Jetzt oder nie: kämpfen!
In der letzten Woche haben sich die Geschäftsleitung und IG Metall bei Opel darauf geeinigt, dass die Motorenproduktion im Bochumer Werk 2016 beendet wird. Erhalten bleiben sollen nur 1.200 Arbeitsplätze. Der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Einenkel hat als einziger Arbeitnehmervertreter diesem Ausverkauf nicht zugestimmt. Am Sonntag, den 3. März demonstrierten dann 18.000 Menschen auf dem lange geplanten Solidaritätsfest. Die Beteiligung zeigt, dass es in der Region Potenzial für einen Kampf um den Erhalt des Werks gibt. Einenkel und die örtliche IG Metall sollten jetzt eine Kampagne organisieren, damit die Belegschaften in Bochum und den anderen Standorten den Deal in den angekündigten Abstimmungen ablehnen und einen ernsthaften Kampf für den Erhalt aller Arbeitsplätze führen.
Wir veröffentlichen hier einen Artikel von Karl Neumann, der am 2. März in der Tageszeitung junge Welt erstmals erschien. Das von der SAV beim Solidaritätsfest verteilte Flugblatt findet sich hier:
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Bochum aufgegeben
Vereinbarung bei Opel
von Karl Neumann
Das Unternehmen feiert ihn als »Meilenstein zur Profitabilität und Zukunftssicherung«. Der Gesamtbetriebsrat spricht von der »Sicherung aller deutschen Standorte«. Doch der von der IG Metall für Opel geschlossene »Mastervertrag« ist alles andere als das. Statt dessen besiegelt er das Ende der 50jährigen Geschichte des Autobauers in Bochum. Mit der Vereinbarung haben die Gewerkschafts- und Betriebsratsspitzen das Auslaufen der dortigen Fahrzeugproduktion im Jahr 2016 akzeptiert. Drohungen des Managements, das Ende vorzuziehen, waren wohl nur Verhandlungstaktik, da eine Verlagerung des aktuellen Zarifa-Modells vor Ende von dessen »Lebenszyklus« betriebswirtschaftlich ohnehin keinen Sinn gemacht hätte.
Auch die anderen Zusagen sind aus Sicht der Bochumer Belegschaft nichts wert. Gerade mal 600 Jobs sollen in der Produktion von Komponenten erhalten werden, weitere 600 im Zentrallager. Wie lange diese tatsächlich bleiben, ist ungewiß. Vage auch die Hoffnung, daß sich neue Firmen auf dem Werksgelände ansiedeln könnten.
Der Opel-Gesamtbetriebsrat – von manchen als Vorreiter für internationale und standortübergreifende Solidarität gefeiert – hat Bochum aufgegeben. Ebenso die Führung der IG Metall. Die Gegenleistung des Mutterkonzerns General Motors: Die anderen deutschen Standorte in Rüsselsheim, Eisenach und Kaiserslautern sollen vorerst gesichert sein. Doch auch die ihnen gegebenen Produktzusagen könnten sich als kurzlebig erweisen. So war es schon im Fall von Antwerpen. Auch die belgische Belegschaft wurde lange Zeit mit unbestimmten Hoffnungen und leeren Versprechungen hingehalten. Als das Werk geschlossen wurde, war ihr Widerstand wirkungslos. Jetzt soll mit Bochum der nächste Dominostein fallen.
Das Perverse: Die Opel-Beschäftigten sollen ihre Abwicklung auch noch selbst bezahlen. Die Tariferhöhungen zwischen 2012 und 2015 werden auf das Inkrafttreten der jeweils nächsten Erhöhung verschoben, übertarifliche Entgeltbestandteile ganz gestrichen. Der Angriff der GM-Spitze auf den Flächentarifvertrag sei damit abgewehrt, behauptet Gesamtbetriebsratschef Wolfgang Schäfer-Klug. Formal stimmt das. De facto wird der Flächentarif aber erstmals in einem der großen Autokonzerne flächendeckend unterlaufen. Und das voraussichtlich dauerhaft. Denn angesichts der anhaltenden Krise in Europa und sinkender Opel-Marktanteile ist nicht davon auszugehen, daß GM die Kürzungen 2015 wieder zurücknimmt. Die Erfahrung auch und gerade bei Opel zeigt: Was weg ist, ist weg.
Für die IG Metall bedeutet der »Mastervertrag« eine Schwächung im beginnenden Tarifkonflikt. Denn die Motivation der Opelaner, für Lohnerhöhungen auf die Straße zu gehen, die für sie erst ein oder zwei Jahre später wirksam werden, dürfte dadurch nicht gerade steigen. Für Gewerkschaftschef Berthold Huber – der die Tarifrunde ganz offensichtlich ohne Streiks über die Bühne bringen will – ist das aber wohl kein Problem.