AK „Gerechter Frieden in Nahost“ traf sich in Göttingen
Bei einem Treffen des AK „Gerechter Friede in Nahost“ haben am 10.8. in Göttingen etwa dreißig TeilnehmerInnen aus Berlin, Potsdam, Braunschweig, München, Augsburg, Kassel, Marburg, Hannover und Hamburg sowie sieben MitstreiterInnen aus Göttingen über die Bilanz der Gaza-Solidaritätsaktionen und die Planung weiterer Initiativen diskutiert.
von Heino Berg, Göttingen
Zunächst berichtete der Journalist Martin Lejeune über seine erschütternden Erlebnisse im bombardierten Gaza-Streifen. Er war Augenzeuge eines israelischen Luftangriffs auf einen Spielplatz in Gaza, dem viele Kinder zum Opfer gefallen sind. Waffen der Hamas seien dort nicht gelagert worden. Auch die Behauptung, dass die Hamas die Bevölkerung als „Schutzschilde“ missbrauche, sei pure Propaganda. Obwohl die bürgerliche Presse seine Dokumente über israelische Kriegsverbrechen ignoriere, werde er in Kürze wieder nach Gaza reisen und darüber dann auch in Deutschland berichten.
Anschließend betonte Raif Hussein von der palästinensischen Gemeinde in Hannover, dass die internationale Solidarität mit den Menschen im Gaza-Streifen starken Druck auf die israelische Regierungen ausüben könne und deshalb von großer Bedeutung sei. Er suche das Gespräch mit jüdischen Gemeinden in Deutschland, die keineswegs immer die Politik der Regierung Netanjahu rechtfertigen würden.
In der anschließenden Diskussion unter der Leitung des Göttinger Mitstreiters Eberhard Schmidt habe ich mit Zustimmung der Anwesenden darauf hingewiesen, dass die militärischen Reaktionen der Hamas auf die Abriegelung und die Bombardierung des Gaza-Streifens zwar aus der Sicht der betroffenen Bevölkerung nachvollziehbar, aber militärisch sinnlos und für die Protestbewegung in Israel und weltweit sehr schädlich seien.
Die Berichte von den lokalen Gaza-Aktionen (darunter auch in Göttingen) und von den Diskussionen innerhalb der Linkspartei ergaben, dass die Solidarität mit Palästina sowohl in der Bevölkerung, als auch in der LINKEN seit dem letzten Gaza-Krieg deutlich zugenommen hat. Auch der Parteivorsitzende Riexinger verurteilt die Maßnahmen der israelischen Regierung, welche die Hamas und antisemitische Reaktionen nur stärken würden. Trotzdem würden Teile der LINKEN-Führung (darunter Gregor Gysi, Bodo Ramelow und der Geschäftsführer Matthias Höhn) immer noch versuchen, die aktive Solidarität von LINKEN mit den Kriegsopfern in die Nähe des Antisemitismus zu rücken, um sich selbst als regierungsfähig zu präsentieren. Abgesehen von NRW hätten die meisten Landesverbände der LINKEN bisher nicht zu den Gaza-Kundgebungen aufgerufen. Alle TeilnehmerInnen sprachen sich deshalb dafür aus, in der LINKEN sowie in den Gewerkschaften für die Unterstützung von praktischen Solidaritätsaktionen zu werben.
Dazu soll der Vorschlag eines bundesweiten Aktionstages im September dienen, der in der LINKEN, in den lokalen Initiativen sowie beim Anti-Kriegstag am 1. September zur Diskussion gestellt wird. Die Frage, ob das mit der Unterstützung der von Djihadisten bedrohten Kurden bzw. Jeziden im Nordirak verbunden werden sollte, wurde kontrovers diskutiert.
Nach einem Referat von Shir Hever (Vorstandsmitglied in der Jüdischen Stimme) zu internationalen BDS-Kampagne (Boykott, Desinvestment und Sanktionen) sprach sich dann die Mehrheit der Anwesenden für deren Unterstützung aus. Teilnehmer aus Göttingen warnten vor einer voreiligen Festlegung, weil sie die Solidarität mit Palästina besonders in der LINKEN isolieren und sich – im Unterschied zu Boykott-Kampagnen gegen die Apartheid in Südafrika – nicht auf die Unterstützung durch Massenorganisationen in Israel stützen könne. Ein gemeinsames Handeln von israelischer und palästinensischer Bevölkerung werde dadurch eher behindert. Mein Vorschlag, sich zunächst auf die Forderung nach einem Waffenembargo gegen Israel zu beschränken und die Boykott-Kampagne zunächst bei weiteren Veranstaltungen zur Diskussion zu stellen, fand keine Mehrheit.
Das Treffen sprach sich einmütig für die Einberufung eines Palästina-Solidaritätskongresses für den Herbst dieses Jahres aus und bestimmte zu seiner Vorbereitung einen Arbeitsausschuss.