Beitrag der „Socialist Party Scotland“ (Schwesterorganisation von SAV und SLP und Sektion des CWI in Schottland)
Am Donnerstag, dem 18. September, wird es in Schottland ein Referendum geben. In den Betrieben, Colleges, Schulen und Gemeinden überall im Land kommt es dazu derzeit zu Diskussionen. Bis zum September wird es Debatten geben, wie man sich dazu verhalten soll und was ein unabhängiges Schottland für Arbeitsplätze und Lebensstandards bedeuten würde. Werden die wüsten Kürzungen, die wir in den letzten Jahren erleben mussten, ein Ende finden und sogar zurückgenommen? Wird es den Menschen aus der Arbeiterklasse besser oder schlechter gehen? Als Beitrag zu dieser Debatte hat die „Socialist Party Scotland“ zehn Fragen und Antworten entwickelt, mit denen wir unsere Haltung zu diesem Referendum und der Aufgabe erklären wollen, wie die Kürzungen zu beenden sind und ein unabhängiges sozialistisches Schottland zu erreichen ist.
Warum empfiehlt die „Socialist Party Scotland“, beim Referendum mit „Ja“ zu stimmen?
Wenn wir die Situation heute mit der in den 1970er oder 1980er Jahren vergleichen, so wünscht sich eine größer werdende Zahl von Leuten aus der Arbeiterklasse die Unabhängigkeit, weil sie darin eine Möglichkeit sehen, der zunehmenden Verarmung, Kürzungen und sinkenden Einkommen zu entkommen, wovon die Mehrheit der Bevölkerung betroffen ist. Seit 1999 und der Gründung des schottischen Regionalparlaments sind wir für ein Parlament mit voller Handlungsgewalt über die Wirtschaft, Steuern, den Mindestlohn, Sozialleistungen, Renten, Verteidung etc. eingetreten.
Aber was ist mit den ArbeiterInnen und jungen Leuten, die nicht überzeugt davon sind, dass eine Unabhängigkeit unter der „Scottish National Party“ (SNP) ein Fortschritt wäre?
Mit dieser Haltung stimmen wir überein. Um es genau zu sagen, handelt es sich bei unserer Wahlempfehlung um eine kritische Ünterstützung für die Unabhängigkeit. Der Grund dafür ist die Beschränktheit dessen, was die schottische Regierung in diesem Zusammenhang anzubieten hat. Mit anderen Worten: Wir rufen dazu auf, mit „Ja“ abzustimmen, erklären aber gleichzeitig, dass das Modell der SNP für die Unabhängigkeit das Leben der Mehrheit der Menschen aus der Arbeiterklasse in Schottland nicht verbessern wird. Ein wirklicher Wandel wird nur zustande kommen, wenn es zu weitreichenden sozialistischen Maßnahmen kommt.
Verspricht die SNP denn nicht ein besseres, wohlhabenderes Schottland, wenn es zur Unabhängigkeit kommt?
Ein unabhängiges Schottland unter der SNP würde für die Konzerne mit Sicherheit florierender sein. Nach den Plänen von Regierungschef Salmond und Co können die multinationalen Unternehmen dann mit Steuersenkungen rechnen. Die Führung der SNP ist dagegen, die Ölindustrie in öffentliches Eigentum zu überführen. Sie stehen noch nicht einmal für die Rück-Verstaatlichung der profitträchtigen Energiekonzerne. Sie sind der Meinung, dass der Kapitalismus – ein Wirtschaftssystem, das sich in seiner schwersten Krise seit den 1930er Jahren befindet – ein Grundstein sein wird, auf dem ein besseres Schottland errichtet werden kann. Aus unserer Sicht ist das vollkommen ausgeschlossen. Nur durch entschlossene sozialistische Maßnahmen wie dem demokratisch verwalteten öffentlichen Eigentum an den Banken, der Ölindustrie und den beherrschenden Wirtschaftsbranchen können wir die Wirtschaft wieder aufbauen – im Interesse der gesamten Arbeiterklasse.
Was ist von dem Skandinavischen Modell zu halten. Ist das nicht ein Beispiel für Kapitalismus mit mehr Fairness, dem Schottland folgen sollte?
Das Skandinavische Modell, womit man sich auf die Situation in Norwegen, Schweden, Dänmark und Finnland nach 1945, also während der Phase des wirtschaftlichen Aufschwungs, bezieht, ist nicht mehr tragfähig; erst recht nicht für die Kapitalisten. Den hochwertigen Wohlfahrtsstaat und die geringe Armut (bei hohen Steuern für die Arbeiterklasse) gibt es so nicht mehr. Wenn man das Beispiel Schwedens nimmt, so wurde dies alles auf ziemlich brutale Art und Weise vernichtet.
Das Ende des Nachkriegsaufschwungs Ende der späten 1970er Jahre, das durch die Weltwirtschaftskrise von 2007/-08 noch einmal verstärkt wurde, hat zur Auflösung des Skandinavischen Modells geführt, was mit Privatisierungen und tiefen sozialen Einschnitten einherging. Unter kapitalistischen Bedingungen gibt es für ein unabhängiges Schottland keine Möglichkeit, um für angemessene Lebensstandards zu sorgen und mit Austerität und Kürzungen Schluss zu machen.
Wäre nicht alles besser als ein Leben unter einer brutalen „Tory“-Regierung, die wir nicht gewählt haben?
Wir stimmen mit der Annahme überein, dass durch die Unabhängigkeit Kräfte genutzt werden könnten, mit denen die Lebensbedingungen von Millionen von Menschen im Interesse der Mehrheit verändert werden können. Aufgrund der Gesetzesvorlage der SNP ist jedoch klar, dass sie diesen Weg nicht gehen werden. Nach Alex Salmonds Plan soll Schottland Teil einer Währungsunion mit der „Bank of England“ werden, was die Zwangsjacke, in der die schottische Regierung hinsichtlich der öffentlichen Ausgaben für den Arbeitsmarkt und öffentlichen Diensten bisher steckt, neu definieren würde. Die SNP will der von den Banken und Konzernen beherrschten EU beitreten, die wie ein Rammbock eingesetzt wird, um Gewerkschafts- und Arbeitnehmerrechte zu attackieren und die Arbeiterklasse auf dem ganzen Kontinent mit einer wilden Austerität zu überziehen. Auch in einem unabhängigen Schottland hätten wir es am Kopf des Staates weiterhin mit einer Monarchie-gleichen Elite zu tun. In den Plänen der SNP geht es weniger darum, wie weit die Dinge sich verändern können, sondern vielmehr darum, inwieweit sie bleiben können, wie sie sind.
Um welche Art von Unabhängigkeit geht es euch also?
Wir führen eine Kampagne für ein unabhängiges sozialistisches Schottland. Wir stehen für:
- höhere Steuern für Reiche, Banken und Konzerne.
- Anhebung des Mindestlohns auf 10 Pfund pro Stunde.
- Rücknahme aller Kürzungen, die von der Con-Dem-Koalitionsregierung durchgeführt wurden.
- den Einsatz der durch die Unabhängigkeit errungenen Möglichkeiten zur Durchsetzung eines umfassenden Programms für öffentliches Eigentum und demokratische Kontrolle der Schlüsselsektoren der Wirtschaft, um so die Grundlage für eine demokratisch verwaltete sozialistische Gesellschaft zu schaffen.
- die Abschaffung der gewerkschaftsfeindlichen Gesetze.
Um für eine derartige Politk in einem unabhängigen Schottland kämpfen zu können, müssen wir eine neue Massenpartei der ArbeiterInnen aufbauen, in der die Gewerkschaften eine führende Rolle einnehmen müssen.
Ist es möglich, in nur einem Land den Sozialismus aufzubauen?
Nein. Kapitalismus ist ein internationales System der Ausbeutung, in dem die Herrschaft einer Elite auf dem Besitz an den Produktionsmittels basiert, die diese auch beherrscht (die Fabriken, Betriebe etc.) und die die ArbeiterInnen beschäftigt, um für die Konzerne Profite zu erwirtschaften und nicht für die Bedürfnisse der Gesellschaft. Deshalb führen wir Kampagnen für ein unabhängiges sozialistisches Schottland, um Teil einer demokratischen Föderation mit einem sozialistischen England, Wales und Irland zu werden auf dem Weg zu einem sozialistischen Europa und darüber hinaus.
Wird es die Kampagne für ein „Ja“ aber nicht nur schwächen, wenn ihr die Politik der SNP kritisiert?
Wenn überhaupt, dann ist es die Betonung der SNP, mit einer konzernfreundlichen Agenda fortfahren und sich nicht darauf festlegen zu wollen, sämtliche Kürzungen auch in einem unabhängigen Schottland wieder zurücknehmen zu wollen, was die Unterstützung für ein „Ja“ schwinden lassen wird. Weiter verstärkt wird dies durch die Erfahrung der GewerkschafterInnen und Gemeinden, denen von der SNP geführten Regierung sowie auf kommunaler Ebene Kürzungen drohen, wo auch die SNP das Sagen hat. Will man das Referendum für die Unabhängigkeit gewinnen, so muss die Mehrheit der Arbeiterklasse überzeugt werden, dass es in einem unabhängigen Schottland zu einem spürbaren wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandel kommt. Aber das ist es nicht, was die SNP in den Vordergrund stellt. Die einzige Antwort auf die Schmierenkampagne des „Project Fear“ und die sogenannte „Better Together“-Kampagne muss lauten, auf einen grundlegenden Bruch mit der Austerität hinzuarbeiten, die von allen großen Parteien betrieben wird. Wenn die SNP-Führung gesagt hätte, sie würde einen 24-stündigen Generalstreik der Gewerkschaften gegen die Con-Dem-Regierung für öffentliches Eigentum über die Wirtschaft unterstützen und es abgelehnt hätte, die Kürzungen am Ende durchführen, dann hätte das zweifellos zu einer stärkeren Unterstützung für die Unabhängigkeitsbestrebungen geführt.
Besteht nicht die Gefahr, dass das Eintreten für ein „Ja“ die Arbeiterklasse spaltet?
Der beste Weg um sicherzustellen, dass dies nicht geschieht, besteht darin, dass die Gewerkschaften anlässlich des Referendums ihre eigene Kampagne führen, in der hervorgehoben wird, wie nötig eine Politik im Interesse der Arbeiterklasse und Widerstand gegen alle Kürzungen ist. Mit anderen Worten: Es muss um eine Kampagne gehen, die die Interessen der übergroßen Mehrheit der Menschen aus der Arbeiterklasse miteinander vereint – ganz egal, wie sie sich beim Urnengang am Ende verhalten werden.
Die „Socialist Party Scotland“ steht für die Einheit aller Beschäftigten in der Gewerkschaftsbewegung in Schottland und Britannien. Wir führen eine Kampagne mit dem Ziel, dass die Gewerkschaften koordinierte Massenstreik-Aktionen durchführen und einen 24-stündigen Generalstreik organisieren, um gegen die Austerität zu kämpfen. Was die Gewerkschaften selbst angeht, so fordern wir diese auf, den Aufbau einer neuen Massenpartei der ArbeiterInnen voranzutreiben, um für Sozialismus zu kämpfen.
Ich stimme mit dem, was ihr sagt, überein. Wie kann ich mich beteiligen?
Nimm über unsere Homepage oder über Facebook bei „Socialist Party Scotland“ oder über Twitter@cwiscot Kontakt zu uns auf. Wir haben in ganz Schottland aktive Ortsgruppen, die sich an der Kampagne beteiligen. In Gewerkschaften wie der PCS und UNISON aber auch in der Kampagne „Youth Fight For Jobs“ spielen Mitglieder der „Socialist Party Scotland“ eine führende Rolle. Mach´ bei uns mit und beteilige dich am Kampf für den Sozialismus.