Etwa 500 Menschen beteiligten sich heute an der zentralen Streikkundgebung in Aachen für bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung in öffentlichem Dienst.
von Aleks Setsumei
Viertel vor sechs ist es vor dem Uniklinikum kalt und dunkel. Dennoch beginnt zu dieser Zeit die erste Schicht und somit auch der Warnstreik der Beschäftigten der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL).
Der Streikposten trägt die Überschrift „Empört Euch“ – über Überstunden, geringe Löhne und Überlastung. Auch wir, von der SAV und linksjugend [’solid] Aachen, beteiligten uns an dem Streik und teilten unsere Solidarität mit.
In Laufe des Morgens wuchs die Anzahl der an dem Streikposten Teilnehmenden an etwa 30 Menschen – bei 300 ver.di-Mitgliedern und 5000 Beschäftigten hätte mehr drin sein können.
Gegen halb neun fuhren wir gemeinsam in die Stadt zum Streiklokal, wo sich die Streikenden aus ihren Betrieben zusammensammelten. Die Stimmung in dem Streiklokal war entspannt: Die Streikenden bedienten sich an dem aufgebauten Buffet und unterhielten sich miteinander.
Außerdem stellten die Gewerkschaften ihre Forderungen vor: Gehaltserhöhung um 5,5 Prozent, aber mindestens um 175 Euro, Tarifvertrag für die Lehrer, Erhalt der Zusatzversorgung, Ausschluss sachgrundloser Befristung. Alles berechtigte und längst überfällige Maßnahmen.
Kurz vor elf Uhr startete die Demonstration von dem Streiklokal aus. Inzwischen ist die Anzahl der Streikenden an die 500 gestiegen. Im Vergleich zu den Vorjahren ist das ein großer Erfolg, der wahrscheinlich damit zu begründen ist, dass zu der Aktion beide großen Gewerkschaften, Verdi und GEW, gemeinsam aufgerufen haben.
Allerdings bestand der Protestzug so gut wie nur aus den genannten Gewerkschaften; keine weitere Organisationen nahm daran sichtbar teil. Weder die LINKE noch andere Parteien waren mit ihren Symbolen vertreten oder teilten ihre Solidarität mit. Das schien auch ausdrücklich nicht erwünscht, Gewerkschaften seien politisch unparteiisch. So stoß es auf Kritik bei einigen FunktionärInnen, als wir unsere Solidaritätserklärung, die in Namen der linksjugend [’solid] Aachen verfasst war, in dem Streiklokal verteilten, und auch mit einem Wortbeitrag bei der Kundgebung konnten wir nicht rechnen.
Der bunte Zug von Streikwesten zog durch die Aachener Innenstadt Richtung Elisenbrunnen, wo die Kundgebung stattfinden sollte. Immer wieder läuteten vereinzelte Parolen: „Wir sind hier, wir sind laut, weil man uns die Rente klaut.“ Dies bezog sich auf die von den Ländern geforderte Kürzung der Zusatzversorgung (der sog. Betriebsrente), was für viele der Beschäftigten ein höheres Risiko von Altersarmut bedeuten würde. Abseits von den wenigen Sprüchen blieb die Demonstration vorwiegend ruhig, dennoch sorgten die großen Transparente und ununterbrochene Trillerpfeifen für Aufmerksamkeit der Passanten.
Bei der zentralen Kundgebung stellten die VertreterInnen der Gewerkschaften nochmals ihre Forderungen. Großer Wert wurde darauf gelegt, dass die gute Arbeit, die von den Angestellten geleistet wird, ebenfalls gut bezahlt werden muss und dass der seit 10 Jahren andauernde Stellenabbau und die damit verbundenen Überarbeitung und Überstunden zwangsläufig zur Senkung der Qualität führt. Außerdem erkannten die Teilnehmer gerade jetzt, wo der Staat Rekordsteuereinnahmen einkassiert, eine Chance auf Verbesserungen, statt der Illusionen einer schwarzen Null. Kämpferische und mobilisierende Aussagen stoßen bei der Masse auf Zuspruch: dem Satz „Auf zu diesem Warnstreik; bei nächstem Mal wird es ein richtigen Streik!“ folgte ein langer Beifall. Gegen 12 Uhr löste sich die Versammlung allmählich auf. Davor wurde nochmals zum Warnstreik am nächsten Donnerstag in Düsseldorf aufgerufen. Die nächste Verhandlungsrunde findet Anfang übernächster Woche statt; bis dahin möchte man genug Druck aufgebaut haben, um die Arbeitgeber zu Zugeständnissen zu bringen.
Dokumentiert Solidaritätserklärung der Linksjugend [’solid] Aachen:
Solidarität mit den Streikenden!
Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Erhöhung der Entgelte um 5,5%, mindestens aber um 175 Euro – Erhöhung der Ausbildungsentgelte um 100 Euro – Verbindliche Übernahmeregelung für Auszubildende – Ausschluss sachgrundloser Befristungen:
Eure Forderungen sind mehr als berechtigt!
Wir – linksjugend [’solid] Aachen – stehen solidarisch an eurer Seite.
Die Bosse bewegen sich kein Stück – das ist skandalös! Sie behaupten, es sei kein Geld da. Dabei werden Milliarden für Rüstung und Krieg ausgegeben. Die Europäische Zentralbank hat sich eine neue Zentrale in Frankfurt bauen lassen – für 1,3 Milliarden Euro.
Geld ist genug da: Es müsste nur bei den Reichen und Konzernen geholt werden.
Kämpfen lohnt sich! Wir unterstützen euren Kampf und wollen euch ermutigen, für die volle Durchsetzung eurer Forderungen zu streiten: Mit Demonstrationen, Warnstreiks und – wenn nötig – auch einem Erzwingungsstreik.
Wir werden euch dabei weiterhin zur Seite stehen.