Bericht von der Landesmitgliederversammlung am 28. Januar 2017
Am Samstag den 28.01, fand in Hamburg mit rund 75 TeilnehmerInnen die größte und längste Landesmitgliederversammlung (LMV) seit Jahren statt. Auch wenn viel Zeit durch Verzögerungen verschwendet wurde war das Treffen vor allem eins: ein Signal, dass das absolute Tief von 2016 überwunden ist und der Verband endlich wieder aktiv mit linken Positionen nach außen gehen kann!
von Katharina Doll, Hamburg
Die Basisgruppen Altona und Barmbek haben sich an der LMV vor allem mit Vorschlägen zur Demokratisierung und zu politischen Schwerpunkten im kommenden Jahr beteiligt (siehe hier). Wir freuen uns, dass Diskussionen endlich wieder politisch geführt werden und Basisaufbau und Kampagnen oben auf der Tagesordnung stehen!
Kämpfen gegen die da oben!
Die erste Diskussion auf der LMV beschäftigte sich mit der Krise der herrschenden Eliten und der Polarisierung zwischen linken und rechten Kräften. Der Tenor war klar: als SozialistInnen verweigern wir uns Spaltungslinien wie Rassismus, Sexismus, Homophobie oder Nationalismus und führen den Kampf konsequent als einen zwischen oben und unten. Deswegen wollen wir starke Aktionen und eine Einheit gegen Rechts, aber als soziale Offensive! Wir können nicht gewinnen, wenn wir nur die Übermacht von Rassisten beklagen, sondern wollen uns auf die eigene Stärke konzentrieren. Die Millionen, die in den letzten Wochen gegen Trump und Frauenunterdrückung auf der Straße waren, geben uns dafür neue Kraft.
Nein zum Anpassungskurs von LINKE und [‘solid]!
Viele RednerInnen waren der Meinung, dass zwar die Mehrheit der Menschen auf der Straße sich solidarisch gegen die Parolen der Reaktionäre stellen, dass die Bereitschaft sich mit der Hetze der herrschenden Eliten anzulegen sich aber nur verzerrt in der wählbaren Parteilandschaft ausdrückt. Einige bezogen sich positiv auf Bernie Sanders und alle fanden, dass nur eine unangepasste Linke in der Lage ist, Hoffnung zu geben, Proteste und Strukturen aufzubauen und wirklich etwas zu ändern. Auch im Bezug auf die Hamburger LINKE wurde die Position des Jugendverbands klar: klare Kante gegen die etablierten Parteien und den Regierungsflügel in der Partei.
Krieg und Frieden
Gerade aus der akademischen Gruppe „Liste Links“ wurde das Thema Krieg und Frieden in den Vordergrund gerückt. In einem pazifistischen Aktionsprogramm schlagen sie der Linksjugend vor, sich im kommenden Jahr vor allem auf Antikriegsproteste zu konzentrieren. GenossInnen der SAV haben stärker betont, dass der Imperialismus viele Gesichter hat, und dazu gehört Krieg genauso wie soziale Kürzungen, Sparpolitik oder Rassismus. Kämpfe, die sich international gegen Ausbeutung und (sozialen) Mord durch die Herrschenden richten, können verschiedene Formen annehmen, und wir gehen stärker davon aus, dass es im nächsten Jahr Kämpfe um soziale Fragen und gegen rassistische Klassenfeinde wie die AfD sein werden, die Leute auf die Straße holen.
Zustand des Verbandes
Das ganze letzte Jahr über war der Hamburger Landesverband gelähmt dadurch, dass die Gruppe um Bijan Tavassoli mit bürokratischen Methoden den LSPR besetzte, Gelder zurückhielt und den Verband so kampagnenunfähig machte. Das ganze Spektakel war gewürzt vom Treiben von Einzelpersonen der Fraktion, die auf verschiedene Weise versuchten sich im Jugendverband ein eigenes Steckenpferd aufzubauen und dort mit unpolitischen Blockabstimmungen Mehrheiten zu gewinnen. Wir sind froh, dass der Ära Bijan Tavassoli endlich eine klare Absage erteilt wurde. Gleichzeitig war das Treffen immer noch geprägt von Blockabsprachen und bürokratischen Manövern. Der größte Block bestand aus der humanistisch-pazifistischen Gruppe „Liste Links“. Ein anderer war der Block um den Mitarbeiter von Martin Dolzer, Artur Leier, und lose mit Mehmet und Özgür Yildiz zusammenarbeitenden Jugendlichen, die durch ein unpolitisches Bündnis mit Bijan Tavassoli und Anhang in den Jugendverband kamen. Aus dieser Gruppe kommen fünf der acht neuen LandessprecherInnen (die drei weiteren kommen aus den Basisgruppen Altona und Barmbek).
Das Problem an der neuen Blockbildung im Jugendverband ist, dass bei solchen Wahlabsprachen häufig das Sichern eigener Mehrheiten vor politischen Überlegungen steht. Es werden Deals ausgehandelt nach dem Motto „ihr stimmt für unsere Kandidaten, wir für eure“. Das entpolitisiert, weil nicht mehr die politischen Positionen der KandidatInnen entscheiden, sondern eigene Machtinteressen, die durch Absprachen vorab gesichert wurden. Für uns soll es nicht vor allem darauf ankommen, welche Fraktion welche KandidatInnen durchstimmt, sondern welche Positionen die Kandidaten vertreten und wie ihre praktische Arbeit aussieht. Deswegen ist es wichtig, dass wir im Jugendverband auch solche Debatten wieder politisieren, unsere Interessen offen und politisch erklären und von Taktierereien loskommen.
Bürokratismus bekämpfen!
Etwa zwei Stunden wurden auf der vergangenen Mitgliederversammlung nur damit verbracht, dass Bijan Tavassoli stapelweise Geschäftsordnungsanträge vorlas, die ausnahmslos abgelehnt wurden. Vor fast jedem Tagesordnungspunkt wurden ermüdend kleinliche Debatten um Satzungsfragen geführt, die sich immer zwischen den selben satzungsversierten Langzeitkadern abspielten. Das war diesmal nötig, um sicherzustellen, dass diese Landesmitgliederversammlung nicht angezweifelt werden kann. Politisch schadet das dem Verband! Wir wollen Konflikte politisch klären und nicht durch Paragraphen. Wir wollen auf Treffen nicht nach wenigen Minuten alle abschrecken, die sich nicht mit Vereinsrecht auskennen. Wir halten uns an demokratische Prinzipien nicht weil sie in Artikeln stehen, sondern weil wir sie richtig finden. Es ist eine wichtige Aufgabe, dass wir uns im nächsten Jahr auf die politische Arbeit der Basisgruppen konzentrieren. Mit der im neuen Leitantrag abgestimmten Finanzierung der Basisgruppen kann jede aktive Gruppe Material und Proteste organisieren. Dass wir als Jugendverband nach außen gehen und unsere Basisgruppen lebendig sind – darauf müssen wir uns konzentrieren, und nicht auf Antragsfluten und Paragraphenreiterei!
Für einen unabhängigen Jugendverband!
Wie schon erwähnt gab es im letzten Jahr immer wieder Versuche von Teilen der Fraktion, den Jugendverband zu beeinflussen und seine Unabhängigkeit zu beschränken. Dazu gehören Blockabsprachen zwischen Fraktionsmitgliedern und Gruppen im Jugendverband oder die Versuche durch Mitglieder der Partei, dem Jugendverband die Entscheidungen über seine Finanzen aus der Hand zu nehmen.
Wir freuen uns, wenn wir Genossinnen und Genossen aus der Partei auf Proteste gehen oder uns bei Treffen sehen und wir beteiligen uns mit unseren Delegierten an den Debatten in der Partei. Trotzdem ist der Jugendverband unabhängig – und das ist gut so! Es ist richtig, dass wir als linker Jugendverband eigenständig Entscheidungen über unsere Strukturen und Gelder treffen. Wir wollen selbstbestimmt sein, und kein Nebenschauplatz für Machtspiele innerhalb der Parteistrukturen.
Auf in ein Kampagnenjahr 2017!
Dass der Jugendverband weiter eine funktionierende Basisstruktur hat, ist vor allem der Verdienst der AktivistInnen aus Altona und Barmbek. Trotz aller Schwierigkeiten konnten wir wachsen, eine zweite Basisgruppe aus unseren Reihen aufbauen und unterstützen nun den Aufbau der geplanten Gruppe in Wilhelmsburg. Wir waren es, die in den letzten Jahren in relevanter Anzahl für den Jugendverband auf der Straße waren und Aktionen organisiert haben.
Nach wie vor sind für uns handlungsfähige Strukturen und starke Basisgruppen wichtiger, als uns gegenseitig pausenlos auf die Füße zu treten. So, wie es auf der LMV letztes Wochenende aussah, ist der Hamburger Jugendverband weiter ein klar linker Verband, der für einen kämpferischen Kurs, gegen R2G, gegen alle Auslandseinsätze, für Sozialismus und starke Bewegungen auf der Straße steht. Wir haben uns für das nächste Jahr viel vorgenommen. Die Machthaber und Kriegstreiber dieser Welt, die Marionetten der Eliten, werden bei G20 nach Hamburg kommen und wir wollen sie nicht alleine lassen! In den Bundestagswahlen wird die rechte AfD weiter ihre Hetze betreiben und auch SPD, CDU, FDP, Grüne und andere etablierte Kräfte werden mit ihrer Wahlwerbung das Land zukleistern. Auch das wollen wir als linker Jugendverband nicht unkommentiert lassen! Ihr könnt uns auf der Straße treffen – gegen G20, gegen Rassismus, Sexismus, Kapitalismus und Krieg. Und um diese Kämpfe zu stärken und uns selbst auszubilden, werden wir am Basisaufbau des Jugendverbands weiterarbeiten. Kommt vorbei und macht mit – beim Hamburger Jugendverband lohnt es sich wieder!