Zu Zeitgeist, infokrieg.tv und Co
In der Welt in der wir leben, treffen wir tagtäglich auf Dutzende Widersprüche. Tonnen von Essen werden weggeschmissen, während gleichzeitig tausende Menschen verhungern. Es gibt Umweltkatastrophen, Kriege, Armut und wachsende Ungerechtigkeit. Immer mehr Menschen machen sich auf die Suche nach Lösungen und treffen dabei auf Internetseiten wie die von „Alles Schall und Rauch (ASR)“ oder „Zeitgeist“.
Wut ohne Widerstand?
Verschwörungstheorien bauen auf brisantem Geschehen, wie dem 11. September 2001 oder der Weltwirtschaftskrise auf. Die Unstimmigkeiten in der bürgerlichen Berichterstattung werden beleuchtet , hinterfragt und die scheinbaren Ziele aufgeklärt. Aber von Schritten, die sich real gegen die existierenden Probleme zur Wehr zu setzen, ist auf den Webseiten der VerschwörungstheoretikerInnen nichts zu finden.
Eine andere Weltsicht?
Die Erklärungsmuster der AutorInnen dieser Portale sind immer ähnlich angelegt: Hungerkatastrophen, Kriege und ähnliche Auswüchse der kapitalistischen Gesellschaft seien nicht systembedingt, sondern werden angeblich von wenigen Personen verursacht und beeinflusst, deren Ziel sei, die Welt zu beherrschen.
Doch nicht erst seit den Enthüllungen von Wikileaks ist offensichtlich geworden, dass die Herrschenden zwar zusammenarbeiten, aber auch in erbitterter Konkurrenz zueinander stehen, sobald es um die Aufteilung von Märkten, Gewinnen und Macht geht.
Als SozialistInnen gehen wir davon aus, dass die Gesetze des kapitalistischen Systems die Unternehmer dazu zwingen, ständig ihr Kapital gewinnbringend anzulegen und zur Profitsteigerung Lohnabhängige immer mehr auszubeuten und gegebenenfalls über Leichen zu gehen. Natürlich gehört dazu auch die Verbreitung von Lügen durch Medienpropaganda wie bei Stuttgart 21.
Bei den Autoren von zeitgeist und Co wird jedoch ein einheitliches Gesamtnetz von Geheimbünden und Geheimdiensten vermutet, das alles und jeden lenkt und uns manipuliert.
Verschwörungtheorien haben Zulauf, besonders unter Jugendlichen, so wurde der Film „Zeitgeist“ nach der Veröffentlichlung 70.000 mal pro Tag heruntergeladen.
Die Gefahren der Verschwörungstheorien
„Es geht nicht mehr darum ob man links oder rechts ist, sondern es geht darum ob man die offizielle Story über 9/11 akzeptiert oder sie ablehnt, ob man die Lüge verbreitet oder für die Wahrheit steht“ (Alles-schallundrauch.blogspot.com).
Natürlich ist es wichtig, die Wahrheit aufzudecken. Doch um sich gegen die bestehende Weltordnung zur Wehr zu setzen, ist es notwendig rechtes Gedankengut abzulehnen, das die Menschen und damit die ArbeiterInnenklasse bzw. unseren gemeinsamen Widerstand spaltet.
Rassismus, Sexismus und Homophobie sind genauso Unterdrückungsinstrumente der Herrschenden, wie die Verbreitung von Lügen in den Massenmedien.
Die BetreiberInnen der Internetplattformen von Verschwörungstheorien transportieren hinter ihren Enthüllungen selbst oft rechtes Gedankengut und reaktionäre Familienvorstellungen: Aus einem Artikel über gleichgeschlechtliche Beziehungen von ASR schlussfolgert der Autor biologisch inkompetent:
„Daran sieht man, welche pervertierte Konsequenzen resultieren, wenn man gleichgeschlechtliche Partnerschaften zulässt und Kinder daraus entstehen“.
Weiter in einem Artikel über einen Werbespot, indem eine Frau gegenüber einem Mann angeblich mächtiger erscheint:
„Dieser Werbespot demonstriert, dass die Bestärkung der Frau tatsächlich eine Erniedrigung und Kastrierung der Männer ist, so dass Männer die Unterwerfung unter der Neuen Weltordnung akzeptieren. Es ist Teil einer psychologischen Kampagne die von der Globalisierungselite geführt wird, um die Heterosexualität und die Familie zu zerstören.“
Beide Texte hetzen sowohl gegen Homosexualität als auch gegen Frauenbefreiung. Das Weltbild, dass damit transportiert wird, ist konservativ und unterstützt eher das herrschende System, anstatt es in Frage zu stellen.
Hier wird deutlich, dass die VerfasserInnen dieser Theorien sich im Rahmen dieses Systems bewegen. Sie bedienen eine Nische, in der sich gemeinsam aufgeregt und ohnmächtig gefühlt wird. Von diesen Autoren haben wir aber weder eine aktive Solidarität mit unterdrückten Schichten zu erwarten, noch ein Programm für einen gemeinsamen Kampf aller Lohnabhängigen für eine sozialistische Gesellschaft.
Anne