Geflüchtete in Hongkong halfen Edward Snowden beim Untertauchen
Die beeindruckende Großzügigkeit der Flüchtlinge in Hongkong, von Frauen und Männern, die von der Regierung Hongkongs auf schlimme Art und Weise als „illegale Einwanderer“ diskriminiert und verleumdet werden, ist zu einem weltweit beachteten Thema geworden.
von Pasha, Socialist Action in Hongkong
Das liegt an ihrer Rolle, die sie in den entscheidenden ersten Tagen nach den Enthüllungen von Edward Snowden spielten und an ihren Anstrengungen, die sie in dieser Zeit unternommen haben, um ihn zu verstecken. Schließlich hatte er gerade erst schwerwiegende Staatsgeheimnisse ans Licht der Öffentlichkeit gebracht, die Auskunft darüber geben, mit welch schmutzigen Tricks die US-Regierung arbeitet.
Von Hongkong aus veröffentlichte Snowden im Mai 2013 die als sensationell klassifizierten Dokumente, die das atemberaubende Ausmaß der US-amerikanischen Telefonüberwachung und Kontrollmechanismen weltweit offen legten. Seine Enthüllungen haben unter anderem gezeigt, dass die Behörden der US-Regierung mehr als 120 führende Politiker dieser Welt überwacht haben.
Keine Hilfe von Behörden
Anfangs hatte Snowden in Hongkong bei der UNO Asyl beantragt. Wie aber schon bei unzähligen Anderen sollte sich dies unter den restriktiven Asyl-Bedingungen, die in Hongkong gelten, als enttäuschte Hoffnung herausstellen. Snowden und seine UnterstützerInnen befürchteten, dass die US-Behörden Versuche unternehmen könnten, ihn in Hongkong zu fassen. Sie mussten davon ausgehen, dass er möglicherweise Opfer eines nicht rechtsstaatlichen Urteils werden oder noch Schlimmeres geschehen könnte. Eine weitere Sorge galt der US-Regierung selbst, die über die Gerichte auf Snowdens Auslieferung würde hinarbeiten können.
Mit schwarzem Hut und Sonnenbrille kam er in Begleitung eines bekannten Anwalts für Asylrecht in das Arbeiterviertel Sham Shui Po. Dort suchte er unter den elftausend Flüchtlingen Hongkongs Unterschlupf.
Geflüchtete helfen
Snowden hat seine Dankbarkeit gegenüber den Geflüchteten zum Ausdruck gebracht, die für ihn ein großes persönliches Risiko auf sich genommen und mit ihm das Wenige geteilt haben, das sie besaßen. Vor kurzem schrieb er in einem „tweet“: „Vor drei Jahren haben diese mutigen Familien mich im Untergrund von Hongkong gerettet. Sie selbst warten immer noch auf Asyl“.
Vanessa ist Mitglied von „Socialist Action“ (Schwesterorganisation der SAV) und Asylsuchende von den Philippinen, sowie aktiv bei der Flüchtlingsgewerkschaft, die 2014 zur Verteidigung der Rechte Geflüchteter gegründet wurde. Sie ist eine der bisher unbekannten HeldInnen, die Edward Snowden geholfen haben Unterschlupf zu finden. In den ersten Tagen, nachdem die Veröffentlichung seiner Enthüllungen die Welt ins Wanken brachte, lebte Snowden mit Vanessa, ihrer Mutter und Tochter in einer winzig kleinen Wohnung zusammen.
„Oh mein Gott, der meist gesuchte Mensch der Welt befindet sich in meiner Wohnung!“, sagte sie gegenüber der britischen Zeitung „Daily Mail“ über die Zeit, in der sie erst langsam begreifen konnte, wie wichtig ihr Gast tatsächlich war. Klarheit erlangte sie aufgrund der vielen Bilder von ihm, die die Zeitungen abgedruckt hatten.
Vanessa sagt, dass Edward Snowden anfangs einen traurigen und natürlich auch besorgten Eindruck machte: „Er hatte nur wenig an Kleidung bei sich, weshalb wir ihm halfen“. Sie überließ ihm sogar ihr Bett, damit er einmal richtig ausschlafen konnte. „Wir kochten für ihn und gingen für ihn einkaufen, um ihm die Dinge zu besorgen, die er für seinen Computer brauchte“, so Vanessa weiter. Lachend fährt sie fort, dass er „McDonald’s“-Essen mochte, vor allem „Chicken McNuggets“.
Snowden machte deutlich, wie wichtig diese Hilfe für ihn war: „Wenn sie sich nicht derart für mich eingesetzt hätten, dann wäre meine Geschichte anders ausgegangen. Sie lehrten mich, dass es keine Rolle spielt, wer du bist, dass es egal ist, was du hast. Manchmal kann ein bisschen Courage den Gang der Geschichte verändern.“
Die Regierung von Hongkong, die Geflüchtete als „Kriminelle“ und „illegale Einwanderer“ bezeichnet, hat Snowden keinen Schutz angeboten. Im Gegensatz zu einigen der wohl ärmsten und am stärksten unterdrückten Menschen in Hongkong, die sich seiner angenommen haben.
„Verteidigt Edward Snowden“
Im Mai 2013 war „Socialist Action“ eine von 19 Gruppen, die in Hongkong eine Kundgebung zur „Verteidigung von Edward Snowden“ initiiert haben, an der rund eintausend Menschen teilnahmen. Es war die erste derartige Demonstration weltweit. Sally Tang Mei-ching von „Socialist Action“ war die erste Rednerin bei dieser Demonstration und das Flugblatt von „Socialist Action“, das hundertfach verteilt wurde, forderte die Regierung von Hongkong auf, Snowden Asyl zu gewähren. Damals warnte Snowden, dass das FBI versuchen würde, Hongkong zu seiner Ausweisung zu bringen. Unser Flugblatt erklärte, dass man weder der chinesischen noch der US-amerikanischen Regierung trauen dürfe, da beide massiv Gebrauch machen vom Mittel der illegalen Überwachung der jeweils eigenen Bevölkerung, um die reichen und einflussreichen Interessengruppen zu verteidigen. n