Am 28. und 29. Mai findet die erste Tagung des 5. Parteitags der LINKEN in Magdeburg statt. Neben der Neuwahl des Parteivorstands wird sich die Partei vor allem mit der Frage beschäftigen, wie dem drohenden Aufstieg der AfD Einhalt geboten, rechter Terror bekämpft und wie eine „soziale Offensive für ein offenes Land“ (Titel eines von drei Leitanträgen) aussehen kann.
von Lucy Redler, Berlin
Der Parteivorstand hat zum Bundesparteitag diesmal gleich drei Leitanträge vorgelegt: Leitantrag 1 „Für Demokratie und Solidarität! Gegen den Rechtsruck“, Leitantrag 2 „Mehr für alle. Eine soziale Offensive für ein offenes Land“ und Leitantrag 3 „Für Frieden und eine gerechte Weltordnung“.
In den Anträgen finden sich richtige Positionen wie die Ablehnung von Obergrenzen und Abschiebungen, die Bekämpfung der Fluchtursachen, die dezentrale und bedarfsgerechte Unterbringung von Geflüchteten, eine Offensive für das Öffentliche wie Wohnen, Gesundheit, Bildung und Verkehr für Alle mit einem 25 Milliarden Sofortprogramm, die Einführung der Millionärssteuer, die Feststellung, dass es die kapitalistische Produktionsweise ist, die zu imperialistischen Kriegen führt, den sofortigen Stopp aller Rüstungsexporte und die konsequente Ablehnung von Auslandseinsätzen. Die AfD wird zu Recht als reaktionäre, rassistische, frauenfeindliche und reichenfreundliche Partei beschrieben und es wird darauf verwiesen, dass die politischen Koordinaten von der Bundesregierung wöchentlich nach rechts verschoben werden.
Strategie nötig
Neben solchen notwendigen und richtigen Aussagen, die DIE LINKE von allen anderen Parteien wohltuend abhebt, finden sich in den Anträgen Appelle an die Bundeskanzlerin ihre Austeritätspolitik zu stoppen und keine Sozialleistungen mehr abzubauen und Appelle an SPD und Grüne (die gerade das Asylrecht verschärft haben), „gesellschaftliche Anstrengungen für Antirassismus und Willkommenskultur in den Parlamenten zu unterstützen“ (danach folgt der Satz „Es muss Schluss sein mit den Verschärfungen des Asylrechts“).
Alles in allem fehlt eine Strategie, wie die oben genannten Forderungen durchgesetzt werden können. Das widerspiegelt die verschiedenen teilweise unvereinbaren Meinungen innerhalb der Partei. Während die einen auf Regierungsbeteiligungen mit SPD und Grünen setzen und in solchen Regierungen wie in Thüringen und Brandenburg dann auch Abschiebungen vornehmen, setzen andere auf Bewegungen und Mobilisierungen von unten und ein schärferes Oppositionsprofil. Die Leitanträge positionieren sich zur Frage der Strategie nicht eindeutig. Neben positiven Bezügen auf Bewegungen und Druck von unten finden sich staatstragende Aussagen, die den Eindruck erwecken, das Gute könne von Oben kommen.
Dasselbe gilt in Bezug auf die EU. Die herrschende Politik der EU wird zu recht kritisiert, aber es ist völlig unklar, wie das in Leitantrag 2 geforderte „Europa, das wieder begeistern kann“ denn aussehen soll. Als reformierte EU? Durch einen Bruch mit der EU? Im Rahmen des Kapitalismus?
Der letzte Satz in L2 „…dass wir Kurs halten hin auf eine echte Demokratie, auf ein lebenswertes und liebenswertes Land für Alle“ suggeriert, der Kapitalismus könne liebens- und lebenswert für alle sein und es gäbe keine Klassen.
Anti-Establishment
Dabei ist es genau das, was jetzt nötig ist: eine klassenkämpferische Antwort auf die AfD und das Establishment, um viele Menschen, die zu recht die Nase voll haben, für DIE LINKE zu gewinnen. Das geht nur in Abgrenzung zu SPD und Grünen und „denen da oben“ und nicht, indem DIE LINKE diese einerseits kritisiert und andererseits den Schulterschluss mit ihnen sucht. Und es wird nur funktionieren, wenn DIE LINKE ein qualitativ größeres Augenmerk auf den Aufbau von Widerstand und die außerparlamentarische Arbeit legt als bisher. Sonst droht eine Situation einzutreten, in der DIE LINKE als linke parlamentarisch-etablierte Ergänzungspartei wahrgenommen wird und auch real wird. Das gilt es zu verhindern und durch ein kämpferisches, bewegungsorientiertes, eigenständiges antikapitalistisches Profil Menschen für die Partei zu gewinnen. DIE LINKE wäre gut beraten, sich die klaren Positionen der vor 145 Jahren geborenen Rosa Luxemburg zur Regierungsfrage, dem Verhältnis von Parlamentarismus und Bewegung und den Aufgaben sozialistischer Parteien erneut durchzulesen und ihre Ideen in die heutige Sprache zu übersetzen. Zurück in die Zukunft.
Lucy Redler ist Bundessprecherin der AKL und Mitglied der SAV Bundesleitung