Dokumentiert: Erklärung von „Recht auf Stadt Köln“ vom 17. April 2014
„Das war nicht das Ende, sondern der Anfang“
Am Mittwoch, 16. April wurde Kalle Gerigk aus seiner Wohnung im Kölner Agnesviertel zwangsgeräumt.
Das war nur unter Einsatz von mehreren Hundertschaften Polizei möglich. Wir sind empört über das gewaltsame Vorgehen der Polizei. Einmal mehr hat sich gezeigt, dass die politisch Verantwortlichen, die Justiz und die Staatsgewalt nicht das Recht auf Wohnen an erste Stelle stellen, sondern das „Recht“ mit Wohnungen Profit zu machen, zum obersten Gebot haben. Eine Wohnung ist aber ein Grundbedürfnis jedes Menschen. Wohnen darf keine Ware sein, darf nicht den Profitinteressen von Banken und Spekulanten geopfert werden.
Die Wohnung von Kalle konnten wir leider nicht erneut verteidigen. Die Lehre aus diesem Kampf lautet dennoch: Widerstand ist richtig und wichtig. Widerstand lohnt sich, bewegt etwas.
Was wurde erreicht? Zunächst wurde durch diesen Kampf Öffentlichkeit für das Problem der Verdrängung hergestellt, in Köln und bundesweit und in einem Ausmaß, das wir selber so nicht erwartet hatten. Der ganz alltägliche Skandal der Vertreibung von MieterInnen aus ihrer Wohnung, der bis dato reibung- und lautlos in dieser und anderen Städten vor sich ging, wurde unüberhörbar und öffentlich angeprangert.
Wir wissen natürlich, dass die Beteuerungen seitens der etablierten Parteien, jetzt zu handeln, hauptsächlich Gerede, die beschlossenen Maßnahmen nur Kosmetik sind. Wir sind uns bewusst, dass wir im Kampf um bezahlbaren Wohnraum und zur Verhinderung kommender Zwangsräumungen noch viel mehr Menschen mobilisieren müssen. Genau das ist unser Ansatzpunkt: Den Widerstand aufbauen, stärken, vernetzen. Auch in dieser Hinsicht wurde bereits etwas erreicht.
Noch während wir den Kampf um Kalles Wohnung führten, kamen weitere, in unterschiedlicher Weise Betroffene zu Recht auf Stadt: MieterInnen von Häusern die durch Abriss, Luxussanierung oder Eigentümerwechsel von Verdrängung bedroht sind. Auch die nochmal schwierigere Situation von vielen MigrantInnen und Obdachlosen, eine Wohnung zu finden, sind ein Thema von Recht auf Stadt.
Aktuell stehen wir auch in Verbindung mit MieterInnen der GAG-Siedlung in Zollstock, die sich gegen Luxussanierung und anschließende Mietsteigerung von bis zu 60 Prozent organisieren.
Der Kampf gegen Kalles Zwangsräumung hat also bereits Betroffene ermutigt, sich zu wehren. Die Initiative Recht auf Stadt versteht deshalb den Kampf um Kalles Wohnung nicht als ein Ende, sondern als Beginn einer neuen Bewegung von MieterInnen und Mietern. Und einer Bewegung von allen, die nicht tatenlos zusehen wollen, wie die Wohnungen aber auch die öffentlichen Räume und Plätze der Stadt uns weggenommen werden, um sie der Kapitalverwertung zu opfern.
An dieser Stelle möchten wir uns, auch im Namen von Kalle, bei allen bedanken, die den Kampf um seine Wohnung unterstützt haben: bei den Nachbarinnen und Nachbarn, bei allen, die öffentlich ihre Solidarität mit Kalle bekundet haben, bei allen, die informiert, mobilisiert, an den Blockaden teilgenommen oder auf anderem Wege geholfen haben.
An dieser Stelle auch die Bitte, Kalle jetzt bei der Suche nach einer neuen Wohnung zu unterstützen. (wohnung-fuer-kalle@gmx.de).
Wir rufen auf, über diesen Kampf hinaus aktiv zu werden. Kommt zu den nächsten Treffen von Recht auf Stadt. Lasst uns viele, viele werden. Solidarität macht stark!