Regierung unterstützt die Steuerhinterziehung des „Apple“-Konzerns
von Cillian Gillespie, „Socialist Party“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in Irland)
Das Spektakel, das die irische Regierung veranstaltet, wenn sie nun die Europäische Kommission auffordert, den „Apple“-Konzern zur Steuernachzahlung im Umfang von 13 Milliarden Euro zu bringen, ist einfach nur als schändlich zu bezeichnen. Wir sollten uns alle noch einmal ganz klar vor Augen halten, dass diese Regierung aus den feigen Lakaien der Konzerne in diesem Land besteht.
Die dazugehörigen Politiker stellen sich auf die Seite eines Konzerns, der Barbestände in Höhe von 200 Milliarden Euro vorweisen kann und mit Unterstützung der irischen Regierung Steuerbetrug in massivem Umfang betreibt. Finanzminister Michael Noonan hat auf geradezu unredliche Art und Weise versucht darzulegen, dass die Summen, um die es geht und sollten sie vom Staat zurückgeholt werden können, ausschließlich für den Schuldendienst Irlands eingesetzt werden können. Diese Schulden werden übrigens von der breiten Masse der Bevölkerung abgelehnt, da sie auf den Immobilien-Crash der Jahre 2008 und 2009 zurückgehen.
Und schon scheinen die Erklärungen, die uns von Seiten der Europäischen Kommission erreichen, darauf hinzudeuten, dass dies gar nicht der Wahrheit entspricht. Dessen ungeachtet meinen wir, dass dieser warme 13 Milliarden Euro-Regen eingesetzt werden sollte, um Investitionen zu tätigen, die den Bedürfnissen der arbeitenden Menschen entsprechen – und nicht denen der Aktienbesitzer.
Eine Heuchelei, die zum Himmel schreit
Die Europäische Kommission ist beileibe kein Freund der Menschen aus der Arbeiterklasse. Sie war zentraler Bestandteil der „Troika“, die der Arbeiterklasse in Griechenland, Irland, Spanien und in Portugal die zermürbenden Austeritätsprogramme auferlegt hat. Als dies geschah, hat die irische Regierung gehorsam agiert und diese Programme unterstützt.
Im Juli machte sich die Regierung eine Stellungnahme der Europäischen Kommission zunutze, um die Einführung einer Sonderabgabe auf Wasser zu fordern. Damit wollte man begründen, weshalb diese Steuer unweigerlich wieder auf den Tisch kommen müsse. Der offensichtliche Widerspruch zwischen diesen Aussagen und ihr Eifer, den sie an den Tag legt um sicherzustellen, dass „Apple“ die hinterzogenen Steuern nicht zurückzahlen muss, dürfen dabei niemanden verwundern.
Diese Heuchelei ist auch in den Medien zu verfolgen, die im Sold der Großkonzerne stehen. Am Tag nach der Stellungnahme der Europäischen Kommission titelte die Zeitung „Irish Independent“: „Irland muss sich gegen die gesichtslosen Mobber von der EU zur Wehr setzen“. Es ist dies exakt dieselbe Zeitung, die permanent die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes aber auch Kampagnen wie die gegen die Haushaltssteuer und die Sondersteuer auf Wasser verunglimpft. Das auf die „Troika“ zurückgehende Austeritätsprogramm wird hingegen über den Klee gelobt und man erzählt uns, dieses sei unumgänglich.
Die Zeitung „The Irish Times“ meinte am Dienstag, dem 30. August, dass es „dem Staat schaden“ würde, selbst wenn „Apple“ gezwungen werden sollte, eine Summe im niedrigen Milliarden-Bereich zurückzuzahlen (die Zahl von 13 Mrd. Euro Stand zu jenem Zeitpunkt noch nicht um Raum). Damit stellt man sich eindeutig gegen die Ansicht, dass dieses Geld dafür eingesetzt werden könnte, um öffentliche Investitionen zu finanzieren. Viel lieber widerspiegelt man die Sorge eines Teils der herrschenden gesellschaftlichen Klasse, wonach Irlands Image als Steuerparadies Schaden nehmen könnte.
Ein gescheitertes Modell
Seit den 1950er Jahren ruht der irische Kapitalismus auf Investitionen durch multinationale Konzerne, die bei der Industrialisierung der Wirtschaft und der Entwicklung eines Produktionsstandorts halfen. Das zeigt die eigene Unfähigkeit diesbezüglich. Man hatte gehofft, dass man von einer solchen Entwicklung der Wirtschaft würde profitieren können. In der heimischen Wirtschaft (vor allem in der Baubranche und im Dienstleistungsbereich) sollte es zu entsprechenden Nebeneffekten kommen.
Aus diesem Grund sind aufeinander folgende Regierungen darauf aus gewesen, multinationale Konzerne mit süßen Gaben wie z.B. der Rückzahlung durch die Finanzämter im Jahr 2007 an „Apple“ oder einem erbärmlich niedrigen Höchststeuersatz von 12,5 Prozent (bei effektiver Rate von nur noch 8,3 Prozent) zu becircen. Der Grad, zu dem dieses Niedrigsteuer-Modell die irische Wirtschaft stimuliert hat, ist in großem Maße übertrieben dargestellt worden. Nur ein Sechstel aller Arbeitskräfte ist direkt oder mittelbar im Sektor beschäftigt, den die multinationalen Konzerne repräsentieren. Die bittere Erfahrung des Jahres 2009 mit dem Computer-Riesen „Dell“ in Limerick, wo 3.000 ArbeiterInnen entlassen worden sind, damit das Unternehmen seine Produktion nach Polen verlagern konnte (wo die Beschäftigten geringere Löhne erhalten), zeigt, wie solche Arbeitsplätze im Interesse der Profite zerstört werden.
Den Reichtum heranziehen
Die 13 Milliarden Euro Schulden, die „Apple“ hat, müssen ohne Wenn und Aber nachgezahlt werden. Sämtliche Steuererleichterungen und -schlupflächer, auf die die großen Konzerne in Irland zurückgreifen können, müssen der Vergangenheit angehören. Die Unternehmenssteuer muss drastisch erhöht werden und die Steuer für Großkonzerne auf deren Unternehmensgewinne, die letztendlich auf die Arbeitskraft der Beschäftigten zurückgehen, muss eingesetzt werden, um damit Wohnungen zu bauen, in den Bereich der öffentlichen Dienstleistungen investiert zu werden und in Infrastrukturprogramme wie beispielsweise der Entwicklung erneuerbarer Energien.
Wenn wir zu einem existenzfähigen Produktionsstandorts kommen wollen, dann müssen wir uns aus der Abhängigkeit vom privatwirtschaftlichen Sektor verabschieden, der bewiesen hat, mit dieser Aufgabe überfordert zu sein. Die Schlüsselindustrien der Wirtschaft müssen in demokratisch verwaltetes öffentliches Eigentum überführt und auf der Grundlage eines demokratisch verfassten ökonomischen Gesamtplans gestellt werden. Die Ressourcen müssen produktiv und im Sinne der Bedürfnisse aller Mitglieder des Gesellschaft eingesetzt werden – nicht im Interesse einer handvoll Milliardäre, die in den Konzernvorständen sitzen.
Wie die 13 Milliarden Euro stattdessen eingesetzt werden könnten:
- für den Bau von 20 neuen Krankenhäusern
- für den Bau von 130.000 Wohnungen, um die Warteliste Wohnungssuchender abzuarbeiten
- um in den nächsten 20 Jahren kostenlose Bildung für alle von der Grundschule bis zur Hochschule zu finanzieren. Das würde zur Abschaffung der Studiengebühren und zusätzlicher Belastungen führen, die schon in der Primar- und Sekundarstufe für Transport, Lehrmittel etc. anfallen
- Wenn wir 13 Milliarden Euro in Transport und Verkehr investieren würden, könnten wir in den nächsten 270 Jahren in allen größeren Städten kostenlose Busfahrten anbieten.