Ferienkommunismus und Flucht vor Kapitalismus alljährlich für 4 Tage – seit 1997 treffen sich Tausende auf einer ehemaligen Militärbasis und feiern eine andere Gesellschaft.
Waren es 2004 15.000 Besucher, kamen letztes Jahr 55.000 zusammen und die Organisatoren versuchen seit 2010 den Ansturm unter Kontrolle zu kriegen. So limitierten sie 2010 erstmals den Kartenverkauf auf 53.000 und ausschließlich im Vorverkauf – dieses Jahr gab es Karten nur im Losverfahren.
In der Vorstellung steht : „So verschieden wie die Menschen, die sich hier zusammenfinden, ist das, was sie hier suchen und erleben. Was sie vereint, ist die Freiheit, sein zu können wie sie sein wollen: Zwanglos und unkontrolliert. Fernab des Alltags entsteht für vier Tage eine Parallelgesellschaft der ganz speziellen Art. […] Weil es aber keinen Ort nirgends gibt, wo die Menschen frei sind, ist es gerade die Vereinigung der FusionistInnen aller Länder und der Ferienkommunismus, der uns spüren lässt, dass wir mehr wollen, als das, was uns in diesem Leben geboten wird. Nämlich alles und zwar sofort !”
Essen, Trinken, Schlafen, Waschen
Gewerbetreibende Stände dürfen nur veganes oder vegetarisches Essen anbieten, die Preise sind für Festivals moderat. In der Nähe des Geländes gibt es einen Supermarkt, selten für den Ansturm gewappnet – aber für den Notfall super. Die Besucher können sich ansonsten ihre eigene Verpflegung mitbringen – Fleischesser müssen nicht im stickigen Zelt, des Nachts ihrer Gewohnheit nachgehen. Es herrscht Toleranz ihnen gegenüber.
Neben den Massen an Dixie-Klos, gibt es normale Klos – für ein kleines Entgeld, der absolute Hit ist sicher die Fusionella, mit der Frauen auch im stehen pinkeln können. Kalt-und Warmduschen gewährleisten die Körperhygiene.
Eintritt, “Arbeitsamt” und soziales Gefüge
Der Eintritt dieses Jahr beträgt 70€, im Vergleich zu den großen commerziellen Festivals, wie Rock am Ring 160€ oder Hurrican 130€, ein Pluspunkt. Für all diejenigen, die die 70€ nicht aufbringen können, können beim sogenannten “Arbeitsamt” sich anmelden und verschiedenste Hilfsarbeiten verrichten – von Security, zu Einlass oder Müllsammlung ist alles dabei, wobei das Organisationsteam hilfe braucht. Ein Arbeitstag dauert 6 Stunden.
Auf den ersten Eindruck klingt es einleuchtend, aber denkt man an den Anspruch der Veranstalter – von der kapitalistischen Gesellschaft Urlaub zu machen und eine andere Gesellschaft leben zu wollen – passt dieses Konzept kaum rein. Das zeigt schon, dass man der kapitalistischen Gesellschaft nicht ganz entfliehen kann. Das “Arbeitsamt” lässt bei vielen auch schlechte Erinnerungen wach werden.
Nazis, Thor Steinar und Security
“National gesinntes Gesindel und ewig Gestrige jeglicher Couleur haben keinen Zutritt und müssen draußen bleiben. Damit dies auch durchgesetzt wird, fordern wir euch auf, die Augen und Ohren offen zu halten und gemeinsam dafür zu sorgen, dass alle, die eindeutig! als solche erkannt werden, nicht weiter unerkannt mitfeiern können, sondern kompromisslos raus fliegen. Dafür haben wir eine durchsetzungsfähige Security, an die ihr euch bei Bedarf wenden könnt. […] WATCH OUT! Auch auf der Fusion ist das Tragen dieser und ähnlicher Klamotten, die noch so peinlich codiert völkischen oder deutsch-nationalen Lifestyle transportieren, absolut unerwünscht!”
Dem ist nur noch hinzu zu fügen, dass der besagten Security auch homophobe, rassistische, sexistische und jegliche andere Diskrimierung gemeldet werden kann und diese den Anspruch haben, sich um das Problem zu kümmern.
Die Fusion gehört sicher zu den wenigen größeren Festivals, wo auch Frauen sich etwas freier bewegen können. Bedenke man Nachrichten der letzten Jahre, wo beispielsweise auf dem “Rock am Ring” Festival täglich bis zu 200! Vergewaltigungen gemeldet wurden.
Keine Sinnentleerung!
Die Organisatoren geben sich mit Selbstverständnis und Webseiten und Ticketlayout einen Kommunismus-Anschein. Verschiedene Symboliken lehnen sich positiv an die UdSSR an – “Fusion” wird mit kyrillischen Buchstaben geschrieben, Plakate von 2003 und ab 2008 zeigen eine Rakte im Weltall – die UdSSR schickte als erste Nation einen Menschen in den Weltall.
Dieses Jahr jedoch ist Lenin dran. Soll Lenin den Weg von Che Guevara gehen, der mit eigenem Antlitz auf Bierflaschen, T-Shirts, Plakaten, Tassen, Unterhosen sinnentleert wird? – als KommunistIn kann man da nur den Kopf schütteln und sagen “Lasst Lenin frei!” Nica