Aufgaben der LINKEN am Beginn der Rezession
Ende August wurde das Bundesfinanzminsterium beauftragt, einen Antikrisenplan auszuarbeiten. Wie dieser aussehen wird, können wir uns denken. Die Herrschenden wol-len die Krise auf Kosten der arbeitenden Bevölkerung austragen. Neben den Gewerkschaften steht die Linkspartei vor der Herausforderung, genau das zu verhindern.
Ein Beispiel für bürgerliches Krisenmanagement bot der Fall der Mittelstandsbank IKB. Erst wurde ihr mit 10,7 Milliarden Euro unter die Arme gegriffen. 9,2 Milliarden davon trugen der Bund und die staatseigene Kreditanstalt für Wiederaufbau, also der Steuerzahler. Dann wurde sie an das US-Unternehmen Lone Star (für einen Betrag im unteren dreistelligen Millionenbereich) de facto verschenkt. Dafür musste in Deutschland jeder, vom Kleinkind bis zum Greis, 125 Euro aufbringen. Verluste wurden sozialisiert, damit Bankiers ihren Kopf aus der Schlinge ziehen und künftig wieder Gewinne privatisieren können.
Vorschläge von Lafontaine
Im Deutschland-Radio meinte der Parteivorsitzende der LINKEN, Oskar Lafontaine, am 17. August, dass „die deutsche Wirtschaft ins Trudeln kommt, weil wir […] die Binnenkonjunktur vernachlässigen.“ Außerdem bemängelt er, dass „wir etwas vergessen haben, was zu Zeiten Karl Schillers […] noch selbstverständlich war, nämlich dass man ein außenwirtschaftliches Gleichgewicht anstreben muss.“ Damit unterschätzt Lafontaine das Ausmaß der heutigen Krise und überschätzt gleichzeitig die Möglichkeiten, diese – im kapitalistischen Rahmen – aufhalten zu können.
Lafontaine beruft sich auf die keynesianische Politik von Schiller, der von 1966-72 Bundeswirtschaftsminister war. Mit antizyklischen Maßnahmen sollen Krisen beseitigt werden: Im Abschwung soll der Staat investieren, um die Nachfrage zu steigern und die Wirtschaft anzukurbeln. Das hat allerdings auch zu Schillers Zeiten nicht die Wirtschaftskrise 1973/74 verhindern können. Nicht mangelnde Nachfrage, sondern die Funktionsweise des Kapitalismus ist die Ursache von Krisen.
Im Bundestagswahlkampf 2005 lobte Lafontaine das US-Wachstum. Ohne zu erwähnen, dass die dortige Nachfragesteigerung maßgeblich auf steigender Verschuldung beruhte. Das verlängerte den Aufschwung zwar, verschärft aber nun die heutige Krise.
Wird – wie Lafontaine vorschlägt – versucht, die Binnenkonjunktur anzukurbeln, zum Beispiel über höhere Löhne, dann schmälert das die Profite der einzelnen Unternehmer. Das wirft diese im Konkurrenzkampf zurück, kann zu Betriebsschließungen und Entlassungen führen, und so den Motor der Binnenkonjunktur abwürgen. Das spricht natürlich nicht gegen Lohnerhöhungen. Es spricht nur gegen die Illusion, den Konflikt zwischen Kapital und Arbeit aussöhnen zu können.
Eigentumsfrage
BMW plant 7.500 Arbeitsplätze zu streichen. Bei Daimler und Bosch wird in einzelnen Werken die Produktion gedrosselt. Mehrere Autozulieferer haben Entlassungen angekündigt. In der Autoindustrie (mit 30-prozentigen Überkapazitäten weltweit) wird es – wie auch in anderen Branchen – im Zuge der Rezession krachen. Welche Aufgaben stellen sich dann?
Nachdem der Fahrzeugbauer Karmann in Osnabrück bekannt gab, 870 Beschäftigte auf die Straße zu werfen, startete die Fraktion der LINKEN richtigerweise nicht nur eine Anfrage im niedersächsischen Landtag, sondern tagte auch im Solidaritätszelt vor dem Betrieb. Dabei darf es aber nicht bleiben. Konfrontiert mit Massenentlassungen oder Betriebsschließungen bietet die Enteignung des Konzerns die einzige Perspektive. Um zu verhindern, dass der Betrieb dann von oben herab bürokratisch geleitet wird, muss DIE LINKE für demokratische Kontrolle und Verwaltung durch die arbeitende Bevölkerung eintreten. Da eine „sozialistische Insel“ in der kapitalistischen Wirtschaft keine Zukunft hätte, stellt sich auch die Frage der Überführung der gesamten Branche in öffentliches Eigentum.
Systemalternative
DIE LINKE hat das Potenzial, eine Massenkraft zu werden. Voraussetzung ist aber, dass sie in der beginnenden Krise alle Hebel in Bewegung setzt, Belegschaften im Kampf aktiv zu unterstützen. Die wichtigste Unterstützung muss politisch sein. Der LINKEN kommt die Aufgabe zu, aufzuzeigen, dass der Kapitalismus sich im Niedergang befindet und dass keine Überwindung der Krisenhaftigkeit möglich ist. Nötig ist es, ein System von Forderungen, ein Antikrisenprogramm, zu entwickeln, das darstellt, wie der Kampf gegen die Folgen der Krise mit dem Kampf für eine sozialistische Veränderung verbunden werden kann.
Der frühere SPD-Kanzler Helmut Schmidt sagte einmal: „Wer Visionen hat, sollte zum Arzt gehen.“ Die Herrschenden verspotten Visionen, Alternativen. Aus gutem Grund. Sie wissen, dass es den Widerstand stärkt, wenn dieser eine nicht-kapitalistische Perspektive hat. Auch deshalb ist es für die Linkspartei in der beginnenden Rezession nötig, offensiv für eine sozialistische Alternative einzutreten.