Kolumne von Lucy Redler
16. Mai: DGB-Großdemo in Berlin. Das Ziel ist laut DGB-Chef Michael Sommer eine „Marktwirtschaft für Menschen“. Sommer beschreibt die Proteste als Auftakt, „an deren Ende eine wirklich soziale Marktwirtschaft steht, die in eine bessere Zukunft führt und solche auch aus Gier geborenen Krisen künftig vermeidet.“
Hört sich alles ziemlich easy an: Die Manager sind zu gierig, das führt zur Krise, das muss geändert werden, dann haben wir wieder eine menschliche Marktwirtschaft.
Aber mindestens zwei Sachen stimmen vorn und hinten nicht.
Erstens: Gier wird es im Kapitalismus immer geben. Denn Kapitalismus bedeutet Konkurrenz bedeutet Profitmacherei bedeutet Gier.
Zweitens: Marktwirtschaft war noch nie menschlich oder sozial. Marktwirtschaft ist nur ein freundlicherer Begriff für Kapitalismus. Und dieses System basiert auf Privateigentum an den Betrieben und der Ausbeutung der Arbeitskraft anderer Menschen.
Der Nachkriegsaufschwung – in dem Ludwig Erhard die „soziale Marktwirtschaft“ propagierte – war eine Ausnahmesituation. Entstanden aufgrund der Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und der besonderen Situation nach Kriegsende. In der Bundesrepublik waren gerade die Billiglöhne ein Faktor für den Boom. Auch damals musste jede soziale Verbesserung gegen den Widerstand der Herrschenden durchgesetzt werden.
Heute sind wir mit einer weltweiten Krise konfrontiert. Und diese ist nicht „aus Gier geboren“. Sie ist das Resultat von Überkapazitäten und Profiteinbrüchen. Für die Unternehmer lohnt es sich immer weniger, zu investieren. So kommt es, dass Conti im französischen Clairoix 550 Arbeiter entlässt, obwohl im letzten Jahr noch Milliardengewinne eingefahren wurden. Höhere Löhne oder hohe Unternehmenssteuern würden die Profite weiter beschneiden. Das spricht nicht gegen Lohnerhöhungen oder eine Millionärssteuer. Es ist nur ein Argument mehr gegen Sommers Verteidigung der unmenschlichen Marktwirtschaft.