Neue Regierung missachtet Forderungen der LehrerInnen
von Barbara Veger, „Socialistisch Alternatief“ (Schwesterorganisation der SAV und Sektion des CWI in den Niederlanden), Rotterdam
Unter den LehrerInnen herrscht eine enorme Bereitschaft aktiv zu werden. Dies gilt vor allem für die Primarstufe und den Förderschulbereich. In einer Umfrage von dieser Woche erklärten 97 Prozent der PädagogInnen, dass sie bereit sind zu streiken. Die Aktionsgruppe „PO in actie“ (dt.: „Primarschulen in Aktion“), die als „facebook“-Gruppe von drei LehrerInnen ins Leben gerufen worden ist, hat mittlerweile 36.000 Mitglieder und drohte im September damit, den Grundschulbereich für eine Woche lahm legen zu wollen, sollten ihre Forderungen nicht in den Koalitionsvertrag der neuen Regierung mit aufgenommen werden. Dafür gibt es gute Gründe: Der Bildungssektor hat mit enormen Problemen zu kämpfen.
Die Arbeitsbelastung im Bildungsbereich ist ungeheuerlich. Wir haben es hier mit der Berufsgruppe zu tun, die die höchste Burn-out-Rate zu verzeichnen hat. Die Klassen sind zu groß, häufig größer als dreißig Kinder. Die Bezahlung ist schon seit fünf Jahren nicht erhöht worden und liegt in der Grundschule noch 20 Prozent unter dem, was an weiterführenden Schulen bezahlt wird. Es droht ein Lehrermangel und die Qualität steht unter starkem Druck. Bisweilen müssen ganze Klassen nach Hause geschickt werden, weil keine Vertretungskräfte zur Verfügung stehen.
Jahrelang ist viel zu wenig in die Bildung investiert worden, und jetzt ist für die LehrerInnen das Maß voll. Das gilt nicht nur für die Primarstufe und die Förderschulen sondern ebenso für die weiterführenden und die Hochschulen. Auch in den Fachoberschulen ist die Aktionsbereitschaft hoch.
Bis vor kurzem haben die Vorstände der Bildungsgewerkschaften nur wenig von sich hören lassen. Sie stehen unter dem Druck von unten, durch das Entstehen der Aktionsgruppe „PO in actie“. Wegen ihr spricht nun auch die Gewerkschaftsführung von der Möglichkeit, dass es zu Streiks kommen kann. „PO in actie“ will im September eine Woche lang streiken. Es wäre der größte Lehrerstreik, den es in den Niederlanden je gegeben hat. Die Bildungsgewerkschaften sollten sich ohne Vorbehalt hinter diese Vorgehensweise stellen. Es darf nicht allein bei der Unterzeichnung des Manifests von „PO in actie“ oder einem nur eintägigen Streik bleiben.
Die Forderungen von „PO in actie“ sind vollkommen gerechtfertigt:
- Gleiche Bezahlung wie in der Sekundarstufe. „PO in actie“ fordert, dass das gesamte bisherige Lohnsystematik ersetzt wird durch die Lohnsystematik des Sekundarbereichs und dass die Lehrkräfte an den Grundschulen übergeleitet werden in die derzeitige Lohnskala und Stufenzuordnung.
- Ausreichende Bezahlung zur Verringerung der Arbeitsbelastung und Verkleinerung der Klassen.
Die LehrerInnen liefern ein gutes Beispiel, an dem sich alle ArbeitnehmerInnen orientieren können. Von einer neuen Regierung können wir – wie immer sie auch zusammengesetzt sein wird – keine Geschenke erwarten. Verbesserungen müssen schlicht und ergreifend erkämpft werden. Auch innerhalb der Gewerkschaftsbewegung müssen wir den Kampf dafür beginnen, indem wir eine echte linke Opposition aufbauen und die Gewerkschaften wieder zu Kampforganisationen machen, die entschlossene Aktionen organisieren. Diese sind nötig, um unsere gerechtfertigten Forderungen durchsetzen zu können.