Plan B, Ill Manors: „What needs fixing is the system, …

Foto: flickr.com/fotokiosk CC BY-NC-ND 2.0

Der britische Premierminister David Cameron kann sich über vieles ärgern: Der Gewerkschaftsdachverband hat gerade über einen Generalstreik gegen seine Kürzungspolitik debattiert, der Koalitionspartner vergrault seine gesamte Wählerbasis … Bestimmt hat er gedacht, dass er sich zumindest bei der Olympia-Eröffnung als elder statesman darstellen kann. Aber auch die Woche wurde ihm versauert: Die dritte Veröffentlichung von „Plan B“, der Soundtrack zum Film „Ill Manors“, hat auf Platz 1 gechartet. Und schon lief im Radio ständig: „We‘ve had it with you politicians, you bloody rich kids never listen“ und „Don‘t bloody give me that I‘ll lose my temper, who closed down the community centre?“

von David Schultz aka Holger Burner, Hamburg

Es wird viele Leute, die „Plan B“ mit seinem zweiten Album „The Defamation Of Strickland Banks“ kennengelernt haben, musikalisch vor den Kopf gestoßen haben, nach einem NeoSoul-Album plötzlich eins mit harten britischen Beats zu hören.

Riots

Aber diese Rückbesinnung auf den Sound, den „Plan B“ schon 2006 gemacht hat, ist die ideale Umgebung für die Geschichten aus dem Britannien der Krise. Und eine schöne Abrechnung mit den ganzen Mainstream-Medien, die bei den Riots mit dem Finger auf die Kids in den britischen Arbeitervierteln gezeigt haben, statt auf die Profiteure der Krise und die Regisseure der Verarmungspolitik.

„Keep on believing what you read in the papers, council estate kids, scum of the earth.

Think you know how life on a council estate is. From everything you’ve ever read about it or heard.“

Aber auch was die Riots betrifft, hat „Plan B“ bessere Vorschläge:

„Let’s go looting, no not Luton. The high street’s closer, cover your face.

And if we see any rich kids on the way, we’ll make ’em wish they stayed inside.“

Da in Luton schon seit der Werkschließung von Vauxhall im Jahr 2000 nichts mehr zu holen ist, eigentlich ein ganz guter Vorschlag. Und selten aus dem Mund eines Popstars …

Plan B – ill Manors. from Rokkit on Vimeo.

Soundtrack

„Ill Manors“ ist der Soundtrack für einen Film, den „Plan B“ gedreht hat. Aber man muss den Film nicht gesehen haben, um zu verstehen, welche Realität die Songs abbilden. Zumindest diejenigen, die komplette Musikstücke sind – es gibt auch viele beatunterlegte Filmausschnitte und Skits, die allein nicht nachvollziehbar sind. Aber alleine das Video zum Titeltrack ist schon genial, ein großartiges Zusammenspiel von Texthöhepunkten und Szenenschnitten. Funktioniert aber auch ohne das Video als hervorragender Demo-Track!

Ill Manors

Zurück zu den Inhalten: Es ist vielleicht nicht besonders innovativ „C.R.E.A.M.“ vom Wu-Tang-Clan lyrisch verändert zu rappen, aber die Umsetzung

„Drugs rule everything around me

Thugs makin’ money

My manor manor’s I’ll ya’ll, I’ll ya’ll“

im Track „I Am The Narrator“ ist einfach gelungen – und das gute ist eben die Mischung, er erzählt von den Verhältnissen im Mikrokosmos der Viertel, wo du entweder arbeitslos oder Ticker bist, ohne dabei die Ebene der Reichen und Mächtigen außen vor zu lassen.

„As for Jake, he’s already made his decision

And now he’s just another poster boy

For David Cameron’s Broken Britain.“ (Playing With Fire)

„What you looking at, you little rich boy?“

Also: Man sollte von „Plan B“ keine Anleitung zu politischen Strategien erwarten, auch als Regisseur ist er kein Ken Loach – aber es ist schön zu sehen, dass die miserablen sozialen Verhältnisse im Kapitalismus zumindest so weit offensichtlich sind, dass sie auch in der Popmusik Eingang finden. Und „Ill Manors“ ist in der Hinsicht ein wenig wie eine Neuauflage von „Paper Planes“ von M.I.A. – nur dass das Filmäquivalent nicht wie „Slumdog Millionaire“ in Indien spielt, sondern in der ehemaligen Kolonialmacht Indiens. Denn zumindest bei Armut kann man ja von Globalisierung sprechen.

Und vielleicht kriegt ja auch einer der Plattenbosse von Warner, die an dem Album leider ebenfalls reicher werden, irgendwann auf der Straße ein „What you looking at, you little rich boy?“ zu hören – eine schöne Vorstellung!