Zum Berliner Volksentscheid über die Wasserwerke
Am 13. Februar wird in Berlin über die Offenlegung der Geheimverträge in Folge der Teilprivatisierung der Wasserbetriebe abgestimmt. Im Zuge der Teilprivatisierung kam es zu enormen Preissteigerungen, an denen sich Veolia und RWE bereicherten. Das soll durch den Volksentscheid offengelegt werden. Die Privatisierung wird damit noch nicht rückgängig gemacht.
von Steffen Strandt, Berlin
1999 hatte die CDU/SPD-Regierung in Berlin die Wasserbetriebe zu 49,9 Prozent an den Energiekonzern RWE und an Veolia Wasser verkauft, also (teil)privatisiert. Die Verträge über diese Verkäufe wurden geheim abgeschlossen. Gegen die Privatisierung und für die Veröffentlichung der Geheimverträge hat die Bürgerinitiative „Berliner Wassertisch“ durch Unterschriftensammlungen erfolgreich einen Volksentscheid herbeigeführt, bei dem die BerlinerInnen am 13. Februar über die Veröffentlichung der Geheimverträge abstimmen können.
Ziel der Konzerne ist es, Profite zu machen. Diese Profite werden durch Preissteigerungen und Entlassungen erzielt. Von 2001 bis 2009 stieg der Preis für Wasser und Abwasser für Privathaushalte um 35 Prozent und liegt so im Vergleich mit anderen europäischen Städten an der Spitze. Von 1999 bis 2010 wurden die Arbeitsplätze in den Wasserwerken von 6.265 auf 5.283 zusammengestrichen.
Rückverstaatlichung mit der Linkspartei?
Seit 2002 ist die Partei DIE LINKE (damals PDS) als erklärter Privatisierungsgegner in der Regierungskoalition mit der SPD. Die Chance, die Geheimverträge zu veröffentlichen, die Privatisierung rückgängig zu machen und die Wasserbetriebe öffentlich zu verwalten, schien gekommen zu sein. Offiziell lehnt die Fraktion der Partei DIE LINKE weiterhin die Wasserprivatisierung ab, unternahm jedoch keine Schritte für eine Rückverstaatlichung und privatisierte gleichzeitig über 100.000 Wohnungen. 2004 unterschrieb Berlins Wirtschaftssenator Harald Wolf (DIE LINKE, damals PDS) Änderungen der Geheimverträge, die die hohen Gewinngarantien der Konzerne fortsetzten.
Nur durch massiven Druck von unten kann die Politik der Privatisierung gestoppt werden. Die Unterschriftensammlung des „Berliner Wassertisches“ hat das Thema im Bewusstsein gehalten und wieder auf die Tagesordnung gesetzt. Weil in Berlin keine Volksentscheide, die auf Änderungen des Haushaltes zielen, durchgeführt werden können, konnte die Initiative nur für die Veröffentlichung der Geheimverträge werben. Nachdem sich bereits der Erfolg der Unterschriftensammlung für einen Volksentscheid abzeichnete und die „tageszeitung“ vorab Dokumente veröffentlichte, wurden vom Senat einige Dokumente der Verträge, jedoch nicht alle, veröffentlicht. Dennoch ist der Volksentscheid weiterhin wichtig. Um gegen die Verträge (juristisch) vorgehen zu können, müssen auch alle Nebenabsprachen mit den Konzernen veröffentlicht werden; so kann festgestellt werden, wie genau die Profite der Konzerne zustande gekommen sind. Außerdem fordert der Volksentscheid, dass zukünftig nicht offengelegte Verträge oder Absprachen ungültig werden.
Wasserwerke unter öffentliche demokratische Kontrolle!
Die Folgen der Privatisierung zeigen deutlich, dass eine Wasserversorgung im Interesse der Menschen nicht mit den Profitinteressen der Konzerne vereinbar ist. Wer, wenn nicht die Beschäftigten und die VerbraucherInnen, kann am besten entscheiden, wie die Wasserversorgung organisiert werden soll? Die SAV fordert daher die demokratische Kontrolle und Verwaltung der öffentlichen Wasserwerke durch VertreterInnen von Beschäftigten und VerbraucherInnen, von gewählten GewerkschaftsvertreterInnen und Umweltverbänden. Dafür ist ein Kampf nötig, der sich gegen die Kapitalinteressen der Konzerne richtet. Der Volksentscheid ist ein erster Schritt in die richtige Richtung, dennoch sollte man sich nicht nur auf den parlamentarischen und juristischen Weg begeben. Gemeinsam mit den Gewerkschaften und den Beschäftigten der Wasserbetriebe muss entschlossen für eine demokratische Rückverstaatlichung gegen die Interessen der Konzerne gekämpft werden.
Auch Mitglieder der Linkspartei sollten sich, wie bereits in einigen Bezirksverbänden geschehen, gegen den Kurs ihrer Fraktion wenden und sich gegen die Privatisierung und gegen Regierungsbeteiligungen im Interesse des Kapitals aussprechen.