Große Beteiligung an Arbeitsniederlegungen und Demonstrationen
Hunderttausende Beschäftigte im öffentlichen Dienst haben am Donnerstag in Großbritannien ihre Arbeit aus Protest gegen die geplante Rentenreform niedergelegt. Nach Gewerkschaftsangaben blieben 80 Prozent der Schulen im ganzen Land und 75 Universitäten geschlossen. Auch Arbeitsämter und Gerichte waren von den 24stündigen Ausstand betroffen. An allen Flughäfen kam es zu Verzögerungen und Flugausfällen, weil die Beschäftigten der Einreisekontrolle streikten.
von Christian Bunke, Manchester
Die vier Gewerkschaften, die zum Arbeitskampf aufgerufen hatten, zählten 750000 Teilnehmer und zeigten sich mit der Wirkung mehr als zufrieden. Mark Serwotka, Generalsekretär der PCS, sprach von der »höchsten Streikbeteiligung«, die seine Gewerkschaft je gehabt hat. Die Regierung hätte sich viel Mühe gegeben, eine hohe Beteiligung zu verhindern, so Serwotka in der Tageszeitung The Independent. „Doch der heutige Tag hat gezeigt, dass die Leute mit ihren Füßen abgestimmt haben. Er ist eine klare Botschaft an die Regierung: Wir werden die Attacken auf unsere hart erarbeiteten Renten nicht tolerieren.“
Wenige Stunden vor Beginn des Ausstandes hatte Premierminister David Cameron die Eltern aufgefordert, ihre Kinder mit zur Arbeit zu nehmen, falls die Schulen geschlossen sind. Doch die meisten konnten dem nicht folgen und nahmen sich den Tag frei.
Zur Mittagszeit kam es im ganzen Land zudem zu Demonstrationen. Allein in London gingen mindestens 30000 Menschen auf die Straße. In anderen Städten waren es Tausende. Eine Internetumfrage der Tageszeitung The Guardian ergab, dass 70 Prozent der Bevölkerung den Streik unterstützen.
Die von der liberal-konservativen Regierung geplante Rentenreform sieht unter anderem eine Verlängerung der Lebensarbeitszeit vor. Künftig sollen Beschäftigte im öffentlichen Dienst nicht mehr bis zum 65., sondern bis zum 68. Lebensjahr arbeiten. Gleichzeitig ist geplant, den Rentenbeitrag der Beschäftigten um bis zu 50 Prozent zu erhöhen, während der Arbeitgeberanteil gesenkt werden soll.
Zudem könnte es empfindliche Pensionskürzungen geben. Zukünftig sollen die Renten nicht mehr anhand des letzten Gehaltes berechnet werden, statt dessen soll der Durchschnittsverdienst herangezogen werden. Das bedeutet für Beschäftigte teils drastische Einbußen. Gewerkschaften befürchten, dass sich die bereits grassierende Altersarmut, durch die Reform noch verschärfen könnte.
Nach Meinung der Gewerkschaften soll der Streik am Donnerstag Auftakt zu einer Serie weiterer Arbeitskämpfe sein. Unterstützung dafür könnten sie auch von Organisationen bekommen, die sich bisher nicht an den Aktionen beteiligt hatten. So gab die Transportarbeitergewerkschaft RMT auf ihrem zeitgleich abgehaltenen Gewerkschaftstag eine Solidaritätserklärung für die Streikenden ab. Im Hinblick auf anstehende Kämpfe von Eisenbahnern gegen Einsparungspläne der Regierung sagte RMT-Generalsekretär Bob Crow: „Wir werden unsere Kampagne mit Lehrern, Pflegekräften, Staatsangestellten und allen anderen, die dieses Land am Laufen halten, zukünftig abstimmen. Dazu gehören auch weitere Streiks.“