Interview mit Kati Heinz und Conny Dahmen. Beide sind aktiv bei Köln gegen Rechts und Mitglieder der SAV.
Köln gegen Rechts ist ein antifaschistisches Aktionsbündnis verschiedener linker Organisationen, was sich Ende 2014 vor dem Hintergrund des ersten HOGESA – Aufmarsches gegründet hat, um die antifaschistische Arbeit effektiver koordinieren zu können. Seither konnte KgR viele Erfolge im Kampf gegen Nazis und Rassisten vorweisen und trägt auch überwiegend die Mobilisierung gegen den Afd-Bundesparteitag am 22.4. im Maritim-Hotel Köln.
Warum wollen diese Leute ausgerechnet in Köln tagen? Hier kamen doch in der Vergangenheit immer wieder sehr große und erfolgreiche Protestaktionen gegen Nazis und Rassisten zustande, und nun sieht es wieder danach aus…
Conny: Es ist Landtagswahlkampf, da passt natürlich Köln als größte Stadt in NRW Es ist natürlich prestigeträchtiger, hier aufzutreten als in einem Kaff. Außerdem sehen die Rechten, auch viele Nazigruppen, Köln seit den Vorfällen an Silvester 2015 als ihren Schwerpunkt, indem sie sich im wieder darauf beziehen und versuchen, die Vorfälle für ihre rassistische Propaganda auszunutzen.
Kati: Aber das werden wir nicht zulassen, wir haben in den letzten drei Jahren immer wieder massenhaft und konsequent gegen Naziaufmärsche und Afd-Auftritte mobilisiert, zehntausende Menschen waren immer wieder gegen Nazis und Rassisten, gegen Kögida, HOGESA, Pro-NRW usw. auf der Straße. Letztes Jahr konnten wir unter anderem einen Auftritt des AfD-Landesvorsitzenden Pretzell an der Uni Köln verhindern, den rechten Compact-Kongress durch ein antirassistisches Festival ersetzen und wir werden auch am 22. April diesen Rassistenkongress mit vielfältigen Protesten empfangen und begleiten.
Eure Kampagne läuft seit Wochen auf Hochtouren, man gewinnt den Eindruck, die ganze Stadt käme auf die Beine gegen die Afd?
Kati: Für den 22.4. hat Köln gegen Rechts die bundesweite Kampagne „Solidarität statt Hetze“ ins Leben gerufen, um auch möglichst viele Kräfte außerhalb Kölns in die Mobilisierung einzubeziehen. Unter dem Motto „ Der AFD die Show stehlen“ verbreiten wir nicht nur den Aufruf und die Daten, sondern führen gleichzeitig Aktionswochen mit vielfältigen Aktivitäten durch, die auch eine große Resonanz in der Tagespresse finden.
Bereits seit seit Anfang Februar laufen zusätzlich wöchentliche Mahnwachen vor dem Kölner Maritim-Hotel, an denen sich zwischen 30 und 120 Leute beteiligen, an einem bundesweiten Aktionstag am 18.3. protestierten Menschen in 12 Städten dagegen, dass diese Kette der AfD Räumlichkeiten für ihren Parteitag zur Verfügung stellt.
Conny: Außerdem arbeitet KgR mit zahlreichen anderen Initiativen zusammen, die Flashmobs und Kulturevents organisieren, die Stadtteilgruppe „Kein Veedel für Rassismus“ beispielsweise hat sogar einen Mobi-Filmclip für das Vorprogramm der Kölner Kinos gedreht und ist gegen den Wahlkampf der Afd vor Ort aktiv. Bundesweite Bekanntheit hat auch die Neuauflage der Aktion „Kein Kölsch für Nazis/ Kein Raum für Rassismus“ erlangt, bei der mittlerweile 170 Kölner Kneipen mitmachen.
Der Ortsverband Köln-Kalk der Partei DIE LINKE verknüpft seinen Landtagswahlkampf mit der Mobilisierung gegen den AfD- Parteitag: Bei den wöchentlichen Infotischen haben wir eigene Mobilisierungsflyer verteilt, eigene Plakate für die Proteste geklebt und einige davon als Schilder in den Straßen aufgehangen. „Der Kampf gegen die AfD“ war auch Thema einer der Hauptveranstaltungen des OV Kalk am 11. April. Darüber hinaus sind Mitglieder des Ortsverbandes bei „Kein Veedel“ und Arbeitsgruppen von Köln gegen Rechts aktiv.
Insofern: Ja. Es regt sich mit einer großen Dynamik Widerstand an allen Ecken.
Das klingt nach massivem Druck, wie ist die Position des Maritim Hotels dazu?
Kati: Als im Februar der öffentliche Zorn überkochte, eine große Unterschriftenaktion mit Prominenten startete, das Festkomitee Kölner Karneval eine Kundgebung auf dem Heumarkt (gegenüber des Hotels) angemeldet hatte und selbst Oberbürgermeisterin Reker das „Ausladen“ der AfD forderte, bemühte sich das Management um Schadensbegrenzung. Man äußerte sein Bedauern über die Rechtslage, versicherte, der AfD in Zukunft keine Räume mehr zur Verfügung stellen zu wollen, schenkte bei der Mahnwache Kaffee aus und sprach Björn Höcke ein Hausverbot aus.
Conny: Das sind natürlich nur PR-Maßnahmen, abgesehen davon, dass Höcke rechtlich gesehen als nominiertem Kandidaten Zutritt zum Saal gewährt werden muss, ist er ja nicht der einzige Neonazi und Rassist in dieser Partei. Auch Menschen wie Gauland, Meuthen, Pretzell und Petry wissen, was sie tun, wenn sie die geistigen Komponenten für reale Brandsätze bereit stellen, die reale rechte Schläger dann in reale Flüchtlingsheime werfen. Außerdem hat das Maritim, trotz des Versprechens des Managements, der AfD in Berlin erneut seine Räumlichkeiten zugesagt.
Wenn allerdings selbst die gesetzten Karnevalisten und bürgerliche Politiker beim Widerstand mitmachen, scheint einem erfolgreichen Tag ja nichts im Wege zu stehen?
Kati: Wir hoffen auf vielfältige und massenhafte Proteste und alle Prognosen gehen dahin, dass Köln ein deutliches Signal gegen die AfD setzen wird. Das ist gut und wichtig, um zu zeigen, dass die Unzufriedenheit über den Rechtsruck und die rechtspopulistische Hetze breiten Teilen der Bevölkerung nicht egal ist, sondern ganz und gar nicht recht.
Als linkes Bündnis war uns schon früh bewusst, dass der Protest – mitten im NRW-Wahlkampf andere Schwierigkeiten auf den Plan rufen wird. Natürlich schmücken sich in diesen Zeiten auch Parteien, die sich sonst selten im Antifaschismus engagieren, oft sogar Abschiebepolitik und institutionellen Rassismus praktizieren, mit Toleranz und Fremdenfreundlichkeit.
Wir glauben aber, dass man einer Partei wie der AfD politisch etwas entgegensetzen muss, Antworten auf rassistische Propaganda, aber auch soziale Fragen geben muss. Denn letztlich liegt der Erfolg der AfD auch in einer langen Phase unsozialer und neoliberaler Politik begründet, die auch die Grünen und die SPD mit zu verantworten haben. Daher fiel es uns schwer, gemeinsam mit solchen Kräften unter dem Motto „Tanz die AfD“ eine Tanzparade gegen die AfD zu veranstalten. Wir wollten darüber hinaus nicht, dass unser Protest zu einer Wahlkampfshow der großen Parteien wird.
Das alles hat leider zu Zerwürfnissen mit dem bürgerlichen Bündnis „Köln stellt sich quer“ geführt, mit dem wir bis jetzt oft gute, sich ergänzende Proteste organisiert hatten. Dort sind v.a. die etablierten Parteien, DIE LINKE, DGB-Gewerkschaften, religiöse Vereine vernetzt. Es hat sogar dazu geführt, dass die Polizei uns als Erstanmelder erst mal unseren Veranstaltungsort abgenommen hat.
Conny: In diesem Zusammenhang zeichnet sich jetzt auch leider eine Spaltung in „gute“ und „böse“ DemonstrantInnen ab, wenn von Seiten der SPD, DGB und Polizei KgR unterstellt wird, vermeintlich schwer gewaltbereite Autonome aus dem ganzen Bundesgebiet anzuziehen, die zu Tausende in Köln einfallen und Randale veranstalten würden. Damit begründet die Polizei nun Wasserwerfereinsätze und ein Aufstocken der Beamten an dem Tag auf 4000. Dabei war für KgR von vorne herein klar, dass von unseren Blockaden keinerlei Eskalation ausgeht.
Dann wird es also mehrere Gegenveranstaltungen geben?
Kati: Ab 7 Uhr morgens organisiert KgR verschiedenen Stellen Blockaden rund ums Maritim, um den Parteitagsteilnehmern möglichst lange den Weg zu versperren. Gleichzeitig sollte der Heumarkt eine Art ständiger Anlaufpunkt sein, um 10:30 Uhr Uhr gibt es dann eine politische Demonstration durch die Innenstadt von Köln gegen Rechts. Um 12 Uhr startet dann die Tanzparade „Tanz die AfD“ mit Reden von Hannelore Kraft und Cem Özdemir, und die Karnevalisten laden zu einem kulturelles Event – „Mer all sin Kölle“ – ab 14 Uhr am Grüngürtel ein.
Aber um das klar zu machen: Wir hoffen, dass viele kommen und auf die verschiedenen Arten gegen die AfD demonstrieren. Und dass hoffentlich diejenigen, die einen inhaltlichen und politisch linken Punkt setzen wollen, ihren Weg zu uns finden.
Weil sich auch kurzfristig noch etwas ändern kann: informiert euch bitte nochmals auf der Homepage, der Facebook – und/ oder Twitterseite von „Solidarität statt Hetze“, um auf dem Laufenden zu bleiben.
Fest steht: es werden Zehntausende AktivistInnen auf den Beinen sein, um der Afd die Show zu stehlen.
Was sind eure Perspektiven für den Widerstand gegen die AfD und die politische Rechte insgesamt?
Conny: Wie gut die AfD in bei den Landtags-und Bundestagswahlen abschneidet, und wie lange sie sich überhaupt hält, hängt wesentlich von der Position und der Stärke der Linken ab. Hier kommt der Partei DIE LINKE besondere Verantwortung zu, die bereits oben erwähnten politischen Antworten zu liefern.
Der Kampf gegen rechts muss verbunden werden mit dem Kampf gegen den Nährboden von Rassismus, gegen Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot, Lohnabbau usw.. Wenn wir die Ursachen nicht bekämpfen, werden rassistische Kräfte nicht verschwinden, so wie Rechtspopulisten in anderen Ländern, wie der Front National, die FPÖ, Vlaams Belang, die in den 1990ern noch nicht so stark waren. Nun führen sie zum Teil Wahlumfragen an, treiben die Etablierten politisch vor sich her und haben sich sogar international vermehrt.
Letzten Endes brauchen wir eine Perspektive über den Kapitalismus hinaus, ein Wirtschaftssystem, was auf Profitvermehrung und Konkurrenz basiert, wird immer zu sozialer Ungleichheit, Armut und Diskriminierung führen. Nur eine sozialistische Gesellschaft, die sich auf Gemeineigentum an Betrieben und gerechter Verteilung gründet, kann wirklich gleiche Rechte und Möglichkeiten für alle garantieren.