Bei einem Brand im Kölner Stadtteil Höhenberg starben am Ostersamstag zwei Menschen. Das überwiegend von Migrantinnen und Migranten bewohnte Haus ist nicht mehr nutzbar, 26 Menschen wurden leicht verletzt, rund 30 haben ihre Wohnung und ihre Habe verloren. Gerade in der türkischen Community gibt es eine Sensibilität angesichts mehrerer ungeklärter Häuserbrände in den letzten Jahren. Türkische Regierungsvertreter und Migranten-Verbände mahnten daher, dass die Polizei nicht vorschnell einen rechtsterroristischen Hintergrund ausschließen solle, wie sie es bei NSU-Mord- und Anschlagsserie getan habe.
von Claus Ludwig, Sozialistischer Stadtrat, Die Linke.Köln
Die Brandursache konnte laut Angaben der Polizei auch einige Tage nach dem Brand nicht festgestellt werden. Möglich sei nach wie vor Fahrlässigkeit oder Brandstiftung, ein technischer Defekt wird ausgeschlossen. Die Staatsanwaltschaft Köln hat die Kritik, man würde in solchen Fällen allzu schnell einen rassistischen Hintergrund ausschließen, zurück gewiesen und betont, man hätte von Beginn an gesagt, es werde in alle Richtungen ermittelt.
Einem Artikel eines „polizeinahen“ Journalisten des Kölner Stadtanzeiger noch am Osterwochenende war jedoch zu entnehmen, „hinter vorgehaltener Hand“ wäre im Polizeipräsidium zu erfahren, es gäbe keinen Hinweis auf einen rechten Brandanschlag. Und allein das beweist, dass die Kritik der türkischen Vertreter berechtigt ist.
Die Polizei möchte nach außen zeigen, dass sie aus dem NSU-Skandal gelernt hat und ermittelt offiziell „in alle Richtungen“. Doch noch immer scheint im Staatsapparat die Meinung zu herrschen, ein rechter Anschlag müsse auf den ersten Blick erkennbar sein. Was wollen die Ermittler? Ein Bekennerschreiben neben einem Baseballschläger und einem NPD-Parteibuch? Und wenn man nichts davon findet braucht man sich auch nicht ernsthaft mit der Möglichkeit eines rechten Anschlages zu beschäftigen?
Es gibt bisher keine Hinweise auf einen rechten Anschlag. Doch ebenso wenig gibt es Hinweise auf einen Streit unter Nachbarn oder einen tragisch eskalierten Kinderstreich. Es gibt keine eindeutigen Hinweise auf Fahrlässigkeit, es gibt überhaupt keine eindeutige Spur, lediglich mehrere Möglichkeiten. Warum erfährt man im Präsidium nicht „hinter vorgehaltener Hand“, dass man all diese Möglichkeiten auch nicht ernsthaft in Erwägung zieht?
Rechter Terror ist Terror im Sinne des Wortes. Er soll Schrecken verbreiten, Verunsicherung. Auch Verunsicherung darüber, wer der Terrorist ist, was seine Ziele sind. So kann Zwietracht zwischen Bevölkerungsgruppen gesät oder eine Atmosphäre der Angst und Gewalt geschaffen werden, welche das Eingreifen einer „Ordnungsmacht“ vorbereitet. Dafür ist weder ein Bekennerschreiben noch ein gesprühtes Hakenkreuz nötig.
Was in der Rothenburger Straße passiert ist, ist zum jetzigen Zeitpunkt völlig offen. Es ist den Freunden und Verwandten der beiden Getöteten zu wünschen, dass sie deren Tod verarbeiten können. Den Verletzten und jetzt obdachlosen BewohnerInnen des Hauses ist zu wünschen, dass sie genesen, den Schock überstehen und möglichst schnell neue Wohnungen finden.
Auf politischer Ebene scheint es nötig, Polizei und Staatsanwaltschaft weiter kritisch zu beobachten, um die Chancen zu erhöhen, dass tatsächlich in alle Richtungen ermittelt wird. Es muss eine gesellschaftlicher Kontrolle über die Ermittlungen der Polizei geben. Die Ermittlungsergebnisse müssten öffentlich gemacht werden, damit öffentlich beurteilt werden kann, was „ermitteln in alle Richtungen“ konkret heißt.
Die Wohnungsbrände der letzten Jahre müssen statistisch untersucht werden. Was waren die Ursachen? In welchen Wohngebieten brannte es, wer waren die Opfer? In wie vielen Fällen war zu Beginn der Ermittlungen unklar, ob es sich um Brandstiftung, Fahrlässigkeit oder einen Defekt handelte?
Erwartungsgemäß hat die rassistische Gruppe „ProKöln“ mit einem niederträchtigen Kommentar auf das tragische Ereignis reagiert und die Opfer des Brandes selbst für die Katastrophe verantwortlich gemacht. Ohne sich die Mühe zu machen, ihren Hass gegen Migranten zu tarnen, schreibt PK: „Diese Gepflogenheiten mögen in anderen Breitengraden zum gesellschaftlichen Konsens gehören …“ Mit „diesen Gepflogenheiten“ meinen die Rechten u.a. die „Vermüllung des Hausflurs“.
Solche Äußerungen sind aber nicht nur von organisierten Faschisten gekommen, sondern auch in ähnlicher Form in den Webforen der Kölner Medien zu lesen. Selbst wenn es sich um einen tragischen Unfall gehandelt hat, hält das die Rassisten nicht ab, eine Debatte zu führen, um angebliche nationale und kulturelle Unterschiede und Gegensätze zu betonen. Allein das zeigt, dass äußerste Wachsamkeit angezeigt ist.