Stadt auf 30 Jahre die Rentabilität des KBM garantiert.
Der Streit der Kliniken wird auch unter den Betriebsräten ausgefochten. Gestern war Gesamtbetriebsratssitzung. Da hatten die Betriebsräte des KBM erklärt, wer bei der Zentralisierung der EDV nicht nach Mitte wechseln wollte, solle sich eine andere Beschäftigung suchen. "Eine Provokation", fanden die anderen. Und überstimmten die Betriebsräte des Klinikums Mitte.