Das neue BND-Gesetz bringt dem Geheimdienst mehr Einfluss
In einem Eilverfahren von beispielloser Schnelligkeit wird das neue BND-Gesetz momentan durch Bundestag und Bundesrat gepeitscht, der Bundestag hat es bereits verabschiedet. Wenn der Bundesregierung ein Thema so wichtig zu sein scheint, kann es für uns eigentlich nur eine Verschlechterung bedeuten. Und so ist es auch.
von David Redelberger, Kassel
Seit 2014 musste der Bundesnachrichtendienst im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestags Fragen beantworten und Akten zur Verfügung stellen. Dabei hat der Geheimdienst dem Gremium auf der Nase herumgetanzt, wo er nur konnte: Ganze 130 Akten hat der BND beispielsweise vorenthalten – „aus Versehen“. Aufgefallen ist das nur dadurch, dass ein Mitarbeiter bei der Befragung Akten zitiert hat, die dem Gremium gar nicht bekannt waren 1. Die Abgeordneten hatten sowieso berechtige Bedenken, dass der BND den Untersuchungsausschuss nicht die Akten vorlegt, mit denen er arbeitet, sondern eigens für sie angelegte 2.
Wilde Theorien
Das, was dann im Untersuchungsausschuss erzählt wurde, war häufig nicht weniger absurd. Der BND arbeitet zum Beispiel mit der Funktionsträger- und der Weltraumtheorie: Erstere besagt, dass Menschen, die als GrundrechteträgerInnen eigentlich nicht abgehört werden dürfen, als FunktionsträgerInnen von zum Beispiel ausländischen Organisationen dann doch abgehört werden dürfen. Mit der Weltraumtheorie rechtfertigt der BND seine massive Überwachung durch Satelliten, die sich ja im Weltraum befinden, nicht auf dem Gebiet eines Staates, dort also rechtsfreier Raum sei 3.
Massenüberwachung: mehr, legal, schlecht kontrolliert
Es wundert kaum, dass sich der BND als Geheimdienst nicht an Gesetze hält, das macht diese Organisationen ja aus. Das Schlimme am BND-Gesetz ist nun aber, dass alle diese bisherigen Praktiken damit legalisiert werden und, mehr noch, der BND den Freifahrtschein für Massenüberwachung und Datenweitergabe an die NSA hat. Auch die sowieso schon sehr beschränkte Kontrolle des BND wird weiter erschwert: Durch das Gesetz werden die Geheimdienst-Kontrollgremien weiter zerstückelt 4.
BND will mitmischen
Der BND will zu den anderen großen Geheimdiensten auf der Welt aufholen und sein Gewicht bei der Zusammenarbeit mit zum Beispiel der NSA, aber auch den anderen Partnerdiensten erhöhen. Der BND war bisher teilweise abhängig von diesen und umgekehrt: Es wird vermutet, unter anderem durch Martina Renner (Obfrau der Linksfraktion im NSA-Untersuchungsauschuss), dass im sogenannten Ringtausch Daten ausgetauscht werden, die der jeweils andere Dienst nicht legal abgreifen darf 5. Mit dem neuen Gesetz verbessert der BND an dieser Stelle seine Verhandlungssituation, weil er selbst mehr Daten sammeln kann. All das passt dazu, dass die deutsche Regierung versucht, auf der Welt auf verschiedensten Ebenen (wirtschaftlich, militärisch, usw.) wieder mehr Einfluss zu bekommen.
Abschaffen!
Wie wir an anderer Stelle schon geschrieben haben 6, ist es falsch, die „Souveranitätsdebatte“ zu führen: Der deutsche Staat handelt souverän und verfolgt eigene Interessen, die sich teilweise mit denen der USA decken. Die richtige Debatte ist und bleibt die über die Auflösung aller Geheimdienste: Sie sind undemokratisch, nicht kontrollierbar und mitunter gefährlich – schaffen wir sie endlich ab.
1 http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-03/nsa-bnd-ausschuss-akten-kritik
2 http://www.zeit.de/politik/2015-03/nsa-ausschuss-bnd-gefaelschte-akten
3 https://netzpolitik.org/2016/bnd-theorien-brechen-zusammen/
4 https://netzpolitik.org/2016/fuenf-drastische-folgen-des-geplanten-bnd-gesetzes/
5 http://www.zeit.de/digital/internet/2014-11/bnd-eikonal-nsa-daten-weitergabe-bundestag
6 https://sozialismus.info/2015/05/bnd-und-nsa-aufklaerung-fehlanzeige/