Arbeitest du noch oder stempelst du schon?

Statt Kurzarbeit und Massenentlassungen – jetzt in die Offensive für Arbeitszeitverkürzung


 

Von November bis März waren über 1,6 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. Das bedeutet Zukunftsangst und Lohnverlust. Doch die Bosse müssen aufpassen, dass wir nicht auf den Geschmack kommen, weniger zu arbeiten. Dann verbinden wir unsere geballte Gegenwehr für den Erhalt aller Arbeitsplätze mit der Forderung nach Arbeitzeitverkürzung. Gründe dafür gibt es genug.

Die Entlassungspläne machen deutlich: In dieser Krise müssen wir um jeden Arbeitsplatz wie ein Löwe kämpfen, sonst sind sie unwiederbringlich verloren. Weder Lohnverzicht noch Arbeitszeitverlängerung können Arbeitsplätze sichern. So hatte der Druckmaschinenhersteller Heidelberger Druck für eine unbezahlte Arbeitszeitverlängerung um zweieinhalb Stunden einen „Zukunftssicherungstarifvertrag“, der Entlassungen ausschließt, bis 2012 vereinbart – und nun zum 30. Juni gekündigt.

Nur der entschlossene Kampf um jeden Arbeitsplatz, gemeinsam mit allen Standorten eines Konzerns, gemeinsam mit allen Betrieben einer Region, hat die Chance, etwas zu bewirken. Streiks, Betriebsbesetzungen, Generalstreik müssen heute auf die Tagesordnung gesetzt werden. Die Mehrheit der KollegInnen weiß das, nur leider längst nicht jeder Gewerkschaftsfunktionär. Daher müssen wir es selber laut und deutlich in Betrieb und Gewerkschaft sagen. Eine der Forderungen sollte dabei die Arbeitszeitverkürzung sein.

Arbeitszeitverkürzung…

Die heutige Absatzkrise, zum Beispiel der Autoindustrie, ist die direkte Folge der profitorientierten Produktion. Verschiedene Konzerne produzieren in Konkurrenz zueinander und müssen Profite machen. Dadurch werden wahnsinnige Überkapazitäten aufgebaut, die nun nicht mehr ausreichend genutzt werden können.

Zudem stellen wir heute in kürzerer Zeit mehr Produkte her. Das heißt, in kürzerer Zeit schaffen wir die gleichen Werte wie früher in längerer Zeit. In der Industrie Deutschlands ist die Produktivität pro Beschäftigtenstunde von 1992 bis 2008 um etwa hundert Prozent gestiegen, in der gesamten Wirtschaft pro Erwerbstätigenstunde um ein Drittel.

…bei vollem Lohnausgleich

Daher können wir auch eine Verkürzung der Arbeitszeit und einen vollen Lohnausgleich verlangen.

In den vergangenen Jahren konnten die Regierung und die Unternehmer bei steigender Produktivität die Löhne senken und die Arbeitszeit verlängern. Die tatsächliche Arbeitszeit der Vollzeitbeschäftigten stieg von 2003 bis 2008 von durchschnittlich 37,6 auf 41,1 Stunden die Woche. Im gleichen Zeitraum hat die Hälfte der Betriebe die Löhne eingefroren, jeder siebte hat sie sogar gekürzt. Wir arbeiten länger, produktiver, für weniger Geld – das darf nicht sein.

30-Stunden-Woche…

Die „Arbeitsgruppe Alternative Wirtschaftspolitik“ hat eine Rechnung aufgestellt. Würde man das heutige Arbeitsvolumen auf alle 44 Millionen im erwerbsfähigen Alter verteilen, dann würden etwa 28 Stunden pro Woche reichen, um das heutige Bruttoinlandsprodukt bereitzustellen.

…bei vollem Personalausgleich

Doch stattdessen müssen heute diejenigen, die eine Arbeitsstelle haben, unter höherem Druck schuften, während Millionen arbeitslos sind. Die 30-Stunden-Woche ist das richtige Mittel, die derzeit vorhandene Arbeit auf alle Schultern zu verteilen.

Die Erfahrung aus den achtziger Jahren hat gezeigt, dass Arbeitszeitverkürzung Stellen schaffen oder sichern kann. Sie ist von den Arbeitgebern allerdings auch zur Flexibilisierung und Arbeitsintensivierung genutzt worden. Daher ist eine Reduzierung nur in großen Schritten bei vollem Personalausgleich sinnvoll.

Eine Frage der Gesundheit

Arbeitszeitverkürzung schont unsere Gesundheit. Denn langes Arbeiten unter so großer Arbeitshetze macht körperlich und psychisch krank. Die Arbeitszeitverkürzung schafft mehr Zeit für die Familie, für Partner, Hobbys und gewerkschaftliche Aktivität.

Das hört sich in heutigen Zeiten nach einem utopischen Luxus an. In Zeiten, wo kein Arbeitsplatz und kein Lohn mehr sicher ist. Doch eigentlich leisten wir uns einen ganz anderen überflüssigen Luxus: profitorientierte Marktgesetze, Zerstörung von Produktivkräften (Schließung von Fabriken), Verschwendung von Arbeitskraft (Arbeitslosigkeit) und Zerstörung der Natur. Es ist Zeit, mit dieser Verschwendung Schluss zu machen, oder?!