Der britische Premierminister David Cameron kann sich über vieles ärgern: Der Gewerkschaftsdachverband hat gerade über einen Generalstreik gegen seine Kürzungspolitik debattiert, der Koalitionspartner vergrault seine gesamte Wählerbasis … Bestimmt hat er gedacht, dass er sich zumindest bei der Olympia-Eröffnung als elder statesman darstellen kann. Aber auch die Woche wurde ihm versauert: Die dritte Veröffentlichung von Plan B, der Soundtrack zum Film Ill Manors, hat auf Platz 1 gechartet. Und schon lief im Radio ständig: Weve had it with you politicians, you bloody rich kids never listen und Dont bloody give me that Ill lose my temper, who closed down the community centre?
von David Schultz aka Holger Burner, Hamburg
Es wird viele Leute, die Plan B mit seinem zweiten Album The Defamation Of Strickland Banks kennengelernt haben, musikalisch vor den Kopf gestoßen haben, nach einem NeoSoul-Album plötzlich eins mit harten britischen Beats zu hören.
Riots
Aber diese Rückbesinnung auf den Sound, den Plan B schon 2006 gemacht hat, ist die ideale Umgebung für die Geschichten aus dem Britannien der Krise. Und eine schöne Abrechnung mit den ganzen Mainstream-Medien, die bei den Riots mit dem Finger auf die Kids in den britischen Arbeitervierteln gezeigt haben, statt auf die Profiteure der Krise und die Regisseure der Verarmungspolitik.
Keep on believing what you read in the papers, council estate kids, scum of the earth.
Think you know how life on a council estate is. From everything youve ever read about it or heard.
Aber auch was die Riots betrifft, hat Plan B bessere Vorschläge:
Lets go looting, no not Luton. The high streets closer, cover your face.
And if we see any rich kids on the way, well make em wish they stayed inside.
Da in Luton schon seit der Werkschließung von Vauxhall im Jahr 2000 nichts mehr zu holen ist, eigentlich ein ganz guter Vorschlag. Und selten aus dem Mund eines Popstars …
Plan B – ill Manors. from Rokkit on Vimeo.
Soundtrack
Ill Manors ist der Soundtrack für einen Film, den Plan B gedreht hat. Aber man muss den Film nicht gesehen haben, um zu verstehen, welche Realität die Songs abbilden. Zumindest diejenigen, die komplette Musikstücke sind es gibt auch viele beatunterlegte Filmausschnitte und Skits, die allein nicht nachvollziehbar sind. Aber alleine das Video zum Titeltrack ist schon genial, ein großartiges Zusammenspiel von Texthöhepunkten und Szenenschnitten. Funktioniert aber auch ohne das Video als hervorragender Demo-Track!
Ill Manors
Zurück zu den Inhalten: Es ist vielleicht nicht besonders innovativ C.R.E.A.M. vom Wu-Tang-Clan lyrisch verändert zu rappen, aber die Umsetzung
Drugs rule everything around me
Thugs makin money
My manor manors Ill yall, Ill yall
im Track I Am The Narrator ist einfach gelungen und das gute ist eben die Mischung, er erzählt von den Verhältnissen im Mikrokosmos der Viertel, wo du entweder arbeitslos oder Ticker bist, ohne dabei die Ebene der Reichen und Mächtigen außen vor zu lassen.
As for Jake, hes already made his decision
And now hes just another poster boy
For David Camerons Broken Britain. (Playing With Fire)
What you looking at, you little rich boy?
Also: Man sollte von Plan B keine Anleitung zu politischen Strategien erwarten, auch als Regisseur ist er kein Ken Loach aber es ist schön zu sehen, dass die miserablen sozialen Verhältnisse im Kapitalismus zumindest so weit offensichtlich sind, dass sie auch in der Popmusik Eingang finden. Und Ill Manors ist in der Hinsicht ein wenig wie eine Neuauflage von Paper Planes von M.I.A. nur dass das Filmäquivalent nicht wie Slumdog Millionaire in Indien spielt, sondern in der ehemaligen Kolonialmacht Indiens. Denn zumindest bei Armut kann man ja von Globalisierung sprechen.
Und vielleicht kriegt ja auch einer der Plattenbosse von Warner, die an dem Album leider ebenfalls reicher werden, irgendwann auf der Straße ein What you looking at, you little rich boy? zu hören eine schöne Vorstellung!