Die „Jugendoffensive“ kämpft gegen Stuttgart 21 mit Protest, Blockade und Streik
Das Prestigeprojekt Stuttgart 21 vereint eine ganze Stadt im Widerstand. UmweltaktivistInnen, Denkmalschützer, aber vor allem „normale Bürger“, die nicht mit ansehen wollen, wie ihre Stadt zerstört wird, prägen das Bild. Und natürlich die Jugendlichen, deren Zukunft im Boden verbuddelt wird.
von Sophia H., Stuttgart
Anstatt notwendige Sanierungsmaßnahmen an Schulen (die zum Teil in desaströsem Zustand sind) durchzuführen, kostenlose Bildungs-, Kultur- und Freizeitangebote zu verbessern, die Stadt umweltfreundlicher, günstiger und lebendiger zu gestalten, werden Milliarden auch von Stadt und Land in einen unnötigen hypermodernen Bahnhof gesteckt, der kaum Nutzen für die Bevölkerung bringt, dafür aber umso mehr Gewinne für die Reichen und Mächtigen abwirft.
Was macht die „Jugendoffensive“?
Obwohl die Jugendlichen besonders von den negativen Folgen betroffen sind, sind sie in der Bewegung unterdurchschnittlich vertreten. Laut Umfragen ist sogar der Anteil der BefürworterInnen unter ihnen am größten. Um dies zu ändern, hat sich die „Jugendoffensive gegen Stuttgart 21“ gegründet.
Mit großen, lauten Jugendblocks auf den Demos, Flashmobs, einer eigenen Demonstration gegen für S 21 nötige Club-Abrisse (zu der Anfang September über 500 TeilnehmerInnen kamen) und anderen Aktionen machen wir die Stimme der Jugend im Protest hörbar. Außerdem wollen wir mit Flugblättern und einer eigenen Zeitung – der „ZOFF 21 – Zeitung der JugendOFFENSIVE gegen Stuttgart 21“ – an unseren Schulen/Betrieben und in unserem Umfeld weitere Jugendliche über den Wahnsinn des Vorhabens und die Lügen der Befürworter aufklären, um den Protest noch stärker zu machen.
Der Schülerstreik am 30. September ist ein weiterer Schritt hin zum massenhaften Widerstand der Jugend. Wir fordern: „Bildung statt Prestigebahnhof!“ Wenn Jugendliche nachmittags zu den Massendemos gehen, werden sie kaum wahrgenommen, sie verschwinden in der Menge und auch ihre Probleme und Forderungen gehen darin unter. Außerdem haben viele wegen G8, Nachmittagsunterricht und Hausaufgaben kaum Zeit. Um möglichst viele SchülerInnen und Azubis auf die Straße zu bekommen, und unsere Wut deutlich zu zeigen, müssen wir ungehorsam sein, aus dem Alltag ausbrechen, streiken!
Organisiert Euch! Aber warum?
Natürlich ist es gut, wenn viele Menschen zu den Demos kommen. Selbst Menschen, die sich zuvor noch nie in die Politik eingemischt haben, werden aktiv. Doch allein bei Sprechchören mitzurufen und Buttons zu tragen, wird Stuttgart 21 niemals stoppen. Um den Widerstand so zu gestalten, dass die Mächtigen klein beigeben müssen, braucht es Organisation. Es ist gut, Baufahrzeuge zu behindern, aber um Sitzblockaden wirksam zu gestalten, müssen wir uns besser koordinieren. Niemand kann rund um die Uhr am Bauzaun sein. Also muss man sich absprechen, wer wann blockieren kann. Für die Besetzung des Parks gilt dasselbe.
Und auch abseits von Blockaden ist es wichtig, sich zusammenzuschließen. Um Aktionen zu planen, Flyer zu verteilen, noch mehr Leute für uns zu gewinnen, brauchen wir noch mehr Jugendliche, die sich einbringen wollen. Am Anfang mag es schwierig und ungewohnt sein, sich politisch zu engagieren, aber wir lernen beim Handeln, sammeln Erfahrung und können so den Widerstand immer stärker und breiter machen!
Darum: Bei der „Jugendoffensive“ mitmachen! Aber auch Gruppen gegen Stuttgart 21 in den Schulen starten! Gemeinsam können wir möglichem Ärger in der Schule besser begegnen. Wir können zusammen Transparente gegen S 21 malen, Diskussionen in der Schule anleiern, Flyer verteilen. Mit Hilfe von Schülergruppen gegen S 21 können wir auch die nächsten Proteste – ob ein weiterer Schülerstreik oder eine Mobilisierung für den Tag X (wenn die Bäume abgeholzt werden sollen) – noch effektiver vorbereiten.
Kampf dem Phänomen? Kampf dem System!
Von Stuttgart 21 profitieren große Konzerne, korrupte Politiker, Wirtschaftsbosse und Lobbyisten. Die Bevölkerung hat nichts davon außer der Zerstörung der Innenstadt, neue Bonzenviertel, riesige Schulden, und um Bruchteile kürzere Fahrzeiten mit Zügen, die sich ohnehin viele nicht mehr leisten können.
Das ist nicht nur in Stuttgart so. Ähnliches konnte man schon beim Berliner Hauptbahnhof und der Kölner U-Bahn beobachten. Riskante, teure Projekte, die viel Profit abwerfen, anstatt für das Wohl der Bevölkerung zu sorgen. Kapitalismus eben.
Deshalb müssen wir die Proteste gegen S21 mit dem Kampf gegen das kapitalistische System verbinden. Die „Jugendoffensive“ steht Jugendlichen unabhängig von ihrer politischen Meinung offen. Aber auch für die, die weiterdenken und weitergehen wollen, gibt es Möglichkeiten. Zum Beispiel Linksjugend ["solid] und die SAV, die auch seit Anfang in der „Jugendoffensive“ aktiv sind.
Denn nötig ist es, nicht nur gegen S21, sondern auch gegen das ungerechte Bildungssystem, die ausbeuterischen Arbeitsbedingungen, Krieg, Unterdrückung und Faschismus zu kämpfen. Und das System, das hinter dem allen steckt, durch ein gerechtes ersetzen: den Sozialismus. Es ist natürlich nötig, gegen das einzelne Projekt, das einzelne Phänomen zu kämpfen und so „das Schlimmste zu verhindern“. Aber gleichzeitig darf man nicht aus den Augen verlieren, dass man nur durch die Abschaffung des Kapitalismus und die Einführung einer sozialistischen Demokratie noch mehr Wahnsinnsprojekte dieser Art verhindern kann!