Es tut sich was im rechtsextremen Lager in Österreich…

…aber es gibt auch Mobilisierungen dagegen!


 

Am 16. Januar 2010 versammelten sich rund 50 AntifaschistInnen in Klagenfurt, der Hauptstadt des Bundeslandes Kärnten, vor dem Parteitag des Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ). Anlass dafür war die Diskussion rund um den Zusammenschluss des BZÖ mit der Freiheitlichen Partei Österreichs (FPÖ). Die Aktion war sehr erfolgreich. Die Stimmung unter den TeilnehmerInnen war sehr kämpferisch und vor Allem die jungen Genossen in Kärnten zeichneten sich durch Reden und eine gute Mobilisierung im Freundeskreis aus.

von Margarita Döller, Sozialistische LinksPartei-Wien

Bei der Abschlusskundgebung lief es dann noch besser. Viele PassantInnen blieben spontan stehen und klatschten bei den Reden. Außerdem haben wir sehr viele Zeitungen verkauft. Das ist alles ein Ausdruck für die veränderte Stimmung in der Bevölkerung. In Kärnten sind keineswegs alle einverstanden mit der Politik von BZÖ und Co. Nicht zuletzt wegen den jüngsten Korruptionsskandalen sind viele Menschen wütend und suchen nach einer Alternative zum rechten Wahnsinn. Die Kärntner Landesbank Hypo Alpe Adria war im Dezember vergangenen Jahres von der Republik Österreich verstaatlicht worden. Sie stand kurz vor dem Bankrott und mit ihr auch das Land Kärnten. Es häufen sich die Gerüchte rund um riskante Spekulationen und Gelder, die in private Taschen der Kärntner Landesregierung geflossen sein sollen.

Das BZÖ hat sich 2004 unter Jörg Haider von der FPÖ abgespalten hat. Die FPÖ steckte zu dieser Zeit aufgrund ihrer Beteiligung an der schwarz-blauen Regierungskoalition mit der ÖVP in einer Krise – sie hatte mehrere Wahlen in Serie verloren. Der Teil, der mit Haider ging, war der „pragmatischere“ Pro-Regierungs-Flügel, der vor allem in Kärnten stark war, der andere Teil, der für einen Gang in die Opposition war verblieb in der FPÖ. Vor Haiders Tod war das BZÖ die stärkste Partei in Kärnten, im restlichen Österreich konnten sie jedoch nie richtig Fuß fassen. Bei den Wahlen 2008 kamen sie überraschend auf 11%, nicht zuletzt da Haider sich nochmals als Spitzenkandidat aufstellen ließ. Die FPÖ konnte ihren Stimmenanteil durch einen Mix aus aggressivem Rassismus und sozialer Rhetorik seit der Spaltung kontinuierlich steigern – 2008 hielt sie bei 17%. In der FPÖ rückten die faschistischen Kräfte durch die Spaltung stärker ins Zentrum.

Politische Situation in Kärnten

Das BZÖ betreibt als Regierungspartei in Kärnten eine Politik, die nichts mit ihrem selbst ernannten Image einer „sozialen Heimatpartei“ zu tun hat. Außerdem versucht sich das BZÖ seit Jahren das Image einer regional herrschenden Partei (mit Haider als ehemaligen Landesfürsten) aufzubauen, an der kein Weg vorbeiführt. Einerseits werden seit Jahren Sozialleistungen gekürzt und durch ein paar Almosen ersetzt, die hauptsächlich nur österreichische Staatsbürger in Anspruch nehmen können. Das BZÖ versucht so in Kärnten, die ersten Schritte in Richtung einer sozialen Zweiklassengesellschaft zu setzten, in der MigrantInnen ebenso Steuern zahlen und dafür vom Land weniger als ÖsterreicherInnen zurück bekommen. Auf der anderen Seite war genug Geld für die Erhöhung der Parteiförderung (ca. 70 Mio.), für teure Image- und Beratungskampagnen (2009 1,3 Mio. Euro) und für die Finanzierung von Prestigeobjekten (Fußballstadion für die EM 2008) da. Die Folgen für das Land Kärnten sind katastrophal. 91 000 Menschen leben unter der Armutsgrenze (16% der Bevölkerung), 18 000 ArbeitnehmerInnen gelten als „working poor“ und 30 000 Kinder müssen ohne warme Wohnung, ausreichend Kleidung und ausgewogene Ernährung leben. Darüber hinaus wächst die Verschuldung des Landes Kärnten weiter an und liegt mittlerweile bei 2254 Euro pro Kopf. Das alles gibt einen Vorgeschmack auf die Politik der FPÖ an der Macht. Denn im kommenden Wiener Gemeinderatswahlkampf wird auch H.C. Strache (Parteichef der FPÖ) versuchen sich als „Vertreter des kleinen Mannes“ aufzuspielen und in Kombination mit aggressiver rassistischer Hetze populistische „Scheinlösungen“ für die sozialen Probleme der Menschen anbieten. Es liegt an uns, diese „Konzepte“ als solche zu entlarven und sozialistische Antworten zu geben: z.B.: Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohn- und Personalausgleich & Mindestlohn von 1200 Euro netto.

Stärkung des Rechtsextremismus in Österreich?

Die Fusion von der Freiheitlichen Partei Kärnten (FPK- vormals BZÖ Kärnten) und FPÖ wurde am Parteitag verabschiedet. Nach dem jahrelangen verbalen Krieg zwischen den beiden Parteien ist das rechtsextreme Lager jetzt wieder vereint. Doch bedeutet das automatisch eine Stärkung des dritten Lagers oder haben sie mit dem wochenlangen Hin und Her von Beschimpfungen, Übertritten und Provokationen an Einfluss verloren? Zuerst müssen wir betonen, dass sich das Problem des Rechtsextremismus auch diesmal nicht von selbst lösen wird, auch wenn viele Linke vielleicht glauben, dass die Menschen das ziemlich lächerlich finden. Nach der Spaltung von FPÖ und BZÖ 2005 haben das auch viele gedacht, doch die Entwicklungen der letzten Jahre haben sie hoffentlich eines besseren belehrt. Bei Wahlen konnten sowohl die FPÖ (bundesweit, aber nicht in Kärnten) als auch das BZÖ Kärnten (nicht bundesweit, aber immerhin in Kärnten) zulegen, und das mit einem ausländerfeindlichen Wahlkampf. Rein inhaltlich passen die beiden Parteien also ganz gut zusammen. Allerdings geht das BZÖ Kärnten nicht geschlossen in die FPK über. Ein kleiner Teil bleibt übrig und verbleibt bei dem Bundes-BZÖ, das sich selbst als „rechtsliberal“ bezeichnet. Es wird jedoch voraussichtlich bald keine politische Rolle mehr in Österreich spielen. Die FPÖ holt sich dagegen vor allem jene Teile des BZÖ ins Boot, die am rechten Rand anzusiedeln sind. Trotzdem sind Konflikte vorprogrammiert. Der Rechts-Außen-Flügel, der in der FPÖ in den letzten Jahren ins Zentrum der Partei gerückt ist, sieht die Partei eher als Fundamentalopposition. Doch viele aus der FPK, allen voran Uwe Scheuch (Landesparteiobmann [= Landesparteivorsitzender]), wollen ihre Positionen an den Futtertrögen der Macht nicht so schnell aufgeben und auch H.C. Strache hat die Frage einer Regierungsbeteiligung wieder aufgeworfen. Außerdem haben Uwe Scheuch & Co mit einigen Korruptionsvorwürfen zu kämpfen, die sich auf ihr Image als „Saubermänner“ auswirken werden. Die Frage ist, wie schnell sie dieses wieder aufbauen können und ob die Strache-FPÖ es schafft, sich von den Vorwürfen gegen FPK-Politiker zu distanzieren.

Das sind alles Faktoren, die das rechtsextreme Lager kurz- oder mittelfristig schwächen können. Andererseits kann die Fusion auch eine Stärkung bringen, denn immerhin fällt ein Konkurrent für FPK und FPÖ weg. Wie sich das Ganze jetzt weiterentwickelt, hängt aber im Wesentlichen von der Linken und den Gewerkschaften in Österreich ab. Während der Protestbewegung an der Uni verhielt sich die FPÖ ziemlich ruhig. Das zeigt, dass der Kampf gegen Rechtsextremismus nur dann erfolgreich sein kann, wenn man ihn mit dem Kampf für soziale Verbesserungen verbindet.

Neuwahlen in Kärnten – keine Lösung

Die Sozialdemokratie (SPÖ) und die Grünen fordern jetzt in Kärnten Neuwahlen, um die chaotische Situation für ihre Zwecke zu nutzen. Sie wollen der Bevölkerung beweisen, dass sie die besseren „Sparer“ sind. Das klingt in Kärnten für viele wie eine Drohung, denn die SPÖ und die Grünen zeigen tagtäglich in anderen Bundesländern, dass sie genauso Sozialabbau betreiben. Der Wunsch von vielen nach Neuwahlen in Kärnten ist zwar einerseits verständlich, andererseits werden sie keine Lösung der Probleme bringen, denn der Sozialabbau wird auch unter einer neuen Regierung weitergehen. Keine der Parlamentsparteien vertritt die Rechte von ArbeitnehmerInnen, MigrantInnen und Jugendlichen. Im Gegenteil, dank ÖVP, SPÖ und den Grünen herrscht mittlerweile in Österreich eine rassistische Grundstimmung. Nicht FPÖ/BZÖ/FPK allein sind dafür verantwortlich, dass Rassismus salonfähig geworden ist, sondern die Tatsache, dass viele Forderungen der FPÖ bereits von anderen umgesetzt worden sind. In Kärnten z. B. waren sehr viele der Beschlüsse im Landtag einstimmig und auch der „rote“ Bürgermeister von Wien setzt die „law and order“ Politik der FPÖ, durch die Einführung eine „Stadtsecurity“, schon vor den Wahlen in die Tat um.

Alternative dringend notwendig

Die Reaktionen auf unsere Aktionen in Kärnten machen deutlich, wie dringend Menschen nach einer Alternative suchen. Viele sind sich im Klaren darüber, dass auch die SPÖ und die Grünen politisch versagt haben. Leider ist auch das Vakuum auf der linken besonders groß, obwohl es auch linke Traditionen in Kärnten (Partisanenkämpfe im Zweiten Weltkrieg) gab.

Ein Passant hat zu mir gesagt: „Es gibt keine Partei, die sich für die ArbeitnehmerInnen einsetzt.“ Damit hat er völlig Recht. Viele andere kamen zu uns, klopften uns auf die Schulter und waren froh, dass „endlich jemand in Kärnten etwas gegen die da oben macht. Wir sind nicht alle rechts.“ Die Gruppe der SLP in Kärnten ist im Aufbau und es gibt viele Chancen für unsere Internationale, dauerhaft im südlichsten Bundesland Österreichs Fuß zu fassen. Der Aufbau der SLP in Kärnten ist wichtig, um unser Ziel der Gründung einer neuen Partei von und für ArbeitnehmerInnen, Jugendliche und RentnerInnen in die Tat umzusetzen.

Webseite der Sozialistischen LinksPartei hier.