Die griechische PASOK-Regierung verabschiedete das größte Kürzungspaket in der Geschichte des Landes – die Antwort war einer der größten Generalstreiks des Landes.
Die Verabschiedung des milliardenschweren Kürzungspaketes mobilisierte Massen zum längsten Generalstreik in Griechenland seit 1992. Hintergrund dieses Kürzungspaketes ist die davon abhängige Auszahlung der nächsten Kredittranche von EU-Kommission, EZB (Europäische Zentralbank) und IWF (Internationaler Währungsfond). Überall in Griechenland beteiligten sich Beschäftigte verschiedenster Bereiche am Streik und den Demonstrationen.
von Krischan Friesecke, Berlin
Das Ausbluten Griechenlands
Am 28. und 29. Juni gab es in Griechenland den vierten Generalstreik des Jahres, seit Beginn der Kürzungsmaßnahmen der griechischen Regierung war es schon Nummer elf! Der Unterschied zu den vorrangegangen Generalstreiks im Februar, Mai und ebenfalls Juni war die Dauer, diesmal währte der kollektive Ausstand 48 Stunden. In allen größeren Städten des Landes gingen die Menschen auf die Straße, um gegen das insgesamt 78 Milliarden Euro schwere Sparpaket der PASOK-Regierung zu demonstrieren. Das Paket setzt sich aus 28 Milliarden Euro durch Kürzungen und Steuererhöhungen, sowie 50 Milliarden Euro durch Privatisierung von Staatsbesitz zusammen. Rechnet man das Sparpaket, das 2010 beschlossen wurde mit dazu, sollen auf Kosten der griechischen Bevölkerung allein 40 Milliarden Euro bis 2015 gekürzt werden. Und niemand weiß, ob die „Troika“ (EU-Kommission, EZB und IWF) Griechenland nicht noch weitere Sparpakete auferlegen werden.
Gekürzt werden sollen unter anderem 150.000 Beschäftigte im Öffentlichen Dienst, 1,74 Milliarden Euro im Gesundheitsbereich und 700 Millionen Euro öffentliche Investitionen. Die Mehrwertsteuer wird in verschiedenen Bereichen angehoben, sowie eine „Solidaritätssteuer“ ab Einkommen von 1.000 Euro Brutto eingeführt. Zahlreiche Staatsbetriebe sollen privatisiert werden, mit den bekannten negativen Auswirkungen auf die dort beschäftigten ArbeiterInnen. Zur Privatisierung des Staatsbesitzes wird ein „nationaler Vermögenfonds“ eingerichtet, der direkt der EU-Kommission unterstellt werden soll. Manch einer wird sich da an die Verscherbelung der DDR-Staatsbetriebe durch die bundesdeutsche Treuhand erinnern. Die 50 Milliarden Staatsbesitz, die jetzt der Privatisierung zum Opfer fallen, werden aber nur der Anfang des Ausverkaufs sein. Insgesamt hat Griechenland 300 Milliarden Euro an Staatsbesitz, auf den sich internationale Anleger mit Freude stürzen werden (ISW-Info).
Der Generalstreik und wie weiter
Der Generalstreik begann mit Demonstrationen in vielen griechischen Städten. Mehrere Zehntausend demonstrierten in Athen und versuchten das Parlamentsgebäude zu umzingeln, was durch Polizeikräfte mit Einsatz von Tränengas und Gummiknüppeln verhindert wurde. Der Syntagmaplatz sollte dauerhaft besetzt werden, wurde aber von der Polizei mehrmals brutal angegriffen und teilweise geräumt. In Thessaloniki demonstrierten über 10.000 Menschen gegen das Sparpaket. In Piräus blockierten ArbeiterInnen, wie schon beim Generalstreik am 15. Juni, den Hafen, einen der grüßten in Griechenland. Auf Lesbos demonstrierten über 1.000 Menschen, landesweit gab es mehrere Besetzungen öffentlicher Gebäude. Die Zentrale des staatlichen Energieunternehmens wurde besetzt, ebenso die nationale Fernseh- und Rundfunkanstalt. Rathausbesetzungen gab es unter anderem in Chania (Kreta) und auf der Insel Chios, in Xanthi (Nordgriechenland) wurde das Finanzamt besetzt. Immer wieder gab es gewalttätige Übergriffe der Polizei auf streikende Demonstranten, über 300 wurden verletzt.
Nachdem zweitägigen Generalstreik und dem verabschiedeten Kürzungspaket stellt sich die Frage: wie weiter? Mittlerweile elf Generalstreiks konnten die massive Kürzungs- und Privatisierungswelle der PASOK-Regierung nicht stoppen. Die Regierung setzt noch immer die Vorgaben von EU-Kommission, EZB und IWF um, zu Lasten der griechischen Bevölkerung. Es hat sich gezeigt, dass zeitlich begrenzte Generalstreiks, die von der Gewerkschafftsführung zum Dampf ablassen benutzt werden, aber nicht Teil einer wirklichen Kampfstrategie sind, in Griechenland nicht ausreichen. Xekinima, die griechische Schwesterorganisation der SAV, brachte schon zwei Wochen vor dem zweitägigen Generalstreik Forderungen und Positionen in die Bewegung ein, die eine Ausweitung über ein- oder zweitägige Generalstreiks hinaus aufwerfen