Nein zu Spardiktaten und Nationalismus
dokumentiert: Erklärung zur Rundreise von Kolleginnen und Kollegen von verschiedenen Betrieben und Gewerkschaften
Ein in der Geschichte der Europäischen Union bisher einmaliges Sparprogramm hat Millionen Griechen in bittere Armut gestoßen. Der Hunger ist zurückgekehrt, das Gesundheitswesen zusammengebrochen. Allein in Athen sind über 250.000 Menschen auf die Suppenküchen der Kirche angewiesen, um zu überleben. Die Krankenkassen sind pleite. Sie können ihre Rechnungen bei Ärzten und Apotheken nicht mehr zahlen. Immer öfter müssen Patienten für Medikamente und ärztliche Behandlung selber aufkommen. Wer dazu nicht in der Lage ist, wie Hunderttausende, bleibt von der medizinischen Versorgung ausgeschlossen.
Während die Lohn-, Gehalts- und Verbrauchssteuern stiegen, wurden die Arbeitslosenhilfe auf 360 Euro im Monat zusammengestrichen und die Bezugsdauer auf ein Jahr gekürzt. Danach bleibt nur die Unterstützung durch Familienangehörige oder der Gang zu den humanitären Suppenküchen. Bei denen, die noch Arbeit haben, wurden die Löhne um bis zu 50 Prozent gesenkt. Der Mindestlohn wurde von 750 auf 590 Euro reduziert.
Die griechische Eisenbahn und die Agrarbank werden privatisiert. Weitere Privatisierungen sollen folgen – faktisch das gesamte griechische Staatseigentum soll internationalen Finanzinvestoren und Konzernen zum Kauf angeboten werden.
Zur Durchsetzung der Spardiktate wurden die griechische Verfassung gebrochen, die Rechte des Parlaments ausgehebelt und die Tarifautonomie beseitigt. Den Gewerkschaften wurde verboten, Lohnerhöhungen zu vereinbaren, solange die Arbeitslosigkeit nicht auf unter 10 Prozent gesunken ist. Die Abwälzung der Krisenlasten auf die Bevölkerung verträgt sich nicht mit den parlamentarischen Spielregeln und mit den Rechten, die den Lohnabhängigen und ihren Gewerkschaften in der Vergangenheit gewährt wurden.
Griechenland wurde zum Experimentierfeld für die Umsetzung der kapitalistischen Krisenlösung, wie sie vor allem von der Bundesregierung mit dem „Europäischen Fiskalpakt“ vorangetrieben wird. Die Regierungen in Italien und Spanien folgten mit ihren Sparprogrammen dem griechischen Vorbild. Das Krisenlösungsmodell lautet: Um Investoren, Kapitalanleger, große Vermögensbesitzer und deren Banken zu retten, werden die Krisenlasten der breiten Bevölkerungsmehrheit aufgebürdet. Die Propaganda von den „faulen Griechen“ und den „Südländern, die auf unsere Kosten leben“, soll davon ablenken. Dem wollen wir entgegentreten.
Wir haben beschlossen, als Zeichen der Solidarität nach Griechenland zu fahren. Wir wollen uns selbst ein Bild machen von den verheerenden sozialen Zuständen. Wir wollen Kontakte vertiefen und neue aufbauen mit denjenigen, die sich seit zwei Jahren gegen die von der Troika verordneten Spardiktate zur Wehr setzen. Wir wollen ihnen zeigen, dass es auch im relativ ruhigen Deutschland KollegInnen gibt, die sie unterstützen. Nach unserer Rückkehr werden wir die gewonnenen Erfahrungen weitergeben – damit die Idee der grenzübergreifenden Solidarität stärker wird und sich ausbreitet.
Heute die griechische Bevölkerung, morgen wir – der Krisenlösung von Oben die Solidarität von Unten entgegensetzen
Wir bitten um Spenden für griechische KollegInnen, die unsere Hilfe in ihrem Kampf benötigen.
Über die Verwendung der gespendeten Gelder werden wir öffentlich berichten.
Spendenkonto:
Manfred Klingele-Pape, Konto-Nr: 1211 478 910, Hamburger Sparkasse (BLZ 200 505 50)
Verwendungszweck: Griechenland-Soli
DelegationsteilnehmerInnen:
Fritz Klein, Betriebsrat S-Bahn Berlin, EVG – Peter Polke, Betriebsrat S-Bahn Berlin, EVG – Andreas Hesse, Berlin, ver.di FB 8 – Erich Bauer, AlternativeMetaller, Daimler, Kassel – Wilfried Dreßler, IGM Salzgitter, DGB-KV Wolfenbüttel-Süd, Landesvorsitzender Niedersachsen DFV – Matthias Grzegorczyk, ver.di, Betriebsrat American Apparel, Düsseldorf – Manfred Klingele, GEW, Hamburg – Rolf Becker, ver.di, Hamburg – Nadja Rakowitz, Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte – Rainer Thomann, Gewerkschaft Unia, Zürich – Peter Haumer, Gewerkschaft Privat Angestellter, Wien – Anna Leder, Gewerkschaft Handel Transport Verkehr, Wien – Milenko Sreckovic, Pokret za slobodu/Freiheitskampf, Belgrad – Zoran Gocevic, Beschäftigter Pharmaceutical Factory from Belgrade ─ Wilfried Dreßler (IGM Salzgitter, DGB-KV Wolfenbüttel-Süd, Landesvorsitzender Niedersachsen DFV)
UnterstützerInnen:
Arbeitskreis Internationalismus in der Verwaltungsstelle IGM Berlin – ver.di FB 8, Ortsvorstand Hamburg – LabourNet Germany – Rainer Knirsch, ehrenamtlicher Bildungsreferent, IGM Berlin – Benedikt Hopmann, Rechtsanwalt, IGM Berlin – Hüseyin Akyurt, IGM Berlin – Günter Triebe, IGM Berlin – Georg Wäsler, ver.di, München – Münir Derventli, Drucker, ver.di FB 8, München – Dr. Hans See, Wirtschaftswissenschaftler und Herausgeber der Zeitschrift Business Crime Control – Karl Heinz Roth, Stiftung für Sozialgeschichte des 20. Jahrhunderts – Friedensgruppe-Nordheide ─ Jour Fixe Gewerkschaftslinke Hamburg, Vorbereitungsgruppe ─ Hannes Wader, Liedermacher ─ Werner Rügemer, Publizist ─ Erasmus Schöfer, Autor, VS/verdi, PEN ─ Liste LINKS an der Universität Hamburg ─ harte zeiten-junge sozialisten und fachschaftsaktive an der Universität Hamburg ─ Lars Hill, Arbeiter im Krankenhaus, Kaufungen ─ Konstantin Wecker, Liedermacher ─ Norman Paech, Völkerrechtler an der Universität Hamburg, GEW ─ SDS, HAW Hamburg, Eberhard Rondholz, Griechenland-Korrespondent und Autor,