Kolumne von Lucy Redler
Laut einer Emnid-Umfrage vom März können sich 80 Prozent der Ost- und 72 Prozent der Westdeutschen vorstellen, in einem sozialistischen Staat zu leben, sofern darin für Arbeit, Sicherheit und Solidarität gesorgt wäre. Das Ergebnis ist ein weiterer Beleg dafür, dass in der tiefsten kapitalistischen Krise seit Jahrzehnten die Offenheit für sozialistische Alternativen zunimmt.
Fast zeitgleich veröffentlicht DIE LINKE ihren Programmentwurf, in dem sie schreibt: „Auch zu Beginn des 21. Jahrhunderts geht es um die Frage von Sozialismus oder Barbarei, wie sie schon Rosa Luxemburg hundert Jahre zuvor gestellt hat.“ An anderer Stelle heißt es: „Die tiefste Weltwirtschaftskrise (…) ist die Krise einer Wirtschaftsordnung, die allein für den Profit produziert.“ Dass DIE LINKE dafür prompt von der SPD und Teilen des eigenen rechten Flügels angegriffen wird, ist nicht verwunderlich.
Leider stimmt der Programmentwurf nicht mit der realen Entwicklung der Partei überein, die in ihrer praktischen Politik derzeit weniger durch sozialistische Forderungen auffällt, sondern eher durch Debatten über weitere Regierungsbeteiligungen mit den pro-kapitalistischen Parteien SPD und Grünen. In Brandenburg ist sie gerade dabei, gemeinsam mit der SPD Stellen im Öffentlichen Dienst abzubauen.
Gerade vor dem Hintergrund der wachsenden Offenheit für Sozialismus ist es wichtig, dass DIE LINKE zum einen dafür wirbt, die Krise sozialistisch zu lösen und zum anderen auch in der Praxis eine entsprechende Politik betreibt – damit „Sozialismus“ nicht nach der stalinistischen Karikatur darauf als Nächstes mit Anpassung, Sozialkürzungen und „kleinerem Übel“ assoziiert wird, sondern mit einem kompromisslosen Kampf für ein Leben, in dem „Freiheit durch Sozialismus“ (Lafontaine) verwirklicht wird.