Offenheit für sozialistische Ideen wächst
Die britische Referendumskampagne über den Brexit war von etablierten PolitikerInnen dominiert. Diese haben die in der Bevölkerung verbreiteten Ängste – basierend auf einer Unterfinanzierung öffentlicher Dienstleistungen im Zusammenhang mit zunehmender Migration – ausgenutzt, um Rassismus zu schüren. Seit der Wirtschaftskrise haben die Regierung und die Medien Migration als Ursache für wachsende Arbeitslosigkeit, die Wohnungskrise und fallenden Lebensstandards dargestellt. Aber der wirkliche Grund für sinkende Lebensstandards sind die neoliberale Politik mehrerer aufeinander folgender Regierungen, Privatisierungen und Sozialabbau.
von Helen Pattison, London
Viele Jugendliche sind angewidert vom Rassismus gegen MigrantInnen, den PolitikerInnen in den letzten acht Jahren propagiert haben, und besorgt über das Wachstum von UKIP. Während der Wahl zum Labour-Vorsitz im vergangenen Jahr konnte der linke Kandidat und jetzige Vorsitzende Jeremy Corbyn viele Jugendliche aktivieren. Eine wachsende Zahl junger Menschen betrachtet sich als SozialistInnen und hat sich auf die eine oder andere Art an Protesten gegen Sozialabbau und Privatisierung beteiligt.
Das EU-Referendum war für viele Menschen keine einfache Entscheidung. Während die Socialist Party gemeinsam mit der Mehrheit der linken Gewerkschaften eine sozialistische Position für den Austritt vertreten hat, gab es auf beiden Seiten, in der Leave- und der Remain-Kampagne, die arbeiterfeindliche Kürzungspolitik unterstützende Stimmen.
Angst vor Rassismus
Umfragen zeigen, dass Jugendliche unter 25 Jahren mit überwältigender Mehrheit für den Verbleib in der EU gestimmt haben, hauptsächlich aus Ablehnung gegen Rassismus und UKIP und aus einem Gefühl des Internationalismus – auch wenn die Wahlbeteiligung unter Jugendlichen mit 64 Prozent unter der Wahlbeteiligung von über 72,2 Prozent der registrierten WählerInnen lag. Ein Teil der jungen Menschen, die Wut auf das kapitalistische System in der Krise empfinden, sind zu Hause geblieben.
Diskussionen an Schulen
Während des Referendums wurden an vielen Schulen und Colleges Podiumsdiskussionen über die EU organisiert. Anstatt zwei Fraktionen des Establishments das Thema zu überlassen, hat die Socialist Party Debatten nach links verschoben und die UnterstützerInnen der EU gezwungen, auf das Scheitern der EU in der Flüchtlingskrise und bei der europaweit wachsenden Armut einzugehen.
Es stimmt, dass verschiedene Altersgruppen unterschiedlich abgestimmt haben. Es gibt auch den Trend, dass in Gebieten mit einem hohen Anteil an ArbeiterInnen überwiegend für den Austritt gestimmt wurde, weil dort die Lebensstandards am stärksten gefallen sind. In Medienberichten vom Abend nach dem Referendum wurde das Ergebnis als Revolte der Arbeiterklasse bezeichnet. Erst am nächsten Morgen stellten die Medien das Ergebnis als Spaltung zwischen Alt und Jung dar. Das liegt zum Teil daran, dass vorgezogene Parlamentswahlen vor 2020 wahrscheinlich sind und sie verhindern wollen, dass sich große Teile der Bevölkerung vereinen und die Tories abwählen, während Jeremy Corbyn Labour führt.
Für das Wahlrecht ab 16
Wir haben uns an der Organisierung einer ersten Schülerdemo für das Wahlrecht ab 16 nach dem Referendum beteiligt. Anstatt sich darauf zu konzentrieren, wie Menschen beim Referendum abgestimmt haben, ist das Ziel jetzt, die Kürzungspolitik zu stoppen und sich für künftige Wahlen zusammenzuschließen. Etwa die Hälfte der TeilnehmerInnen der Demo betrachtete sich als SozialistInnen und hat Interesse daran, mehr über die Socialist Party zu erfahren, obwohl viele von ihnen für den Verbleib in der EU waren.
Junge Menschen waren über die Entscheidung für den Austritt besorgt, weil sie Zukunftsängste haben. Diese Ängste basieren auf einer schwachen Wirtschaft, Sozialabbau und der Möglichkeit einer neuen Rezession. Auch deshalb müssen wir gegen die Politik der Rechten kämpfen, die die Ärmsten in der Gesellschaft zwingen, für die letzte Krise und alle zukünftigen Krisen zu bezahlen.
Helen Pattison ist Sekretärin der Socialist Party für Jugend- und Studierendenarbeit