Stellungnahme der SAV Rostock
Liebe Genossinnen und Genossen,
Nach dem letzten Parteitag der LINKEN MV hat eine breite Debatte über die Zukunft der Partei eingesetzt. Diese Stellungnahme bezieht sich darauf und möchte einen Beitrag zum Aufbau einer kämpferischen, sozialistischen Partei leisten.
Ausgangslage
Der Wahlausschuss hatte vor dem Parteitag einen Listenvorschlag erarbeitet. Auf dem Parteitag selber, wurde dieser deutlich verändert. Durch Intervention der Landesspitze wurde herbeigeführt, dass der linke Flügel deutlich geschwächt wurde.
In der Partei wird nun von vielen AktivistInnen dieser Vorgang als undemokratisches Vorgehen gewertet. Bisher gängige Absprachen zwischen den Flügeln der Partei seien über den Haufen geworfen worden. Es besteht bei einem nicht unerheblichen Teil der Mitglieder die Befürchtung, dass ein neues „Politbüro“ Einzug hält, welches zentralistisch die Partei dirigiert. Als erste Reaktion auf die Vorkommnisse haben GenossInnen erklärt, dass sie sich nicht am Wahlkampf beteiligen werden oder gar mit dem Gedanken spielen, die LINKE zu verlassen.
Bewertung
Wir stimmen mit der obigen Einschätzung in dem Punkt überein, dass das Vorgehen verdeutlicht, dass der Flügel der uneingeschränkten Regierungsbefürworter um Bartsch und Bockhahn keine pluralistische Partei will. Auch wenn das Vorgehen auf dem Parteitag formal demokratisch war, ist das Wahlergebnis für die Liste dennoch Resultat von typischen Tricks und Intrigen. Eben das, was auch bei den bürgerlichen Parteien passiert und was die große Bevölkerungsmehrheit -vollkommen zu Recht- abstösst.
Die Verengung auf die „Demokratie-Frage“ in der Partei greift jedoch zu kurz. Warum hat die Parteispitze dies getan? Weil die „Reformer“ in MV wie auf Bundesebene genau wissen was sie wollen und wohin sich die Partei ihrer Meinung nach hin entwickeln soll.
Sie wollen eine Partei, die das verweiste sozialdemokratische Erbe der SPD aufgreift. Eine Partei, die sich auf die bessere Verwaltung des Kapitalismus konzentriert und für die „Demokratischer Sozialismus“ eine Worthülse bleibt. Das meint der Landesvorsitzende, wenn er in der OZ vom 21.5.11 vor „Luftschlössern“ warnt. Die Parteirechte will möglichst alle Forderungen beseitigen, welche einer Koalition mit der SPD im Wege stehen könnten. Vor dem Hintergrund der strukturellen Krise des Systems – unabhängig vom momentanen Aufschwung in der BRD der in absehbarer Zeit sein Ende finden wird – und den generellen Zwängen dieser Gesellschaft, kann eine Regierungsbeteiligung mit prokapitalistischen Parteien nur zu den negativen Resultaten führen, wie wir dies in MV, Berlin, Brandenburg und vielen Kommunen in der Vergangenheit gesehen haben. Diesem Ziel ordnet die Parteiführung alles unter, eben auch innerparteiliche Gepflogenheiten. Insofern denkt der rechte Flügel der Partei den Gedanken nur zu Ende. Darüber muss sich der linke Flügel in der LINKEN bewusst sein und eine eigene Strategie und Taktik diskutieren.
Welche Partei?
Die Spitze und der rechte Flügel kann sich bisher nur deshalb durchsetzen, weil der linke Flügel schwach ist und keine klare Alternative formuliert. Dies ist aber ganz zentral, entsteht doch sonst in der Öffentlichkeit der Eindruck, dass es auch der LINKEN nur um Postengeschacher und nicht um die Interessen der Arbeiterklasse geht.
Wie aber können die Interessen der Masse der Bevölkerung durchgesetzt werden? Bürgerliche Wahlen und Arbeit in Parlamenten hat zweifellos eine wichtige Bedeutung. Alle geschichtliche Erfahrung zeigt jedoch, dass jene linken Parteien scheiterten und entarteten, die sich darauf konzentrierten. Seien es die Sozialdemokraten oder die Grünen. Auch bei diesen Parteien gab es fast identische Debatten wie in unserer Partei. Die „Reformer“ setzen sich durch und der Charakter der Partei wandelte sich hin zu bürgerlichen Parteien.
Wir setzen uns für eine sozialistische, demokratische, plurale und offene Partei ein, die ihren Schwerpunkt darin sieht, durch Massenmobilisierungen auf der Straße, im Betrieb, an der Schule und in der Uni Veränderungen zu erkämpfen. Wir sind der Auffassung, dass die Arbeit in Parlamenten den außerparlamentarischen Mobilisierungen und Kämpfen untergeordnet werden muss.
DIE LINKE hat den Anspruch, als einzige Partei die Interessen von Erwerbslosen, Beschäftigten, RentnerInnen und Jugendlichen zu vertreten. Daraus folgt unter anderem, dass die MandatsträgerInnen der Partei sowohl ihren Mitgliedern als auch ihren UnterstützerInnen gegenüber rechenschaftspflichtig sein müssen und keine Privilegien oder Gehälter beziehen sollten, die sie materiell von den Menschen entfernen, die sie vertreten wollen. Wir setzen uns deshalb dafür ein, die Mandatsbezüge auf einen Lohn in Höhe eines durchschnittlichen Tariflohns zu begrenzen.
DIE LINKE ist Bezugspunkt für viele Menschen, weil sie die einzige große Partei ist, die auf Bundesebene den Krieg in Afghanistan, Hartz IV und die Rente mit 67 ablehnt. Wenn man für die Positionen kämpfen will, muss sich die Partei mit dem Kapital und ihren Vertretern in den Parteien von CDU, SPD. FDP und Grünen anlegen, anstatt auf weitere Beteiligungen an Regierungen mit den prokapitalistischen Parteien SPD und Grüne zu setzen. Wir wollen keine LINKE als soziales Korrektiv zur SPD, sondern eine grundlegend andere Partei als die etablierten Parteien. Die Erfahrungen in den Regierungsbeteiligungen in Berlin und Brandenburg zeigen, dass dadurch nicht die SPD nach links gerückt ist, sondern die LINKE sich dem Sozialabbau der SPD angepasst hat. Wir lehnen daher Beteiligungen an oder die Tolerierung von Regierungen mit SPD und Grünen ab. Der Eintritt in eine Regierung ist für DIE LINKE nur dann sinnvoll, wenn sie damit zur Mobilisierung der lohnabhängigen Bevölkerungsmehrheit, zur Verbesserung ihrer Lage sowie zur Überwindung der kapitalistischen Macht- und Eigentumsverhältnisse beitragen kann.
Wir stehen für eine Partei, die den Sozialismus nicht nur auf dem Papier einfordert, sondern sich als sozialistische Kraft präsentiert und eine Brücke schlägt von den Kämpfen gegen Schwarz-Gelb, für den sofortigen Ausstieg aus der Atomenergie, gegen Sozialabbau und lokalen Auseinandersetzungen zur Notwendigkeit einer sozialistischen Gesellschaft. Die Umfragen zeigen eine große Offenheit für Alternativen zu diesem System. Immer mehr Menschen verstehen, dass der Kapitalismus nur im Interesse einer Minderheit ist, die ihre Profite steigern will. DIE LINKE muss unmissverständlich deutlich machen, dass sie den Stalinismus ablehnt und für eine sozialistische Demokratie eintritt.
Nächste Schritte in MV
Um einen Schritt in diese Richtung zu unternehmen, schlagen wir Basistreffen in den Orten vor, um eine breite Diskussion -die nicht von den hauptamtlichen Funktionären dominiert wird- zu gewährleisten. Aus Sicht der Linken in der Partei ist es nötig, jetzt die Chance zu sehen, eine Opposition aufzubauen. Am Anfang muss eine grundlegende, programmatische Debatte stehen und es müssen Strukuren aufgebaut werden um der Parteispitze Paroli bieten zu können. Zudem sollte jetzt besprochen werden, wie der Wahlkampf dafür genutzt werden kann, deutlich zu machen, wie kämpferische, sozialistische Politik aussehen kann.