Südafrika: Der ANC und die Kapitalisten sind verantwortlich für die Unruhen in den Bergwerken

www.socialistsouthafrica.co.za
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Antwort auf den Versuch des ANC-Generalsekretärs Mantashe, das DSM zum Sündenbock zu machen

Von Memetlwe Sebei, „Democratic Socialist Movement“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Südafrika)

In seiner Rede vor hochrangigen VertreterInnen der Finanzwirtschaft im Johannesburger Nobelviertel Sandton am Dienstag, dem 11. Juni, hat Gwede Mantashe, der Generalsekretär des ANC, unter eindeutiger Bezugnahme auf das „Democratic Socialist Movement” (DSM) und die „Workers and Socialist Party“ (WASP) „ausländische Elemente“ dafür verantwortlich gemacht, in der Bergbaubranche Südafrikas „Anarchie“ zu verbreiten.

Dieser Angriff richtet sich zuallererst gegen die Bergleute, die für angemessene Lebensbedingungen kämpfen und ihre demokratischen Rechte verteidigen. Diesen legitimen Kampf beschreibt Mantashe als „Anarchie“. Weil er die aufgestellten Forderungen nicht herabwürdigen kann, muss Mantashe auf Sündenböcke zurückgreifen, um den Kampf der Beschäftigten zu untergraben.

Mit diesem besonderen Verweis auf schwedische und irische Staatsangehörige nimmt er ganz offenkundig Bezug auf das DSM. Das DSM ist eine politische Organisation, die in Südafrika entstanden ist. Ihre Geschichte geht zurück bis in die 1970er Jahre, als ihre Vorläuferorganisation noch „Marxist Workers Tendency of the ANC“ hieß (dt.: „Marxistische Strömung von ArbeiterInnen im ANC“). Letztere wurde von GenossInnen aus der gerade erst entstehenden Gewerkschaftsbewegung gegründet, die an den Kämpfen der 1950er und -60er Jahre beteiligt waren. Dem Vorstand des DSM gehört auch der Genosse Thami Dumezweni an, der sich in Flagstaff aktiv an den Kämpfen der dortigen Wohnviertel beteiligt. Er kam zum Befreiungskampf, nachdem der Aufstand von Pondoland stattgefunden hat, in dem sein Vater eine führende Rolle spielte, wofür er drei Jahre ins Gefängnis musste.

Das DSM ist die einzige politische Organisation, die sich mit einer bekannten Hauptamtlichen Genossin namens Liv Schange, die ursprünglich aus Schweden kommt, an den Kämpfen in der Bergbaubranche beteiligt hat. Die Gründung der WASP am 21. März 2013 wurde ganz offen und transparent von einem Mitglied der „Socialist Party“ (SP) in Irland unterstützt. Joe Higgins ist für die SP Abgeordneter im irischen Parlament. Die SP ist die Schwesterorganisation des DSM in Irland und die dortige Sektion des „Committee for a Workers’ International“. Es ist mehr als offensichtlich, dass mit den Bezügen auf „Ausländer, die in der Bergbaubranche Unruhe stiften“ nur das DSM und die „Workers and Socialist Party“ gemeint sein können.

Indem er diese Bezüge herstellt, stimmt Gwede Mantashe bloß in den Chor der üblen Nachrede mit ein und reiht sich in eine unerbittliche Kampagne der Desinformation ein, deren Opfer wir seit Beginn des Bergarbeiterstreiks geworden sind. In letzter Zeit haben verschiedene altgediente Führungsfiguren aus dem ANC – vom Staatspräsidenten Jacob Zuma über den ehemaligen Gewerkschaftsvorsitzenden und jetzigen Geschäftsmann Cyril Ramaphosa bis hin zu einfachen MinisterInnen der Regierung und ANC-Vorstandsmitgliedern – in diesen Chor mit eingestimmt. Zur selben Zeit waren die VertreterInnen der „freien und unvoreingenommenen“ Medien eher bereit, mit dieser faktisch jeder Grundlage entbehrenden und böswilligen Kampagne aus Lügen und systematischen Verdrehungen zur Rolle des DSM und der WASP hausieren zu gehen, als ihre Pflicht zu tun und „die andere Seite zu hören“. Sie haben sich ausnahmslos und beständig verweigert, uns die Gelegenheit zu geben, auf die Anschuldigungen zu antworten.

Es ist allerdings von großer Bedeutung, etwaige Missverständnisse aus dem Weg zu räumen und die Rolle, die wir bei den Kämpfen der Bergleute, der Wohnviertel und anderer Bereiche der Arbeiterklasse gespielt haben – aber auch die geradezu organischen und unzerbrechlichen Verbindungen wie auch die Solidarität, die wir international genießen – zu beleuchten.

Zuallererst entbehrt es jeder Grundlage und ist einfach nur boshaft, dass die ANC-FührerInnen meinen, die Kämpfe der BergarbeiterInnen seien von „ausländischen Elementen“ angezettelt worden. Die Kämpfe in den einzelnen Gruben und Wohnvierteln sowie allgemein das Aufbegehren der Arbeiterklasse in diesem Land sind auf den Verrat des ANC selbst zurückzuführen. Dafür braucht es kein Anheizen von außen. Die Aufrechterhaltung des Zustands der Sklaverei in den Bergwerken durch ein Beschäftigungssystem, das auf der Ausbeutung von GastarbeiterInnen, Armutslöhnen, Überstunden, hohen Zahlen an Arbeitsunfällen und Rassismus beruht, ist der Hauptgrund für die Revolte der BergarbeiterInnen, nicht das DSM oder irgendeine vergleichbare Kraft. Dasselbe gilt für die Kämpfe in den Wohnquartieren. Diese werden durch die armselige öffentliche Infrastruktur und die Korruption angeheizt. Zusammengefasst gehen die vielen Krisenherde im Land auf die Unfähigkeit des ANC zurück, eine Alternative zum tiefen Morast des Kapitalismus anzubieten.

Von daher wird die Arbeiterklasse auch ohne uns kämpfen. Für RevolutionärInnen hat und wird die Aufgabe nie darin bestehen, die Arbeiterklasse zum Kämpfen zu bringen. Die Arbeiterklasse kämpft, weil die Bedingungen, unter denen sie leben und arbeiten den Kampf unausweichlich machen. Die revolutionäre Massenbewegungen, die im Nahen Osten und in Nordafrika Diktaturen gestürzt und sich nun bis nach Griechenland, in die Türkei und nach Brasilien ausgeweitet haben, sind lehrreiche Beispiele dafür, dass für die Massen einfach die Notwendigkeit besteht, sich gegen Unterdrückung und Ausbeutung zu erheben. Und sie ist in der Lage das auch sehr spontan zu tun.

Der ANC, der aufgrund von sozialen Kämpfen der Menschen aus der Arbeiterklasse gegen das Apartheid-Regime an die Macht gekommen ist, sollte mehr als jede andere Instanz verstehen, dass es nicht bloß um einen Kampf gegen die Herrschaft einer hellhäutigen Minderheit ging, sondern um den Kampf für die Befreiung von Armut, Arbeitslosigkeit und sozialer Erniedrigung. Der Verrat an diesen Wünschen der Bevölkerung und die entsetzlichen Lebens- und Arbeitsbedingungen der überwältigenden Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land machen den objektiven Faktor aus, der hinter den erneut aufkommenden Kämpfen und dem Widerstand der Arbeiterklasse steht.

Die Rolle, die dem DSM und der WASP – wie jeder anderen revolutionären Partei der Arbeiterklasse – dabei zukommt, besteht darin, für politische Unterstützung zu sorgen und die ArbeiterInnen an den Erfahrungen und Lehren aus Arbeiter-Kämpfen in der Region aber auch weltweit teilhaben zu lassen. Zusammen mit den ArbeiterInnen wollen wir Strategien entwickeln und zu taktischen Schlüssen gelangen, die zur Richtschnur unserer Aktionen heute werden müssen. SozialistInnen aus anderen Ländern sind zu unseren Treffen herzlich eingeladen. Wir sind stolz, dass das DSM Teil des „Committee for a Workers’ International“ (Komitee für eine Arbeiterinternationale) ist, das in über 40 Ländern der Welt organisiert und von daher eine Weltpartei des Sozialismus ist.

Die Drohgebärden, Einschüchterungen und der ausländerfeindliche Ton bei den Anschuldigungen, die die ANC-Führung in ihrem Feldzug gegen das DSM und die WASP vorbringt, sind sowohl besorgniserregend als auch eine vielsagende Offenbarung des Charakters des ANC. Es ist klar, dass es bei diesen Attacken nicht allein darum geht, billige politische Propaganda zu machen. Der viel unheimlichere Zweck hinter alldem besteht darin, das DSM und die WASP einzuschüchtern und eine reaktionäre ausländerfeindliche Stimmung gegen uns zu schüren. Es ist auch klar, dass der ANC – sollte er weiter an Boden verlieren – gleichfalls auch nicht der Verlockung entgehen wird, an noch reaktionärere Tendenzen zu appellieren, die in Teilen der Gesellschaft bestehen. Das Ziel wird sein, in den Wohnquartieren der Arbeiterklasse die schwindende Basis zu unterfüttern. In einer Umgebung, in der ausländerfeindliche Tendenzen existieren und xenophobe Übergriffe weit verbreitet sind, ist dies extrem gefährlich. Sowohl die WASP als auch das DSM müssen sich für die Rolle, die sie bei der Koordinierung von Kämpfen der Arbeiterklasse für die Bereitstellung öffentlicher Infrastruktur, zur Schaffung von Arbeitsplätzen und für angemessene Lebensbedingungen spielen und dabei gegen Fremdenfeindlichkeit, Homophobie und andere reaktionäre Tendenzen, die die Arbeiterklasse spalten, kämpfen, nicht zu rechfertigen. Vor allem rufen wir zur Solidarität zwischen Kämpfen in den Wohnvierteln der Arbeiterklasse, der ArbeiterInnen und der Studierenden auf. Diese Art der Mobilisierung ist ein notwendiger Bestandteil, um Zur Einheit der ArbeiterInnen zu kommen. Nur so verleihen wir der Arbeiterklasse politische Macht und können zur sozialistischen Transformation der Gesellschaft kommen.

Die Ideen, Perspektiven und das Programm des wirklich revolutionären Sozialismus oder Marxismus bringen es mit sich, die Kämpfe der Arbeiterklasse auch im internationalen Rahmen miteinander zu koordinieren, um das globale System des Kapitalismus abzuschaffen. Die Solidarität der Arbeiterklasse und der Internationalismus sind die wesentliche Basis für jede revolutionäre, proletarische und sozialistische Organisation. Für Gwede Mantashe, den ehemaligen Vorsitzenden der „South African Communist Party“ (SACP), sollte dies zum Basiswissen gehören. Schließlich behauptet die SACP immer noch (zumindest in Worten), auf dem Boden der Traditionen des Marxismus zu stehen.