Dieser Artikel erschien zuerst in der Tageszeitung junge Welt am 21.3.2013.
Staatsangestellte protestieren gegen Sparhaushalt
Am Mittwoch hat der britische Finanzminister, George Osborne, den neuen Haushalt vorgestellt. Darin kündigte er weitere Nullohnrunden für Staatsangestellte und die Senkung der Unternehmenssteuer an. Bereits jetzt kämpft Osborne um sein politisches Überleben. Laut einer Umfrage der Sunday Times glauben 67 Prozent aller Befragten, dass er seinen Job schlecht macht. Die Hälfte all derjenigen, die vor drei Jahren die Konservativen gewählt haben, sieht das genauso. Laut dem Observer ist ein Großteil der Bevölkerung der Meinung, dass die Kürzungspolitik der Regierung der Wirtschaft schadet.
von Christian Bunke
Dem geben Daten des Office of Budget Responsibility (OBR) Auftrieb, die am Mittwoch veröffentlicht wurden. Diese Institution, eigentlich von Osborne gegründet, um die Sparpolitik zu rechtfertigen, senkte die Prognosen für das britische Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr um die Hälfte, von 1,2 auf 0,6 Prozent. Labour-Parteichef Ed Miliband nutzte diese Prognose, um in seiner Antwort auf Osbornes Budgetrede Spott über den Finanzminister auszukippen. „Letztes Jahr hat er uns versprochen, dass immer weitere gute Nachrichten kommen werden. Jetzt hören die schlechten Nachrichten gar nicht mehr auf!“
Die Parlamentarier mussten die Rede mit hungrigem Magen verfolgen. Das Küchenpersonal des Westminster-Palastes beteiligte sich an dem von der Gewerkschaft für Staatsangestellte PCS organisierten Streik. 250.000 waren dem Aufruf gefolgt. Sie protestierten unter anderem gegen die andauernde Nullohnrunde im öffentlichen Dienst. Diese wurde von Osborne in seiner Budgetrede um ein Jahr bis zum Haushalt 2015/16 verlängert. Der Finanzminister begründete das damit, dass der Schuldenabbau langsamer voranschreitet als erwartet. Ursprünglich sollte der Haushalt 2015 ausgeglichen sein. Jetzt wird dafür das Jahr 2022 anvisiert.
Ein anderer Grund für den Streik ist der fortschreitende Stellenabbau im öffentlichen Dienst. So sollen alle 281 Finanzämter auf der Insel geschlossen werden. Künftig sollen nunmehr „mobile“ Berater zur Verfügung stehen. Gleichzeitig gehen dem britischen Staat jedes Jahr 120 Milliarden Pfund durch Steuerhinterziehung verloren. Für Anfang April plant die PCS deshalb eine Aktionswoche gegen das „Steuerloch“. Osborne kündigte in seiner Rede großspurig eine Aktion gegen diese Verluste an. Durch nicht näher definierte Maßnahmen will er drei Milliarden Pfund zusätzlich einnehmen – ein Tropfen auf den heißen Stein. Gleichzeitig will er die Unternehmenssteuer um ein Prozent auf 20 Prozent senken. „Das ist die niedrigste Unternehmenssteuer weltweit“, protzte Osborne.
„Wir wollen den Menschen, die hart arbeiten sagen: Wir sind auf eurer Seite!“ Diese Worte des Finanzministers müssen den über 600000 Bewohnern von Sozialwohnungen, die ab dem 1. April von der sogenannten Bedroom tax betroffen sind, wie Hohn in den Ohren klingen. Diese Maßnahme bedeutet für alle, die »zu viele« Zimmer in ihren Sozialwohnungen haben, entweder Einschnitte bei der Sozialhilfe oder Mieterhöhungen. Über 400000 Menschen mit Behinderungen sind betroffen. Diese sind oft auf Extrazimmer in ihren Wohnungen angewiesen, um medizinische Geräte dort zu lagern oder um persönlichen Assistenten einen Schlafplatz zu geben.
Die Wut gegen die Regierung wächst, was sich auch im Erfolg des Streiks der PCS ausdrückt. 90 Prozent aller Gewerkschaftsmitglieder beteiligten sich. Das Regionalparlament von Wales wurde durch den Ausstand lahmgelegt. Für den weiteren Kampf ruft die Gewerkschaft zur Organisation eines Generalstreiks aus. Unterstützung bekam sie dafür vom Präsidenten der Transportarbeitergewerkschaft RMT, Alex Gordon. Der twitterte: „Nur direkte Aktionen können diese Regierung stoppen. Generalstreik jetzt!“