Indien: Aufstand gegen Vergewaltigungen

Foto: http://www.flickr.com/photos/ramesh_lalwani/ CC BY-NC 2.0

Widersetzt euch sexueller Gewalt

Hier veröffentlichen wir eine Übersetzung des Flugblatts der indischen Sektion des CWI zu den Massenprotesten anlässlich der Vergewaltigung und des Mordes einer 23jährigen Studentin in Neu-Delhi. Das Flugblatt kann im Original runtergeladen werden: Rage against rape

Das abscheuliche Verbrechen passiert überall: in Wohnungen, in Familien, in Nachbarschaften, in Polizeistationen, in Dörfern und Städten und die Vorfälle steigen überall in Indien.

Die modernen industriellen Zeiten haben Frauen aus der Beschränkung ihrer eigenen vier Wände herausgeholt und die Rolle von Frauen hat sich phänomenal geändert. Aber das herrschende kapitalistische System, angetrieben und gesteuert von den Werten des Feudalismus und Patriarchats hat das noch nicht akzeptiert. Im gesamten politischen Spektrum haben die Parteien, egal welcher Farbe nur Verachtung für Frauen und ihre Rechte übrig. Im Geist dieses Systems wird Frauenfeindlichkeit aufrecht erhalten und die fundamentalsten Frauenrechte missachtet.

Stoppt Gewalt gegen Frauen

Die bisher beispiellose Wut der Jugend von Delhi und anderen Städten des Landes über die Gruppenvergewaltigung der 23 jährigen Medizinstudentin in einem Bus ist der Ausdruck der kochenden Unzufriedenheit, die sich gegenüber dem System über eine längere Zeit angestaut hat.

Die Furcht vor der „Macht der Straße“, die in Delhi deutlich wurde und das ganze Land erfasst hat, führte zur Unterdrückung dieser Proteste. In krassem Widerspruch zum spontanen Mitgefühl und der Forderung von jungen Frauen und Männern nach Gerechtigkeit, haben die Behörden ungeschickterweise die Proteste durch eine gewaltsame Niederschlagung brutalisiert. Das spricht Bände über die verzerrte Demokratie der so genannten größten Demokratie namens Indien.

Es ist eine Tatsache, dass Gewalt gegen Frauen in Indien besonders in den marginalisiertesten Bevölkerungsgruppen, wie den Dalit, Adivasi, Frauen in gewerkschaftslosen Betrieben, sexuellen Minderheiten, Prostituierten etc. verbreitet ist. Die Verurteilungsraten sind hier abgrundtief niedrig und die Täter laufen meist frei herum.

Es ist auch eine Tatsache, dass die meisten Vergewaltigungs- und Belästigungsfälle nicht gemeldet werden, aufgrund der feudalen Werte, welche die indische Gesellschaft und Kultur dominieren. Die Folter und Vergewaltigung von Gefangenen sowie die anderen Sexualstraftaten von staatlichen Behörden wecken bisher nicht viel Empörung. Sexuelle Gewalt betrifft Frauen aus allen Schichten und Volksgruppen. Die Täter sind eine Minderheit von Männern aus allen Schichten und Volksgruppen.

 

Zahlen:

Vergewaltigung ist das größte Verbrechen in Indien: 24206 Vergewaltigungsfälle in 2011.

Seit 1972 sind die Vergewaltigungsfälle um 791% angestiegen.

Nur 50 Prozent aller Vergewaltigungen werden gemeldet.

Alle 20 Minuten findet eine Vergewaltigung statt.

Alle 76 Minuten wird ein Kind vergewaltigt.

Verurteilungsraten für Vergewaltigung sind von 41% 1971 auf 27% 2010 gesunken.

Gemessen an 53 Städten, macht Delhi 13,3 % (4.489) dieser Fälle aus, gefolgt von Bangalore mit 5,6 % (1.890) und Hyderabad mit 5,5 % (1,860).

In einem Land, wo Dalits als die „Unberührbaren“ gelten, werden Dalit-Mädchen straffrei und rachsüchitg vergewaltigt.

Es ist verbreitet und angelegt in der kapitalistischen Gesellschaft. Frauen der Arbeiterklasse leiden unter Sexismus zusätzlich zu der Unterdrückung, die alle Teile der Arbeiterklasse erfahren. Die indische Geschichte ist gespickt mit Verbrechen gegen Frauen, angefangen mit der Mathura Vergewaltigung 1972, seit der die Bundespolizei angefangen hat, Vergewaltigungen zu dokumentieren. Bei den berüchtigten Unruhen von Gujarat wurden unzählige muslimische Frauen gefoltert und vergewaltigt. Und auch der Fall von Soni Soori in Chattisgarh sowie die Gräueltaten der indischen Armee im Nord-Osten sowie Jammu und Kashmir finden kaum Erwähung in den Mainstream Medien, die den Großunternehmen gehören. Alle 20 Minuten findet eine Vergewaltigung statt. Alle 76 Minuten wird ein Kind vergewaltigt. Es gibt einen unerbittlichen und stummen Krieg gegen Frauen, der auf unterschiedlichsten Wegen ausgetragen wird. Angefangen damit, dass sie im Bauch der Mutter getötet werden, dazu dass sie bestraft werden Mädchen zu gebähren und dazu sie zu bestrafen, wenn sie traditionelle Männerdomänen in Frage stellen.

Frauen sind kein Objekt

Sexualität wird durch Pornographie entstellt, die immer zugänglicher wird für jüngere Altersgruppen. Männliche und weibliche Rollenbilder werden uns von Geburt an aufgezwungen. Frauenkörper werden objektiviert und überall benutzt, zu „unterhalten“ und Produkte zu verkaufen.

Männer, die sexuell gewalttätig sind müssen die Verantwortung für ihre Rolle als Täter übernehmen. Trotzdem können wir sexuelle Gewalt nicht loswerden, in dem wir nur Individuen bestrafen.

Sexuelle Gewalt gegen Frauen ist ein Produkt der kapitalistischen Gesellschaft, wo Menschen darauf konditioniert werden Frauen als minderwertig, als Güter oder als Objekte anzusehen, die abgesondert von der Menschheit stehen.

Sexismus hilft dem kapitalistischen System. Die Familie stellt die Grundlage da, ArbeiterInnen zu reproduzieren, zukünftige ArbeiterInnen groß zu ziehen und hilft die jetzigen ArbeiterInnen, Erwerbslosen und RentnerInnen zu versorgen.

Die Arbeit, die in den Haushalten meist von unbezahlten Frauen verrichtet wird, die oft auch außerhalb des Hauses arbeiten, spart dem Kapitalismus Millionen von Rupees und erhöht die Profite einiger Weniger.

Vergewaltigung ist kein Witz

Angeblich „ironisch“, können sexistische Witze helfen, Sexismus zu normalisieren und Anmachen, sexuelle Belästigung und anzügliche Witze akzeptierter zu machen. Es hilft auch Frauen, die sich über unangemessene Witze beschweren als „prüde“ oder „humorlos“ abzuurteilen. Wie kann sich denn eine Frau auf ihrem Heimweg in der Nacht sicher fühlen, wenn sie Angst haben muss, dass ein Mann dem sie begegnet, über Vergewaltigungen lacht?

Behelfslösungen sind nicht genug

Während Täter solcher Verbrechen definitiv bestraft werden müssen, liegt die Lösung weder darin zu mittelalterlichen Praktiken, wie Todesstrafen oder Kastration zurückzukehren, noch liegt sie darin, die Überwachung durch die Polizei zu erhöhen, was das Problem nicht lösen wird. Das würde nur dazu führen die Regierung mit unerhörten Befugnissen auszustatten, die sie ungestraft gegen die Arbeiterklasse einsetzen können. Für so ein weit verbreitetes Verbrechen sind Behelfslösungen keine Antwort.

Beim besten Willen können wir dieses System und die herrschende Klasse von diesem tiefsitzenden Übel freisprechen, die darin versagten diese Gesellschaft zu entwickeln und feudale und mittelalterliche Werte und Praktiken zu überwinden.

Die Gewalt gegen Frauen ist ein Produkt vom kranken System Kapitalismus, wo Menschen dazu konditioniert werden, Frauen als minderwertig, als Güter und Objekte anzusehen, die dafür da seien Vergnügen zu bereiten.

Eine Kampagne gegen Vergewaltigung isoliert von allen anderen Aspekten von Frauenunterdrückung wird ihren Zweck nicht erfüllen. Vergewaltigung ist genauso wie häusliche Gewalt und Belästigung ein Symptom einer tief ungerechten Klassengesellschaft, die dazu führt, dass einige Männer denken, sie könnten über Frauen herrschen, auch sexuell. Das wird verstärkt durch die materielle Ungleichheit und ihren geringeren Status in der Gesellschaft. Wir müssen Sexismus bekämpfen und im Prozess des Kampfes werden Millionen von Menschen dieses brutale, sexistische, ausbeuterische kapitalistische System, in dem wir leben, in Frage stellen und nach einer Alternative jenseits des Kapitalismus suchen.

Baut eine Massenbewegung um Sexismus, das Kastenwesen und Kapitalismus zu bekämpfen

New Socialist Alternative (CWI in Indien) fordert:

  • Sofortige Aktionen gegen Sexualstraftäter und angemessene Hilfe für die Opfer solcher Verbrechen
  • eine unabhängige Untersuchung der Verantwortung von Polizei und Staatsapparat für die sexuelle Gewalt. Diese sollte Gewerkschaften, Frauen, Studierende und andere progressive Organisationen umfassen und das Recht haben, gegen diejenigen vorzugehen, die den Tätern zur Seite stehen.
  • Nein zur Todesstrafe! Nein zur Kastration! Ja zu schnellen Gerichtsverfahren zu Vergewaltigung und anderen Formen der sexuellen Gewalt.
  • Die arbeitende Bevölkerung kann sich nicht auf die staatlichen Institutionen verlassen, für Gerechtigkeit zu sorgen. Deshalb muss es Verteidigungskomitees von Gewerkschaften, Nachbarschaftsorganisationen, ArbeiterInnen und anderen fortschrittlichen Organisationen geben, um die Straßen wieder sicherer für Frauen zu machen und die Bedrohung von Frauen zu bekämpfen durch eine Kampagne gegen sexuelle Gewalt und Ausbeutung gegen Frauen, die über Vorteile bezüglich Vergewaltigung aufklärt und sich für Frauenrechte ausspricht.
  • Ein Ende dieses kapitalistischen Systems, dass Frauen diskriminiert und unterdrückt. Für eine demokratische, säkulare und sozialistische Gesellschaft auf der Basis von wirklicher Gleichheit, das die Bedürfnisse der Menschen über die Profite einiger Weniger stellt.