Widerstand gegen Bildungskürzungen der britischen Regierung

Interview mit Ben Robinson, Sprecher von Youth Fight for Jobs


 

Die neue britische Regierung hat eine Bildungsreform angekündigt. Was wollen sie ändern, auf wen wirkt sich das aus und in wessen Interesse sind die Veränderungen?

Die Regierung will in den nächsten Paar Jahren die Ausgaben für Hochschulen um ein Drittel senken. Das wird sich katastrophal auf die Bildung auswirken, Studiengänge, Fakultäten und wahrscheinlich auch ganze Unis werden geschlossen. Für die, die einen Studienplatz bekommen wird die sarrazinAusstattung z.B. der Bibliotheken, die individuelle Betreuung durch Lehrende und sogar der Zustand der Gebäude deutlich schlechter sein.

Aber das ist nicht alles – wir sollen mehr dafür bezahlen! Die Konservative Partei will die Studiengebühren auf 5000£ (ca. 6000€) oder sogar 7000£ erhöhen. Das bedeutet, dass Studierende die Uni mit 35000£ Schulden verlassen, eine riesige Belastung für junge Leute.

Die Uni-Leitungen wollen Bildung unbedingt in einen profitablen Wirtschaftszweig verwandeln. Schon jetzt bringen Einnahmen durch Fortschung, riesigen Studiengebühren für Studierende aus nicht-EU-Ländern (15000£+) und Börsenspekulation den Unis fünfmal soviel Geld ein wie sie von der Regierung bekommen. Aber manche Unternehmer wollen auch eine Senkung der Gebühren, um weniger Umsatzsteuern zu zahlen. Schon jetzt soll sie auf den niedrigsten Wert aller Zeiten gesenkt werden.

Wie ist die Situation an Schulen und Universitäten jetzt? Was sind die größten Probleme für die SchülerInnen und Studierenden, und wie reagieren sie darauf?

Viele Angriffe werden geplant. Die neue Regierung hat schon die Gesetze geändert um Schulen viel einfacher privatisieren zu können – sie können jetzt fast über Nacht aus der öffentlichen Kontrolle entfernt werden. In Geschichte soll mehr über “große Individuen” geredet werden als über Bewegungen, Wirtschaft, unterschiedliche Bedingungen etc.

Aber Kürzungen sind das Hauptproblem. Seit dem Beginn der Wirtschaftskrise gibt es eine langsam wachsende Protestwelle in den Unis und Schulstreiks. In der Sussex University, wo die Bewegung am stärksten war, gab es Massenversammlungen mit 800 TeilnehmerInnen, Demos, Besetzungen und einen Streik der Lehrenden. Dadurch konnten einige der Angriffe verhindert werden.

Die NUS ruft zu einer landesweiten Studierendendemo gegen Kürzungen am 10. November auf. Was ist die NUS? Kann sie eine Massenbewegung der Studierenden organisieren?

Die National Union of Students ist die “offizielle” Organisation die Studierende repräsentiert und in der fast alle Studierenden automatisch Mitglied sind. Allerdings wird sie von KarrieristInnen aus dem Umfeld der Labour Party geführt und hat weder interne Demokratie noch eine Kampagnenkultur.

Trotzdem ist es ein wichtiger Schritt vorwärts dass die NUS zu diese Demo veranstaltet. Sie hat die Medienpräsenz, das Geld und, am wichtigsten, die Verbindungen zu Gewerkschaften die notwendig sind um hunderttausende von Studierenden zu organisieren. Die Demonstration am 10. November wird zusammen mit der UCU, der Gewerkschaft der Lehrenden und des akademischen Personals an den Unis, organisiert. Das ist sehr wichtig. Es zeigt dass die NUS-Führung durch die Basis stark unter Druck steht und sich gezwungen sieht diese Demo zu organisieren. Youth Fight for Jobs und Socialist Students werden versuchen so viele wie möglich zu mobilisieren und in Orten Busse zur Demo organisieren, wo die NUS-Führung sich weigert.

Allerdings wird die NUS versuchen, weitere Massenaktionen zu verhindern. Vor Ort und landesweit haben sie AktivistInnen die Kürzungen verhindern konnten dafür bestraft. Mitglieder der NUS-Führung haben sich öffentlich gegen Streiks der Uni-Beschäftigten ausgesprochen. Sie wollen und können keine Strategie formulieren, die die Kürzungen der Regierung verhindern würde.

Die bisherigen Kampagnen gegen die Kürzungen wurden von AktivistInnen geführt, nicht von der NUS vor Ort. Socialist Students und Youth Fight for Jobs rufen diese örtlichen Kampagnen dazu auf sich zu vernetzen und am 10. November einen gemeinsamen Block zu bilden.

Socialist Students und YFfJ rufen zu einem Protesttag am 20. Oktober auf. Was habt ihr vor?

Die “Untersuchungskommission” zu Studiengebühren, die aus Bonzen besteht, gibt Anfang Oktober ihren Bericht ab. Die Regierung wird am 20.10. weitere Kürzungen bekanntgeben. Wir rechnen damit, dass sich eine riesige Wut aufbauen wird. Daher rufen wir zu kreativen Aktionen am 20. Oktober auf. Das bedeutet verschiedene Aktivitäten an verschiedenen Orten, abhängig von den Kürzungen und der Stärke der Bewegungen vor Ort.

Wir rufen alle örtlichen Anti-Kürzungs-Kampagnen auf sich auch an den Protesten zu beteiligen. Socialist Students und Youth Fight for Jobs werden an dem Tag auch einige Aktionen starten. An manchen Unis wird gestreikt werden. Die wichtigste Gewerkschaft der Unibeschäftigten, die UCU, ist an Youth Fight for Jobs beteiligt und wir werden ihre Aktionen unterstützen.

Wir wollen den Tag auch nutzen um für die Demo am 10. November zu mobilisieren.

Ist es möglich dass sich ein gemeinsamer Widerstand von Studierenden und SchülerInnen entwickelt, ähnlich wie beim Bildungsstreik in Deutschland im letzten Jahr?

Ja, definitiv. Die Angriffe werden Studierenden keine andere Möglichkeit lassen als sich zu wehren. Das kann sich langsam entwickeln, weil es außer uns selbst keine landesweite Koordination gibt. Aber es könnte sich auch sehr schnell entwickeln Die Verbindungen zur UCU und anderen Gewerkschaften zeigen sehr deutlich die Stärke der Bewegung die entstehen könnte.

Deshalb stellt Socialist Students weitgehende Forderungen auf. Unsere Hauptslogans für die Bewegung sind:

– Streiken gegen Kürzungen und Gebühren

– Vereinigung der Anti-Kürzungs-Kampagnen auf landesweiter Ebene

– Demokratischen Massenwiderstand aufbauen

– Kämpfen für ein sozialistisches Bildungssystem

Wir denken dass sich mit den aktuellen Ideen eine Bewegung entwickeln und schnell verbreiten könnte. Gemeinsam mit den Uni-Gewerkschaften, AktivistInnen gegen Kürzungen und der Arbeiterbewegung könnte sie die schwache Regierung zum Rückzug zwingen. Socialist Students und Youth Fight for Jobs schaffen jetzt die Grundlagen für diese Bewegung.