Für Kinder, Jugendliche und Sozialeinrichtung hat sich gezeigt: Kämpfen lohnt sich!
von Anne Engelhardt, Bezirksverordnete der LINKE im Bezirk Mitte von Berlin
Vor einem Jahr kam eine Hiobsbotschaft aus der Presse und überfuhr die Beschäftigten und jungen BesucherInnen: Das Weinmeisterhaus inklusive C29 in Berlin Mitte soll geschlossen werden. Doch vom ersten Schock erholt, setzten sich die Betroffenen zur Wehr. Über Monate hinweg kämpften sie gemeinsam mit anderen bedrohten Jugend- und Sozialeinrichtungen sowie Schulen und Bibliotheken gegen das gesamte Kürzungspaket des Bezirksamtes. Auch über Bezirksgrenzen hinweg wurde Solidarität geübt, denn die Zusammenstreichung von Jugendkultur bedrohte und bedroht Kinder und Jugendliche der ganzen Stadt Berlin.
Doch wo ging das Geld plötzlich hin?
Leere Kassen leeren sich nicht von allein, sondern werden leer geplündert. Vom Bankenskandal 2001 bis zum Bankenrettungspaket 2008 hat der Berliner Senat bei der Umverteilung von unten nach oben kräftig mitgemacht. Geht es aber um 20.000 Euro für die Unterstützung einer Jugendeinrichtung, wird plötzlich mit Lupe und Mikroskop jeder einzelne Euro geizig umgedreht. Für das Weinmeisterhaus und andere Einrichtungen, ging und geht es dafür ums Überleben. Doch diese Einrichtungen haben sich gewehrt und einige haben gewonnen.
Bittere Pille „freier Träger“
Mir persönlich bereitete der vorliegende Rettungsplan Bauchschmerzen, besagt er doch, dass die Einrichtung an einen freien Träger übergehen soll. So musste ich mich – obwohl es mich sehr freut, dass das Weinmeisterhaus nun erstmal gerettet ist, enthalten. Denn mit dieser Übertragung entlässt der Bezirk das Haus aus seiner Kontrolle.
Jugend- und Sozialarbeit muss durch öffentliche Gelder finanziert, aber auch öffentlich betreut und kontrolliert werden. Denn die ausreichende Ausstattung von Materialien und Personal mit vertraglich festgelegten Tariflöhnen werden durch den Druck sinkender staatlicher Unterstützung vom vielen Trägern oft zunehmend untergraben. So heißt es dann plötzlich, dass die Kinder und Jugendlichen der Einrichtung mit dem Klingelbeutel herumgehen müssen, statt ihre Freizeit nach Lust und Laune zu gestalten oder die Beschäftigten zu Finanzfreaks werden und von einem Treffen zum anderen rennen, um Gelder einzusammeln, anstatt dass sie sich um die Betreuung und um Angebote für ihre BesucherInnen kümmern können.
Wer nicht kämpft, hat schon verloren
Obwohl die Schließung schon beinahe beschlossen war, entwarfen die politischen VertreterInnen der BVV in Mitte eine – wenn auch unzureichenden Lösung. Denn zuletzt war doch ein runder Tisch für das Weinmeisterhaus initiiert worden, an denen sich alle Fraktionen beteiligten.
Doch dass sie dort saßen, war allein den Protesten der Beschäftigten, Kindern und Jugendlichen zu verdanken, die sich nicht haben einschüchtern lassen. Bei einer Demonstration vor und in dem Weinmeisterhaus sind viele der Verordneten zum ersten Mal überhaupt in eine der Einrichtungen gegangen, die sie seit Monaten zusammenstreichen wollen und waren offensichtlich beschämt.
Umverteilung – aber wie?
Um eine Umverteilung von oben nach Unten zu erreichen und weitere Kürzungen und (Teil-)Privatisierungen zu verhindern, bedarf es großer Proteste in Berlin, die sowohl den Senat unter Druck setzt, einen bedarfsgerechten Haushalt im Interesse der Beschäftigten, Jugendlichen, Erwerslosen und Rentnernnen aufzustellen. Doch so ein Haushalt macht auch die Tatsache deutlich, dass man nur mit dem Geld wirtschaften kann, was einem auch gehört – sprich: Dass täglich 5 Millionen Euro allein in die Zinsen der Berliner Schulden fließen, kann gestoppt werden, wenn die Banken verstaatlicht und unter demokratische Kontrolle und Verwaltung gestellt würden.
Die finanzielle Situation Berlins wird sich angesichts der Schuldenbremse und der rasanteren Umverteilungspolitik von Schwarz-Gelb auf Bundesebene noch verschärfen. Angesichts dieser Zukunftsprognose für Berlin muss sich auch Die LINKE entscheiden, ob sie diese Ungerechtigkeit mitverwalten will oder als eine starke Opposition im Parlament und als Bewegung auf der Straße dagegen mobil machen wird.
Am 24. September wird es vor dem Roten Rathaus eine Protestaktion unter dem Titel „Jugend verschwindet“ geben, an der sich Betroffene der Berliner Kürzungspolitik beteiligen. Hier sollten Gewerkschaften und LINKE mitmobilisieren, um deutlich zu machen, dass sie nicht bereit sind zuzusehen, wie die Krisenfolgen auf den Rücken der BerlinerInnen und Berliner abgewälzt werden.