Am 21. und 22. Juni tagte in Siegen der Landesparteitag der nordrhein-westfälischen LINKEN. 200 Delegierte kamen zusammen, um einen neuen Landesvorstand zu wählen und ein Arbeitsprogramm zu beschließen.
von Marc Treude und Chris Walter, Aachen
Nach der Wahlniederlage 2012 musste der Landeverband eine tiefe Krise durchmachen. Damals hatte die LINKE-Landtagsfraktion in Düsseldorf gegen einen rot-grünen Kürzungshaushalt gestimmt. SPD und Grüne bekamen keine Mehrheit und es gab Neuwahlen. Durch Medienkampagnen, eine unklare Argumentationslinie der Parteiführung und die neue Konkurrenz durch Piraten, aber auch weil die Bundes-LINKE Zustimmung einbußen musste, flog die Partei aus dem Landtag. Das stürzte den Landesverband, der von der Strömung „Antikapitalistische Linke“ (AKL) geführt wurde, in eine Krise. Der auf Parlamente orientierte Flügel (in NRW vor allem die Strömung „Sozialistische Linke“) konnte von der Frustration profitieren.
Unter den SprecherInnen Gunhild Böth und Rüdiger Sagel gab es Einschnitte bei innerparteilicher Demokratie. Die Kompetenzen im Landesvorstand wurden zunehmend auf diese beiden umverteilt und Hierarchien verstärkt. Anstatt Initiativen zu unterstützen, wurden sie gedeckelt, das Ziel hierbei: bei SPD und Grünen als „seriöse“ Kraft wahrgenommen zu werden. Dagegen gab es eine wachsende Opposition im Landesvorstand. Böth und Sagel sowie deren politische FreundInnen isolierten sich zunehmend. AktivistInnen des in NRW starken linken Flügels engagierten sich in sozialen Bewegungen wie zuletzt den Blockupy-Protesten.
Alte Spitze isoliert
Diese Isolation fand auch beim Landesparteitag ihren Ausdruck. Ein Leitantrag des Landesvorstands wurde von den SprecherInnen nicht unterstützt, sie legten mit anderen einen Ersetzungsantrag vor. Während das Arbeitsprogramm des Landesvorstands die Verankerung in Stadtvierteln, Bewegungen, Betrieben et cetera als entscheidende Faktoren herausstellt, fokussierte der andere auf eine weitgehend parlamentarische Orientierung. Mit deutlicher Mehrheit wurde die Ersetzung abgelehnt, am Ende wurde der Ersetzungsantrag an den ursprünglichen Text angehängt.
Linke Mehrheit
In dem beschlossenen Papier werden zentrale Aufbauschritte benannt: Ausgehend von Erfolgen im Kommunalwahlkampf soll die wahlkampffreie Zeit genutzt werden, um den Parteiaufbau voranzutreiben: Strukturen stärken, in Bewegungen und Initiativen wirken, die Partei als kämpferische Kraft an der Seite von Betroffenen verankern.
In diesem Sinne wurde auch die neue Spitze gewählt: SprecherInnen sind Özlem Demirel und Ralf Michalowsky, beide stehen für eine kämpferische LINKE. Özlem Demirel sagte in ihrer Bewerbungsrede: „Wir sagen Nein zur Schuldenbremse und fordern die Banken und Superreichen zur Kasse.“ Und Ralf Michalowsky meinte: „Wer sich auf die kommunalpolitische Arbeit einschießt, verkennt, dass tiefgreifende Veränderungen noch nie aus den Parlamenten kamen.“
Auch bei den weiteren Mitgliedern des Landesvorstands wurden viele VertreterInnen des linken Flügels gewählt. Profilierte Mitglieder des regierungsorientierten Flügels konnten sich kaum durchsetzen und mit Ingrid Remmers (SL-Bundessprecherin) als stellvertretende Sprecherin und Christel Rajda als Schatzmeisterin nur zwei Sitze im 20-köpfigen Landesvorstand erringen.
Blick auf Bewegungen gerichtet
Insgesamt wurden beim Parteitag wichtige und richtige Pflöcke eingeschlagen. Die Talsohle ist durchschritten, fast alle RednerInnen betonten dass die nächsten Jahre genutzt werden müssten, um die Partei aufzubauen. Viele verbanden dies mit dem Gedanken, DIE LINKE als kämpfende Partei zu verankern. In den nächsten Monaten gilt es, dies mit Leben zu füllen: Bei Blockupy, Mieterprotesten und überall, wo Menschen in Aktion treten.
In Köln haben GenossInnen von SAV und AKL in den letzten Monaten verstärkt Arbeit in Mieterinitiativen gemacht und diese mit aufgebaut. Die Räumung von Kalle Geringks Wohnung und der Widerstand dagegen wurden bundesweit verfolgt, in anderen Fällen konnten Räumungen abgewendet werden. In weiteren Städten gibt es ähnliche Beispiele. DIE LINKE sollte sich daran orientieren. Und inhaltliche Angebote machen. Denn der Kapitalismus kann auf die Probleme der Massen keine Antworten geben.