Bericht von der Aktivierungskonferenz
von Cho Marx, Hildesheim
Nachdem der größte Naziaufmarsch Europas in Dresden schon dreimal hintereinander blockiert wurde, ist davon auszugehen, dass die Faschisten Magdeburg als bundesweit zentralen Trauermarsch im Januar etablieren wollen. Zwar waren in Magdeburg 2012 mit ca. 1000 Rechten nicht annähernd so viele Teilnehmer des „Trauermarsches“ zu verzeichnen wie in Dresden 2011 (6000), aber die Teilnehmerzahl des nun schon seit zwölf Jahren stattfindenden Spektakels steigt stetig an. Das könnte den schwächelnden Aufmarsch in Dresden ablösen. Obwohl die antifaschistischen Proteste 2012 besser organisiert und größer waren als zuvor, konnte der Aufmarsch nicht ernsthaft gestoppt werden. Dies hat zwei Hauptursachen; 1. Ist das Polizeiaufgebot und die direkte Repression im Vergleich zur proportionalen Anzahl der Blockierer in Dresden wesentlich höher. 2. Mobilisierte das bürgerliche Bündnis gegen Rechts zu einer „Meile der Demokratie“ fernab vom Geschehen, wodurch nicht nur potenzielle BlockiererInnen abgeworben wurden, sondern es auch keinen gemeinsamen Kampf und keine Solidarisierung gab. Die eigentlichen BlockiererInnen standen von gesellschaftlich relevanten Gruppen fast isoliert da, weshalb sie leichte Beute für Polizei und Medien waren.
Warum „Trauermärsche“ so scheiße sind
Der Großteil der „Trauermärsche“ findet im geschichtsrevisionistischen Zusammenhang statt. Angeblich sei in diesem Zusammenhang das Dritte Reich ausschließlich Opfer der Alliierten gewesen, weil diese das Reich gnadenlos zerbombt hätten. Dass Nazi-Deutschland allerdings den 2. Weltkrieg begonnen und Millionen von Menschen auf den Gewissen hatte, wird nicht nur gekonnt verschwiegen, sondern es wird sogar noch versucht, die Schuldfrage auf die Alliierten zu lenken. Die tausende zivilen Opfer, die auch auf „deutscher“ Seite umkamen, werden nun von den Nazis für ihre Propaganda instrumentalisiert. Oft wird von den Nazis der Begriff „Bombenholocaust“ verwendet, welcher den eigentlichen Holocaust relativieren und die Konterangriffe der Alliierten dämonisieren soll. Auf solchen Aufmärschen sammeln sich allerdings nicht nur klassische Nazis aus der NPD, den Kameradschaften oder „Autonome“ Nationalisten, sondern es tummeln sich dort allerhand Menschen, unter anderem Verschwörungstheoretiker und Anhänger rassistischer Volksgemeinschaften, und Gruppen aus Vertriebenenverbänden, Heimatverbänden und anderen rechtskonservativen Organisationen. Sie fordern ein neues Reich in den Grenzen von 1937 zurück. Die „Trauermärsche“ dienen besonders als Schmelztiegel des neonazistischen Spektrums, wo man sich nicht nur ausgetauscht kann, sondern auch gemeinsame Erfolge zu erkämpfen versucht. Daher ist es umso bezeichnender, dass sich Vertreter der „freiheitlich-demokratischen Grundordnung“ bzw. „bürgerlich-demokratischen Mitte“ inhaltlich wie auch örtlich meist nur wenig entfernt in die gleiche Kerbe schlagen, um den Opfermythos aufrechtzuerhalten.
Aktivierungskonferenz
Am 27.10 fand die Aktivierungskonferenz des Bündnisses Magdeburg Nazifrei in der Hochschule Magdeburg statt. Es fanden sich 70 TeilnehmerInnen ein, die größtenteils aus Sachsen-Anhalt waren. Neben Workshops zur Extremismustheorie mit Prof. Wippermann (FU Berlin) und NSU (Markus Bernhardt, Journalist) fanden auch Kurse zur Selbstverteidigung und Rechtsgrundlagen sowie Aufklärung über die örtliche Naziszene und den Geschichtsrevisionismus statt. Getragen wurde die Konferenz besonders von örtlichen Antifaschisten, Studenten, FAU, Linksjugend Solid und Linke.SDS. Abgesehen von der Vorbereitung der Resolution und der Podiumsdiskussion zum Abschluss unter anderem mit Axel Roth vom Bündnis Dresden Nazifrei, gab es kaum Diskussionsmöglichkeiten, wie man taktisch bisher bestehende Grenzen überwinden kann, besonders im Umgang mit dem bürgerlichen „Antifaschismus“. Die Forderung nach einer Mobilisierungsveranstaltung für GewerkschafterInnen konnte nur unverbindlich durchgesetzt werden. Negativ aufgefallen ist bei der Konferenz besonders die MLPD. Nachdem MLPDler schon im ersten Workshop (Extremismustheorie) ein sehr aufbrausendes Verhalten an den Tag legten, den Dozenten und Teilnehmern ständig ins Wort fielen und diese sogar noch teilweise persönlich angriffen, verließen sie nach dem ersten Workshop die Konferenz. Trotz Nachholbedarfs wurden die ersten wichtigen Schritte getan. Insgesamt war die Konferenz aber ein Erfolg.
Wie muss es weiter gehen?
Auffällig ist, dass das Interesse von AntifaschistInnen außerhalb Sachsen-Anhalts an der Konferenz sehr gering war. Hier müssen in den umliegenden Bundesländern Mobilisierungsveranstaltungen organisiert und Konzepte vom Bündnis Dresden Nazifrei aufgegriffen werden. Hierbei ist es wichtig, dass diese Veranstaltungen in Kooperation mit örtlichen Kulturzentren und Gewerkschaften stattfinden, um eine breite und starke Mobilisierung zu erreichen. Außerdem ist es sehr wichtig, zu versuchen Busse bereitzustellen, sonst werden bereits viele AntifaschistInnen von der Polizei auf Bahnhöfen abgefangen und umgeleitet. Besonders Gewerkschaften und DIE LINKE sind hier in der Pflicht. Abgesehen davon, dass Nazis seit 1933 für unzählige Morde an Kommunisten, Sozialisten und Gewerkschafter verantwortlich sind, versuchen sie auch noch die soziale Frage den Linken abzunehmen und sie völkisch-nationalistisch aufzuladen. Gerade in Krisenzeiten, in denen der Sozialstaat noch mehr als schon ohnehin abgebaut wird (besonders wegen der „Schuldenbremse“und „Hartz 4“), nutzen die Faschisten die sozialen Ängste und Nöte der Menschen zu Propagandazwecken aus. Besonders in Ungarn und Griechenland ist die Gefahr groß. In Ungarn beispielsweise hat sich die Jobbik zur drittgrößten Partei mit nationalistischen Forderungen und Propaganda gegen Juden, Sinti und Roma vorgekämpft. Während die paramilitärische „Ungarische Garde“ Jagd auf Sinti, Roma, Juden und Linke macht, schaut der Staat nicht nur zu, sondern lässt den Beschluss von rassistischen Gesetzen durch die rechtskonservative Regierung von Orban zu. Zeitgleich konnte infolge der Durchführung des sozialen Kahlschlags in Griechenland die „Goldene Morgenröte“, welche der NSDAP sehr ähnelt, innerhalb von zwei Jahren ihren Zuspruch von vier auf 15 Prozent steigern. Massiv dazu beigetragen hatte nicht nur der Rassismus, der von bürgerlichen Parteien durch staatliche Medien verbreitet wurde, sondern auch die sektiererische und nationalistische Haltung der stalinistischen KKE (die eine aktive Massenbasis innehat), was die antifaschistische und die Arbeiterbewegung schwächte. Statt die Übergriffe und die faschistische Propaganda etc. zu stoppen, toleriert der bürgerliche Staat nicht nur die Nazis, sondern unterstützt sie auch mit Geldern, rassistischer Hetze, Standortlogik und Genehmigungen von öffentlichen Aktionen. Für die Kapitalisten sind die Faschisten ein probates Mittel, um eine selbstbewusste Arbeiterbewegung inhaltlich und physisch anzugreifen und zu zerschlagen.
Wenn sie marschieren werden wir blockieren!
- Aufruf unterzeichnen!
- An das Bündnis spenden!
- Nach Magdeburg mobilisieren!
- Fünf Freunde mitnehmen und erfolgreich die Nazis blockieren!
Broschüre – Stoppt Nazis und Rassisten
Buch – Volksgemeinschaft statt Kapitalismus? Zur sozialen Demagogie der Nazis