Vorschläge für eine sozialistische Gesundheitspolitik
Im Kapitalismus wird aus dem öffentlichen Gesundheitswesen ein durchökonomisierter und immer mehr privatisierter Gesundheitsmarkt. Pharmakonzerne machen mit überteuerten und teilweise nutzlosen Medikamenten Riesenprofite. Die staatliche Gesundheitsversorgung wird abgebaut, Lohnabhängige müssen immer mehr zahlen, Krankenhäuser werden zu Fabriken.
Der Kampf der Berliner Charité-Beschäftigten für mehr Personal im Krankenhaus stellt diese Logik in Frage. Die KollegInnen fragen nicht nach den Kosten, sondern was für eine qualitativ hochwertige Gesundheitsversorgung nötig ist. Sie richten ihre Kritik unter anderem gegen das System der Fallpauschalen.
Die SAV steht für eine sozialistische Gesundheitspolitik. Hier Auszüge aus unserem gesundheitspolitischen Programm:
Weg mit den Fallpauschalen!
Mit den Fallpauschalen wird der Preis der Gesundheit eines Menschen genau wie jede andere Ware kalkuliert und berechnet. Der damit verbundene Wettbewerb führt zu Überversorgung bei Behandlungen, die sich „lohnen“ und Unterversorgung bei Behandlungen, die sich nicht „lohnen“. Lohnend sind immer Entlassungen von PatientInnen innerhalb eines kürzeren Behandlungszeitraums, als für den Behandlungspreis berechnet. PatientInnen werden noch schneller durchs Krankenhaus geschleust und auch entlassen, wenn sie noch nicht geheilt sind („quicker and sicker“). Nicht selten ergibt sich daraus ein „Drehtüreffekt“ und dieselben PatientInnen werden schon bald wieder eingeliefert.
Die bereits eingeführten Mittelkürzungen in den Krankenhäusern müssen zurückgenommen werden. Seit 1993 werden die Tariferhöhungen nicht mehr durch Budgeterhöhungen refinanziert, sondern durch Stellenabbau, Überstunden und Tarifflucht kompensiert. 60.000 Arbeitsplätze sind so in den letzten zehn Jahren in den Krankenhäusern vernichtet worden. ver.di hat errechnet, dass in der Bundesrepublik 162.000 Stellen in den Krankenhäusern fehlen, davon 70.000 in der Pflege. Dringend notwendig ist also ein Ausbau statt des Abbaus der Personalversorgung. Dazu bedarf es der Durchsetzung einer Personalmindestbesetzung, wie sie von ver.di und der LINKEN per Gesetz gefordert wird und von den Beschäftigten an der Charité gerade per Tarifvertrag erkämpft werden soll. Alle geplanten Privatisierungsschritte gehören gestoppt. Bereits privatisierte Klinken müssen wieder in öffentliches Eigentum überführt werden. Nötig ist ein massives staatliches Investitionsprogramm zur Sanierung von Krankenhäusern, zum Aufbau eines Netzes von Polikliniken, zur Verbesserung und Förderung der Gesundheitsvorsorge und Forschung. Ein solches Programm muss durch eine deutliche Besteuerung von Banken und Konzernen finanziert werden.
Arbeit macht krank
Eine Forschungsarbeit der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin ermittelte ein Kostenvolumen für die direkte Behandlung von Krankheiten, bedingt durch körperliche Belastungen bei der Arbeit, in Höhe von 29 Milliarden Euro und in Folge von psychischen Belastungen bei der Arbeit in Höhe von 27 Milliarden Euro jährlich. Deshalb ist ein massiver Ausbau von präventiver Gesundheitsversorgung in allen Bereichen der Gesellschaft – von der Schule bis zum Arbeitsplatz – nötig. Gleichzeitig sollte der Zustand, dass Millionen zu wenig Arbeit haben, während Millionen bei der Arbeit krank werden, durch eine Arbeitszeitverkürzung auf dreißig Stunden pro Woche bei vollem Lohn- und Personalausgleich abgestellt werden.
Gegen Wettbewerb
Wettbewerb zwischen Kassen, Pharmaunternehmen und privaten Versicherungen geht immer zu Lasten der Versicherten. Daher setzt sich die SAV für die Zusammenführung aller Krankenkassen (auch aller Privatversicherungen) zu einer einzigen öffentlichen Krankenkasse bei Arbeitsplatzgarantie für alle Beschäftigten ein. Dadurch ließe sich auch viel Geld sparen. Gleichzeitig wäre es ein erster Schritt hin zur Umwandlung des Gesundheitswesens – bei Abschaffung aller Arbeitnehmerbeiträge – zu einem kostenlosen, staatlichen, also steuerfinanzierten, Gesundheitswesen. Gesundheit darf nicht vom Geldbeutel abhängen, sondern ist aus unserer Sicht ein unverzichtbares Grundrecht.
Aus Krankheiten keinen Profit schlagen
Zur Abschaffung des Wettbewerbs und des Profitemachens mit der Gesundheit von Menschen gehört auch, dass die Pharmaindustrie in Gemeineigentum – unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch gewählte VertreterInnen der arbeitenden Bevölkerung – überführt wird. Profitorientiertes Wirtschaften hat in der Gesundheitsversorgung nichts zu suchen.
Aber es geht nicht nur um eine bessere Gesundheitsversorgung, sondern auch um die Bekämpfung von krank machenden Arbeits-, Lebens- und Umweltbedingungen, von Arbeitslosigkeit und Armut. Der Kampf um eine optimale Gesundheitsversorgung ist gleichzeitig ein Kampf um Arbeit, vernünftige Löhne und Umwelt-, wie Wohnbedingungen für alle Menschen.
Mit der kapitalistischen Wirtschaft lässt sich dies nicht vereinbaren. Deshalb muss die Macht der Banken und Konzerne gebrochen, Großunternehmen in öffentliches Eigentum überführt und nach den Bedürfnissen von Mensch und Umwelt produziert werden. Nötig ist eine sozialistische Veränderung der Gesellschaft. Erst dann können Bedingungen entstehen, die Krankheiten vermeiden und optimal heilen.