Eine Welt ohne Gammelfleisch und Aroma aus Sägespänen – ist das möglich?
Lebensmittelskandale sind an und für sich nichts Neues, nur dieses Jahr gab’s davon mehr als reichlich.
Ob nicht deklariertes Pferdefleisch in Fertiggerichten, gefakte Bio-Eier, Antibiotika-belastetes Geflügel oder schimmelverseuchtes Tierfutter – vielen Lebensmittelproduzenten fallen immer neue Tricks ein, um auf unsere Kosten die Profite zu steigern.
von Krischan Friesecke, Berlin
Nachdem 2012 mehr als 11.000 Kinder in Ostdeutschland durch verseuchte Erdbeeren von Sodexo krank wurden, dachten viele, die Lebensmittelindustrie würde jetzt sicher sauberer arbeiten. Weit gefehlt.
Von Pferdelasagne und Bio-Eiern, die keine sind
Anfang Februar 2013 flog ein europaweiter Betrug auf: Fleischhändler verkauften billiges Pferdefleisch als teures Rindfleisch. Die Händler dürften im Laufe der Jahre Millionen Euro an Extraprofiten eingefahren haben, das Fleisch landete in Fertiggerichten.
Der nächste Betrugsfall ließ nicht lange auf sich warten: Im März traf es die Bio-Branche. Massenhaft wurden Eier fälschlicherweise als Bio-Eier verkauft. Hier wurden zu viele Tiere auf zu wenig Raum gehalten (die Bio-Richtlinien sehen für Bio-Hühner wesentlich mehr Platz vor als für Tiere aus konventioneller Haltung) und teilweise beim Futter gemogelt. Verkaufen lassen sich Bio-Eier dann rund zehn Cent teurer das Stück als konventionelle Eier.
Und im November berichteten ehemalige Arbeiter eines fleischverarbeitenden Betriebs in Bad Bentheim, dass es dort normal war, schon grün-gegammeltes Fleisch unter Frischfleisch zu mischen und zu Wurst zu verarbeiten. Als die Beschäftigten das nicht mehr mitmachen wollten, wurden sie bedroht und ihnen gekündigt.
Wie es anders geht?
In Deutschland wird die Lebensmittelindustrie geradezu ermutigt, zu betrügen. Es gibt viel zu wenig Lebensmittelkontrolleure, um eine ernsthafte Überprüfung zu gewährleisten; eine große Mitschuld daran trägt der Personalabbau im Öffentlichen Dienst. Und selbst wenn Lebensmittelbetrüger auf die eine oder andere Art erwischt werden, erfährt der Kunde im Supermarkt nicht, welches Unternehmen unsauber arbeitet. Gerechtfertigt wird das mit der „unternehmerischen Freiheit“, das ist quasi eine Einladung zum Betrug! Und diese wird allzu gern angenommen.
Notwendig wäre eine Aufstockung der Lebensmittelkontrolleure als ein Schritt, um solche Zustände zu bekämpfen. Weiter muss jedes Unternehmen, ob Tierhalter oder Verarbeiter, die Produktion transparent machen und die Bücher zur Kontrolle offenlegen.
Wirklich kontrollieren wird sich die Lebensmittelindustrie nie lassen, solange sie in privaten Händen ist – um zu viel Geld geht es bei den, teils schmutzigen, Geschäften. Eine effektive Kontrolle der Lebensmittelindustrie und deren Umstellung auf eine ökologisch sinnvoll geplante Produktion lässt sich nur umsetzen, wenn die Konzerne in öffentliches Eigentum überführt sind. Denn nur was wir selbst besitzen, können wir kontrollieren.