Weitere Zusammenarbeit in Solidaritätsaktionen angestrebt
Der Nahe Osten ist weiterhin ein Pulverfass. Aber eben auch ein Brennpunkt von Revolution und Konterrevolution. In Syrien tobt ein Bürgerkrieg, der bei Linken zu enormer Verwirrung geführt hat und Teile von ihr ins Lager des dortigen Regimes und andere Teile in unkritische Unterstützer der mehrheitlich reaktionären Rebellen gemacht hat. Die ägyptische Revolution steckt in einer Sackgasse, solange das Militär dort herrscht und die organisierte Arbeiterklasse keine unabhängige Alternative aufzeigt. Im Iran wurde kürzlich ein Mann des Reformerflügels zum Präsidenten gewählt. Gleichzeitig gehen Hinrichtungen und Repressalien gegen Oppositionelle unvermittelt weiter. Besonders gegen ArbeiteraktivistInnen.
Von Marcus Hesse
Schon diese einleitenden Zeilen zeigen die Fülle der Problemstellungen, die sich Linken und GewerkschafterInnen stellen. Diese Fragen, aber eben auch die Frage der Organisierung internationaler Solidaritätskationen und internationaler Vernetzung, wurden im Rahmen eines Seminars am 23. und 24. 11. in Köln diskutiert.
Organisiert wurde es von Einzelpersonen, iranischen MarxistInnen der Revolutionary Marxist Tendency, Marxist Revival und des International Workers’ Solidarity Networks, unterstützt von der SAV und Linksjugend[‘solid] Aachen. Ziel war einerseits, theoretisch zu diskutieren und eine Bestandsaufnahme über die politische Situation im Iran und Nahost zu erlangen. Aber vor allem auch, eine Vernetzung der Solidarität mit politischen Gefangenen und ArbeiteraktivistInnen herzustellen. Auch sollte ein engerer Austausch und eine Koordinierung zwischen Exilorganisationen und Gewerkschaften und Linken hier in Deutschland vorbereitet werden.
Auch wurde die spezielle Situation von Flüchtlingen thematisiert und debattiert, wie ein Schulterschluss von Arbeiterbewegung und Flüchtlingsbewegung möglich ist. Dazu sprach ein kurdischer Flüchtling und ein Aktivist der Flüchtlingsbewegung aus München, der an der Besetzung des dortigen DGB-Büros beteiligt war.
Konferenzsprache war am Freitag den 23. Farsi, am Samstag den 24. Deutsch und Englisch. Am Freitag waren 40 Menschen da. Fast ausschließlich Exil-IranerInnen aus Deutschland, Schweden, Dänemark, den Niederlanden und Frankreich. Dabei waren Angehörige verschiedener linker Traditionen und Unorganisierte. Bemerkenswert war die solidarische und konstruktive Diskussionsatmosphäre. Am Samstag nahmen 30 Menschen an den Diskussionen teil. Darunter waren auch Niema Movassat und Andrej Hunko, zwei Bundestagsabgeordnete der LINKEN. Diskutiert wurden u.a. Problemstellungen wie die nach dem Verhältnis von Demokratie und sozialer Frage, nach der Positionierung in Konflikten wie dem Atom-Konflikt zwischen dem iranischen Regime und den USA sowie die Kurdenfrage. Auf Grund der Fülle von Themen konnte vieles nur angeschnitten werden und alle waren sich einig, dass es in Zukunft weiterer, vertiefender Diskussionen bedarf.
Entscheidend war die Orientierung auf Kernforderungen wie der gemeinsame Kampf um die Freilassung aller politischen Gefangenen im Iran, eines Stopps der Hinrichtungen und der Notwendigkeit, in der Linken und den Gewerkschaften Solidaritätskampagnen mit konkreten Arbeiterkämpfen im Nahen Osten und anderswo zu organisieren. Als Beispiele wurde auf die Busfahrerstreiks in Teheran, Ölarbeiterstreiks in Kasachstan oder Betriebsbesetzungen wie bei der Mahalla-Textilfabrik in Ägypten verwiesen. Tenor war, dass die Arbeiterkämpfe im Nahen Osten, die Versuche der Selbstorganisation der Arbeiterklasse in Betrieben und Stadtteilen, wichtigster Bezugspunkt der Linken in Europa sein müsse. Gleichzeitig wurde auf die Bedeutung der Teilnahme der AktivistInnen im Exil an den Klassenkämpfen hier verwiesen. Ein iranischstämmiger Gewerkschafter aus den Niederlanden verwies auf den Aktionstag des niederländischen Gewerkschaftsbundes am 30.11.
Die Ideen der SAV stießen bei den TeilnehmerInnen auf lebhaftes Interesse. Wir haben viele Exemplare des Buchs „Iran – Freiheit durch Sozialismus“ verkauft und konnten für einem Solidaritätsappell für die WASP (Workers and Socialist Party) in Südafrika Spenden sammeln. Das Seminar war das erste dieser Art. Man war sich jedoch einig, dass es in näherer Zukunft weitere , daran anknüpfende Veranstaltungen geben wird.
Marcus Hesse ist SAV-Mitglied in Aachen und war einer der Referenten bei dem Seminar.