Vor dem Weltklimagipfel in Durban
Diesen Monat beginnt die 17. UN-Klimakonferenz. Auf der dritten Ende 1997 wurde das Kyoto-Protokoll beschlossen. Seitdem ist nichts Wesentliches passiert. Auch in diesem Jahr wird nichts beschlossen werden. Schwarze Realsatire.
von Torsten Steinbrecher, Potsdam
Von Ende November bis Anfang Dezember werden wie jedes Jahr Tausende Delegierte der 194 Vertragsstaaten der Klimarahmenkonvention zusammentreten, um die Klimakatastrophe gegen ökonomische Interessen aufzurechnen. Der letzte größere "Erfolg" dieser Konferenzen war das Ende 1997 beschlossene und gut sieben Jahre später in Kraft getretene Kyoto-Protokoll. Im südafrikanischen Durban wird es keine erhellenden Ergebnisse geben.
Ergebnisse von Kyoto
Das Kyoto-Protokoll legt befristet für den Zeitraum von 2008 bis 2012 eine länderspezifische Reduktion von sechs Treibhausgasen gegenüber dem Ausstoß 1990 fest. Im Schnitt sollen die Emissionen um 5,2 Prozent sinken. Sanktionen sind keine angedroht. So verwundert es denn nicht, dass der Kyoto-Prozess grandios im Scheitern begriffen ist.
Für China, das heute mehr CO2 ausstößt als die EU und die USA zusammen, wurde erst gar keine Beschränkung festgelegt. Einzelne Staaten wie Deutschland konnten ihre Ziele erreichen. Wer seine Treibhausgase weitgehend im Ausland ausstößt und sich gewinnbringende Investitionen in der neokolonialen Welt auf die eigene Bilanz anrechnen lässt, kann andere Staaten auf diese Weise von etwas Kyoto-Last befreien. Zum Beispiel Spanien, das sich im Gegenzug sogar eine Steigerung des Treibhausgas-Ausstoßes um 15 Prozent leisten durfte. Dieses Ziel wurde bislang übrigens deutlich überschritten.
Wie weiter nach Kyoto?
Was soll 2012 passieren, wenn nicht einmal die freiwilligen Selbstverpflichtungen von 1997 Bestand haben? Das ist die Frage, die auf den sechs vergangenen Konferenzen erörtert wurde und auch in Durban im Mittelpunkt steht. Die bisherigen Absprachen können auf die einfache Formel gebracht werden: Die Einsparziele bleiben erstmal weiterhin bestehen. Nicht mehr als das Eingeständnis, dass nichts erreicht wurde.
Die Wirtschaftskrise fällt wie programmiert genau in den Kyoto-Zeitraum ab 2008 – vielleicht aus bürgerlicher Sicht eine Entschuldigung für das Scheitern, ganz bestimmt aber keine gute Voraussetzung, neue schärfere Regelungen zu verabschieden. Möglicherweise werden sogar, begründet mit der ökonomischen Entwicklung, sämtliche Reduktionsziele fallengelassen.
Die Erderwärmung schreitet bislang ungebremst voran und wird dies ohne ein radikales Umsteuern auch in Zukunft tun. Selbst wenn Durban verhältnismäßig erfolgreich enden sollte – von den Klimakonferenzen wird dieses Umsteuern nicht ausgehen. Allein mit marktorientierten Maßnahmen wie globalem Emissionshandel und Förderung grüner Investitionen ist keine Klimakatastrophe aufzuhalten. Denn solche Mittel versuchen, zwei unvereinbare Interessen zu vereinen: Profitsteigerung auf der einen Seite, Umweltschutz auf der anderen. Ökologie soll wirtschaftlich attraktiv werden. Wie können jedoch jemals die Einstellung der Rüstungsproduktion, die Reduktion des Individualverkehrs, der Verzicht auf Einwegverpackungen und in der Folge auf Müllverbrennungsanlagen oder andere ökologisch notwendige Maßnahmen rentabel sein? Eine billige schmutzige Fabrik bleibt eine billige Fabrik. Staatliche Subventionen, die am Ende der lohnabhängigen Bevölkerung in Form von Sozialkürzungen fehlen, können die Verhältnisse nur kurzfristig etwas verschieben.
Eine langfristige Lösung wäre nur unter der Vorbedingung einer langfristig anderen Interessenlage denkbar: Die Hauptemittenten, die Großkonzerne der westlichen Welt und Chinas, gehören enteignet und von Klimaschutzverbänden, Gewerkschaften und der arbeitenden Bevölkerung im Interesse der gesamten Menschheit verwaltet.