In Griechenland regieren jetzt die Bankiers
Vorbemerkung:
Am 10. November 2011 haben sich unter Führung des griechischen Staatspräsidenten Karolos Papoulias die Führer der drei bürgerlichen Parteien im Parlament, Papandreou von der sozialdemokratischen PASOK und jetzt zurückgetretener Ministerpräsident, Samaras von der konservativen „Neuen Demokratie“ (ND) und Karatzaferis von dem rechtspopulistisch-rechtsextremen und ausländerfeindlichen „Volksorthodoxen Alarm“ (LAOS), darauf geeinigt, dass der ehemalige Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB) Lukas Papademos der neue griechische Regierungschef werden solle. Der von diesem zu bildenden so genannten Regierung der „nationalen Einheit“ gehören allerdings die beiden im Parlament vertretenen linken Parteien, die Kommunistische Partei Griechenlands (KKE) und das „Bündnis der Radikalen Linken“ (SYRIZA), nicht an, die auch eine Teilnahme an den Gesprächen mit dem Staatspräsidenten verweigerten. Die wichtigste Aufgabe dieses Regierungschefs, der ganz bewusst ein „Experte“ und kein Politiker mit Verankerung sein will, und der ihn stützenden Parteien wird die Verabschiedung und Umsetzung der mit der EU vereinbarten „Spar- und Reformbeschlüsse“ vom 26. Oktober sein, Kürzungsbeschlüsse, die die griechische Bevölkerung weiter in die Armut treiben werden. Oder in den Worten von Papademos: Die Regierung „wird die Einhaltung der Verpflichtungen des Landes garantieren“ und er ruft dazu auf, dass „das Verbleiben des Landes in der Eurozone nicht gefährdet wird.“ Kein Wunder, dass die bürgerlichen Medien voll des Lobes sind: „Der Ex-Bankier genießt international hohes Ansehen“ (Süddeutsche Zeitung, 11.11.2011).
Lukas Papademos: Die Bankiers sind nun auch formell in der Regierung
Jorgos Papandreou (der kürzlich zurückgetretene Regierungschef, Anm. d. Übers.) erwähnte in seiner Abschiedserklärung an das Volk, er habe es geschafft, dass „die Menschen über den Märkten“ stehen. Und er schlug als Ministerpräsidenten Lukas Papademos vor, einen Funktionsträger der Banken und Märkte par excellence.
von Takis Jannopoulos „Xekinima“, Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Griechenland
Welche volks- und arbeiterfeindliche Politik der letzten 25 Jahre wir auch betrachten, wir werden dahinter Papademos finden:
– 1985, als die Sparpolitik von Andreas Papandreou ( der Gründer der damals noch mit linker Rhetorik auftretenden, heute sozialdemokratischen PASOK und griechischer Ministerpräsident 1981-1989 und 1993-1996, der Vater des heutigen Jorgos Papandreou, Anm. d. Übers.) begann, war er in der Bank von Griechenland (das Pendent zur Deutschen Bundesbank, Anm. d. Übers.) tätig.
– 1989 war er in der Expertenkommission der Allparteienregierung von Xenofon Zolotas, ebenfalls Bankier. (Nachdem die PASOK-Regierung von A. Papandreou in einem Sumpf von Skandalen 1989 untergegangen war, wurde nach einem kurzen Zwischenspiel der gemeinsamen Regierung von „Neuer Demokratie“ (ND) und „Synaspismos“ (SYN), damals ein Bündnis zwischen der moskautreuen Kommunistischen Partei Griechenlands (KKE) und der „eurokommunistischen“ KP-Inland (KKE esoterikou), eine Allparteienregierung der drei im Parlament vertretenen Parteien PASOK, ND und SYN gebildet, Anm. d. Übers.) Diese Regierung Zolotas öffnete Kostas Mitsotakis von der ND den Weg an die Macht, nachdem sie private Mobiltelefongesellschaften erlaubt hatte.
– 8 Jahre war er Direktor der Bank von Griechenland bis 2002 und rechte Hand von Simitis. (Kostas Simitis war Nachfolger von Andreas Papandreou als Parteichef der PASOK, die er endgültig sozialdemokratisierte, und als Ministerpräsident von 1996 bis 2004, Anm. d. Übers.) Er war in vollständiger Kenntnis des Börsenskandals und Teilnehmer an dem Trick, damit Griechenland in die Eurozone eintritt.
– Er war Vizepräsident der Europäischen Zentralbank (EZB), die Teil der heutigen Troika ist (zusammen mit der Europäischen Kommission und dem Internationalen Währungsfond (IWF), Anm. d. Übers.) und – nicht zu vergessen – seit 2002 ohne zu murren Mitarbeiter bei allen volksfeindlichen Entscheidungen des französisch-deutschen Kapitals.
– Und das „Kirschchen auf der Torte“: 2010 unbezahlter Wirtschafts- und Finanzberater von Jorgos Papandreou.
Ein Schätzchen also…
Und ein Mann mit Prinzipien…
Kürzlich erst erklärte er in einem Artikel in der Zeitung „To Vima“, dass der mit dem Abkommen von Brüssel (vom 26. Oktober zwischen griechischer Regierung und EU, Anm. d. Übers.) beschlossene Schuldenschnitt zum Bankrott des Landes führen werde. Und bevor der Hahn dreimal krähte, kaum war er Ministerpräsident geworden, trat er als Garant des Abkommens auf! Ein wirklich würdiger Vertreter der Troika und des Kapitals. Ein Ausdruck der „Qualität“ und der „Moral“ von PASOK-ND-LAOS, die, nachdem sie Alles verspeist haben, vom griechischen Volk verlangen, die Rechnung zu bezahlen.
Das Volk muss seine Rechnungen mit diesen „Herren“ begleichen. Jorgos Papandreou war nur der Anfang. Papademos wird die Fortsetzung sei, insbesondere, wenn er seinen Aufenthalt an der Macht ausdehnen will. Die Massenmedien sprechen ihn ja schon heilig, während auch eine Meinungsumfrage veröffentlicht wurde, die ihn so darstellt, dass er den Abstand zwischen PASOK und ND auf 2 % verkürze. (Bei einer Umfrage vom 27.10.2011 stimmten für die PASOK 14,7 % – es waren bei den letzten Parlamentswahlen 2009 noch 43,9 % -, für die ND 22,2 % – 2009 waren es noch 33,5 %, Anm. d. Übers.)
Alle reaktionären Maßnahmen stehen bevor: Tausende von Entlassungen im öffentlichen und privaten Sektor, neue Lohn- und Rentenkürzungen, Ausverkauf öffentlichen Eigentums, Steuergesetze usw.
Die Regierung der Zusammenarbeit des Kapitals mit ihren politischen Kellnern und extremen Rechten in Schlips und Kragen wird in Kürze eine weitere verhasste Regierung werden. Mit dem Bankier Papademos an der Spitze, mit Dimas (der bereits in der Allparteienregierung 1989 war) und Avramopoulos von der ND, den „mutigen Burschen“ von LAOS und natürlich den erstklassigen Funktionären der PASOK, mit Benis und den anderen Jungs, die nicht verstehen, dass die Bewegung, wenn sie ruft, „wir wollen sehen, wer als erster den Helikopter besteigt“, dies auch meint. (Dies war eine beliebte Parole beim 48stündigen Generalstreik vom 19./20. Oktober 2011 und den dortigen Demonstrationen. Die Besteigung des Helikopters meint die Flucht vor dem Volk, Anm. d. Übers.)
Übersetzung aus dem Neugriechischen von Hubert Schönthaler