Zu den Wahlergebnissen der NPD in Saarland, Sachsen und Thüringen
Viel hat die NPD investiert, um bei den Landtagswahlen am 30. August wieder mit Abstimmungserfolgen Schlagzeilen zu machen. Die andauernden Machtkämpfe in den eigenen Reihen und die Enthüllungen über das Finanzchaos hatten in den vergangenen Monaten tiefe Gräben quer durch die Partei gerissen, das Ergebnis Anfang des Jahres in Hessen fiel schlecht aus. Das sollte mit Erfolgen bei den Wahlen nun überwunden werden.
von Holger Dröge, Berlin
Gemessen daran, sind die Ergebnisse für die NPD durchwachsen, wie Holger Apfel, Fraktionsvorsitzender der NPD in Sachsen einräumt: „Die Stimmenverluste der sächsischen NPD sind schmerzlich.“ Als Grund führt er an „dass der Wahlsonntag allgemein von fehlender Proteststimmung für Rechtsparteien geprägt war.“ Auch wenn in vielen Nazi-Foren Enttäuschung über die Wahlergebnisse vorherrscht, kann von Entwarnung keine Rede sein.
Saarland
Hier träumte NPD-Spitzenkandidat Peter Marx noch von "fünf Prozent plus x". Nachdem die NPD an der Saar vor fünf Jahren aus dem Stand noch vier Prozent holte, waren es dies Mal nur noch 1,5 Prozent. Schon bei den Kommunalwahlen im Juni diesen Jahres deutete sich dies an: Dort hatte die NPD landesweit nur 0,5 Prozent geholt, war nur in Völklingen und Saarbrücken in die Stadträte eingezogen. Geführt wird der Landesverband von Peter Marx. Marx war bis zum Frühjahr noch Generalsekretär der Bundespartei, bis NPD-Chef Voigt ihn aus dem Amt drängte. In seinem Wahlaufruf in der Parteizeitung "Deutsche Stimme" erwähnte Voigt die Saar-NPD nicht einmal, Marx selber bezeichnete die finanzielle Unterstützung der Bundespartei als "eher dürftig". Stattdessen leisteten die mächtigen Voigt-Kritiker Holger Apfel aus Sachsen und Udo Pastörs aus Mecklenburg-Vorpommern zumindest personelle Wahlkampfhilfe.
Thüringen
Die NPD-Bundespartei mobilisierte ihre Ressourcen nach Thüringen. Der Spitzenkandidat Frank Schwerdt gehört seit April zu Voigts Leuten im Vorstand der NPD. Hier wollten Voigt und er ihre Position ausbauen. Mehr als 160.000 Euro ließ sich daher die NPD ihren Wahlkampf kosten. Mehr als die Hälfte davon soll durch die klamme Bundespartei aufgebracht worden sein. Die NPD hat in Thüringen in den vergangenen Jahren an der Vernetzung mit der lokalen, militanten Neonaziszene gearbeitet, das sollte die Grundlage für einen Wahlerfolg legen: Doch auch in Thüringen verlor allein die NPD absolut 7000 Stimmen gegenüber der letzten Bundestagswahl (was hinsichtlich der Mobilisierungsfähigkeit eine legitime Vergleichsmarke ist) und konnte trotz des massiven Wahlkampfs mit tausenden Plakaten ihre Unterstützung nicht ausbauen. Eine Niederlage für die NPD, die sie selbst offen einräumt, dass Ergebnis wird von NPD-Landeschef Frank Schwerdt als „enttäuschend“ bezeichnet. NPD und Republikaner haben am 30. August zusammen rund 50.000 Stimmen bekommen. Bei der letzten Bundestagswahl waren es noch über 63.000 Stimmen gewesen. Die Steigerung des NPD-Ergebnisses hat auch viel mit dem Zusammenbruch der Stimmen für die Republikaner zu tun. Doch auf der kommunalen Ebene hat die NPD wichtige Fortschritte erzielen können, sitzt mittlerweile in 20 Stadt- und Gemeinderäten. Es sind diese, noch einzelnen, kommunalen Hochburgen von denen aus die NPD aufbaut. Dort hat die NPD zum Teil zwischen 15 und 20 Prozent der Stimmen holen können. In zehn der 44 Wahlkreise übersprang somit die NPD die 5-Prozent-Hürde. Die Thüringer NPD zeigt sich auch deutlich mobilisierungsfähiger als andere Landesverbände der NPD: So kamen am 11. Juli 2009 zum „Rock für Deutschland“ in Gera rund 4000 Nazis.
Sachsen
Noch vor der Wahl hatte hier Holger Apfel, Fraktionsvorsitzender der NPD in Sachsen, das Wahlziel: „10 Prozent plus x“ ausgegeben. Jetzt hat die NPD 90.000 Stimmen verloren. Das hat sich auch damit zu tun, dass die NPD alles getan hat, sich selbst zu zerlegen. Drei Abgeordnete traten aus, weil ihnen die NPD plötzlich zu radikal war, ein Abgeordneter wollte eine Pistole in den Landtag schmuggeln, ein anderer musste sich gegen Kinderporno-Vorwürfe wehren. Hinzu kam die „professionelle“ Arbeit der Fraktion, wie zum Beispiel eine Anfrage nach den Kosten des U-Bahn-Baus in Zwickau. Nur dass dort die Straßenbahn fährt. Oder die Diskussionen in der Landtagsfraktion ob nun eine E-Klasse von Mercedes als Dienstwagen besser als ein BMW sei. Dass sie nicht mehr Stimmen verloren hat, ist aber auch ein Hinweis auf eine gewisse Verankerung, die die Faschisten in manchen Regionen Sachsens erreicht haben.
Stützen kann sich die NPD aber auf 110 Mandate in Kreistagen sowie Stadt- und Gemeinderäten. Bei den jetzigen Wahlen hat die NPD zwar auch in ihren Hochburgen Stimmen eingebüßt, aber zweistellig sind die Ergebnisse dort noch immer: So kommt sie etwa im Wahlkreis Sächsische Schweiz II immer noch auf über zehn Prozent. Im Örtchen Reinhardtsdorf-Schöna sind es auch diesmal wieder 19,4 Prozent. Das zeigt: Die NPD hat sich einigen Gebieten Sachsen festsetzen können.
Spaltung der NPD geht weiter
Aber auch noch etwas zeigte der Wahltag: Der innerparteiliche Machtkampf zwischen den offen faschistischen Kräften um Voigt und den national-konservativ auftretenden Kreisen um Apfel und Pastörs (Fraktionsvorsitzender der NPD in Mecklenburg-Vorpommern), der in den vergangenen Monaten tiefe Gräben quer durch die NPD gerissen hatte, hält an.
Apfel kann sich, trotz der Verluste, mit dem Wiedereinzug in den Landtag gestärkt fühlen. Auch weil er die Stimmen fast ohne Wahlkampfunterstützung der Bundespartei holte. Dazu kommt, dass Apfel und Co mit dem zweiten Einzug in das sächsische Landesparlament das Recht auf staatliche Förderung ihrer Stiftungen und Bildungswerke erhält. Diese zusätzlichen Ressourcen werden sie zu nutzen wissen. Damit dürften sich die Apfel-Fraktion und die im Kampf gegen Voigt verbündeten NPD-Abgeordneten aus Mecklenburg-Vorpommern weiter vom NPD-Chef Voigt distanzieren. Dies deutet sich in Stellungnahmen an. Auch die DVU bringt sich neu in Stellung und wirbt um die Kräfte um Apfel und Pastörs
Die Spaltung der NPD geht damit weiter. Dass sich damit faschistische Wahlerfolge von selbst erledigen, davon kann allerdings keine Rede sein.